Chinesische Reisende sind zu einer bedeutsamen Zielgruppe für den europäischen Einzelhandel und Tourismus geworden. Im Jahr 2017 reisten über sechs Millionen Chinesen nach Europa, Deutschland gehört auch zu den beliebten Destinationen. Soziale Medien sind das wichtigste Marketing-Instrument, um sich als Hotel, Händler oder Marke bei Chinesen vorzustellen und ins Gedächtnis zu rufen. Folgende Trends sind im Jahr 2018 zu beobachten.
Nicht nur die Masse an chinesischen Reisenden ist beeindruckend, auch die Ausgaben pro Kopf sind enorm. Letztes Jahr gaben chinesische Touristen, die mehr als jede andere Reisenation im Ausland einkaufen, pro Person und Tag rund 340 € und mehr in Europa aus. Besonders beliebt sind Mode, Kosmetik, Schmuck und Gesundheitsprodukte, aber auch für Souvenirs wird gerne Budget eingeplant. Von den genannten sechs Millionen Touristen aus China waren 48% zwischen 30 und 49 Jahre alt, der Frauenanteil lag bei 53%. Neben Reisegruppen nimmt die Anzahl von Individualtouristen stetig zu, wodurch sich neue Chancen in der Kundenansprache ergeben. Sehr empfänglich sind Chinesinnen und Chinesen für Marketing auf sozialen Medien – wenn es denn die richtigen Plattformen sind.
Marketing mit WeChat für chinesische Touristen in Deutschland
Anfang 2018 kam WeChat auf über eine Milliarde monatlich aktive User, rund 83% aller Smartphone-Nutzer in China verwenden die beliebte App von Tencent. WeChat ist nicht nur für Online-Marketing interessant, sondern aufgrund der integrierten Zahlungsfunktion auch für den stationären Handel relevant. Selbst international kommen immer mehr WeChat-Nutzer dazu – darunter die großer Gruppe chinesischer Touristen. 70% gaben an, sich von den Updates ihrer Freunde und Kontakte in den sozialen Medien beeinflussen zu lassen.
Für deutsche Unternehmen, die auf WeChat aktiv werden möchten, bietet sich der Aufbau eines eigenen Accounts an. Dieser muss in der Regel mit einer chinesischen Agentur verifiziert werden, bevor dann Content hochgeladen und verbreitet werden kann. Es gibt verschiedene Accounts und neuerdings Mini-Programme, die als App-in-App-Lösung speziell für die Integration von Online- und Offline-Service geeignet sind. So reizvoll WeChat erscheint, ist zu bedenken, dass das Medium eine – sowohl zeitlich als auch preislich – intensive Pflege verlangt. Übernimmt eine Agentur das Account-Management (inkl. Übersetzungen, Content-Planung, Follower-Management etc.), sind mindestens 10.000 € pro Jahr einzuplanen. Wer sich erst einmal ausprobieren möchte, kann auf bereits bestehenden, reichweitenstarken WeChat-Kanälen Werbung schalten, die schon bei wenigen hundert Euro startet.
Douyin und Influencer-Marketing für den Tourisms
Auch in China sind Streaming- und Kurzvideo-Formate ein großer Erfolg. In 2017 wurde mit Short-Video ein Umsatz von 5,73 Mrd. RMB erwirtschaftet. Für dieses Jahr erwarten Experten eine aktive Zuschauerschaft von rund 350 Mio. Usern, dadurch ergeben sich neue Werbemöglichkeiten. Foto- und Videoformate sind natürlich ausgesprochen attraktiv für die Lifestyle- und Tourismusbranche. Aktueller Star im mobilen Internet Chinas ist die App Douyin. Darin finden sich kurze User-Videos mit Hintergrundmusik, die so süchtig machen, dass die App zeitweilig nach einigen Stunden die Benutzung vorübergehend gesperrt hat. Douyin und ähnliche Video- und Streaming-Apps werden auch intensiv für Influencer-Marketing genutzt.
KOL (Key Opinion Leader) sind in Chinas Konsumgesellschaft extrem einflussreich. Knapp ein Drittel der chinesischen Konsumenten schaut auf den sozialen Medien, welche Marken von ihren Vorbildern unterstützt werden. Chinesische Influencer kommen aus der Musik- oder TV-Industrie, darüber hinaus finden sich reine Web-Celebrities, die im Netz ihre Expertise, ihren Humor oder einfach das schöne Aussehen teilen. Wer die Top-Influencer buchen möchte, muss – auch in China – mit horrenden Honoraren rechnen. Kleinere und Nischen-KOL sind erschwinglicher, manche haben einen Fokus auf europäischem Lifestyle, was sich für Tourismus-Werbung empfiehlt. Wie im Westen auf Instagram zu sehen, gibt es leider in der chinesischen Influencer-Szene ebenfalls schwarze Schafe und zahlreiche Fake-Accounts und -Follower.
Geheimtipps für Social Media-Marketing im Tourismus
Ein guter Tipp ist sicher die Einbeziehung deutsch-chinesischer Influencer. Das können Chinesinnen und Chinesen sein, die in Deutschland leben und hier bereits gute Reichweiten aufgebaut haben. Zugleich gibt es einige Deutsche, die in Chinas sozialen Medien zu gewisser Berühmtheit gelangt sind. Hierüber lassen sich direkt chinesische Zielgruppen erreichen, die Interesse an Reisen und Shopping in Europa haben. Europäische Anbieter sollten übrigens auch Facebook und Instagram nicht ganz außer Acht lassen. Obwohl Chinesen ihre eigenen Plattformen bevorzugen, sind sie offen für neue Medien. Chinesische Studierende und Expats in Europa benutzen durchaus die hiesigen Social Media. Das können deutsche Tourismus- und Shopping-Unternehmen ideal für ihr Marketing nutzen.
Im nächsten Teil der Reihe werden chinesische Diskussionsforen und Bewertungsportale für das Tourismus-Marketing zwischen Deutschland und China besprochen.
Ein Expertenbeitrag von der China-Kommunikation
So verhalten sich chinesische Touristen in Deutschland – Insidertipps für 2018
Online-Medienarbeit in China – strategische Kooperationen für positive Sichtbarkeit
Chinesisches Netzwerken 2.0: Austausch in Facebook- und WeChat-Gruppen
Online-Marketing China: Firmenvideos auf chinesischen Webseiten und Videoplattformen
Die Methoden chinesischer Amazon-Verkäufer: gefälschte Rezensionen und Bestellungen
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