Von China-Wiki-Autorin Victoria Walter.
Textilien und Bekleidung gehören weltweit zu den wichtigsten Handelsprodukten. Bis vor einigen Jahrzehnten hatte Deutschland eine starke eigene Textil- und Bekleidungsproduktion. Viele deutsche Textil- und Bekleidungsunternehmen haben ihre Produktion zunehmend nach China verlagert. Wie steht es aktuell und künftig mit der Nachhaltigkeit in der Textilindustrie China?
Die Produktion in Asien geht bis heute auf die geringeren Produktions- und Lohnkosten vor Ort zurück. Die Textil- und Bekleidungsproduktion in China ist geprägt von sozialen und ökologischen Herausforderungen. Diese lassen großen Spielraum für nachhaltige Konzepte.
Auch auf Druck der westlichen Öffentlichkeit, greifen viele deutsche Unternehmen die Nachhaltigkeitsthematik zunehmend auf. Sie stoßen bei der Produktion in Ländern wie China jedoch auf verschiedene Schwierigkeiten. Wie lässt sich die Herstellung in Zukunft mit Nachhaltigkeit in Einklang bringen?
Bekleidungs- und Textilindustrie China für deutsche Unternehmen
China war 2020 das wichtigste Herkunftsland für Textil- und Bekleidungsimporte nach Deutschland. Der Einfuhrwert betrug dabei über 22,8 Milliarden Euro. Textilien und Bekleidung machen in China das zweithäufigste Exportgut nach Deutschland aus. Der Anteil lag 2019 bei 8,7 Prozent der aus China insgesamt nach Deutschland exportierten Waren.
Innerhalb Chinas sind besonders östliche Regionen, wie Zhejiang, wichtige Standorte für die Textil- und Bekleidungsproduktion. Sie haben durch die Küstennähe unmittelbaren Zugang zum Schiffsverkehr. Heute sind die Bemühungen groß, in den mittleren und westlichen Regionen Chinas die Infrastruktur der Textil- und Bekleidungsproduktion auszubauen. Dort befindet sich der Zugang zur Neuen Seidenstraße. Dies ist vor allem wegen des alternativen Zugverkehrs nach Europa interessant.
Herausforderungen in der chinesischen Textil- und Bekleidungsproduktion
Die chinesische Textil- und Bekleidungsproduktion steht vor großen sozialen und ökologischen Herausforderungen. Besonders schwerwiegend ist, dass den Arbeitskräften meist keine Schutzkleidung, wie Handschuhe oder Atemmasken, zur Verfügung gestellt wird. Diese sind unter anderem bei dem Umgang mit schädlichen Farbstoffen notwendig.
Auch ist nicht selbstverständlich, dass die Arbeitenden einen stetigen Zugang zu sauberem Wasser oder sanitären Anlagen haben. Die Vergütung ist ebenfalls unterdurchschnittlich und es kommt häufig zu massiven Überstunden. Auch an ausreichenden Versicherungen mangelt es in vielen chinesischen Produktionsstätten.
Noch viel zu tun für Mensch und Natur
Der immense Verbrauch von Wasser in nahezu allen Produktionsprozessen der chinesischen Textil- und Bekleidungsproduktion steht im Widerspruch zu ökologischer Nachhaltigkeit. Ebenso das anfallende Abwasser, was eine massive Verschmutzung durch den Einsatz von giftigen Chemikalien aufweist. Diese schädlichen Stoffe geraten nicht nur in Flüsse, sondern auch in die Luft. Daraus können, neben den negativen ökologischen Aspekten, auch schwerwiegende Krankheiten und Einschränkungen für Menschen resultieren.
Viele deutsche Textil- und Bekleidungsunternehmen mit Produktion in China haben lange nichts gegen die sozialen und ökologischen Missstände unternommen. Sie wurden für billige Preise oft bewusst ignoriert und das Thema Nachhaltigkeit wurde lange Zeit komplett ausgeklammert. Die meisten sahen aufgrund der Produktionsverlagerung einfach keinen Anlass, Verantwortung zu übernehmen.
Nachhaltige Konzepte in der Textilindustrie China
Die Nachhaltigkeitsthematik in der Textil- und Bekleidungsindustrie entfaltet sich auch in Deutschland immer mehr. Initiativen wie das Lieferkettengesetz betreffen dabei gerade große deutsche Textil- und Bekleidungsunternehmen. Sie sollen eine gesetzliche Vorgabe haben, welche Verantwortung sie auch bei einer Produktion in China haben.
Die Unternehmen beschäftigen sich daher auf ganz unterschiedliche Weise mit Nachhaltigkeit. Abteilungen für Corporate Social Responsibility (CSR) sind mittlerweile Standard. Diese gesellschaftliche Verantwortung zielt darauf ab, in jegliche Prozesse und Akteure in der Textil- und Bekleidungslieferkette miteinbezogen zu werden. Oft ist es so, dass es innerhalb der Unternehmen unterschiedliche Abteilungen für Umwelt und Soziales gibt. Es gibt aber durchaus noch viel zu tun.
Verbesserungsmöglichkeiten in der chinesischen Produktion
Neben der Bereitstellung von genügend Trinkwasser, Aufenthaltsräumen und sanitären Anlagen setzen deutsche Unternehmen auf weitere soziale Konzepte. Immer mehr Arbeitende in chinesischen Produktionsstätten werden in Erste-Hilfe-Maßnahmen geschult. So können sie mit dem nötigen Equipment im Notfall eingreifen.
Auch gibt es immer mehr Schulungs- und Trainingsangebote. Diese werden von den deutschen Textil- und Bekleidungsunternehmen in den chinesischen Produktionsstätten organisiert und finanziert. Sie richten sich zunehmend an die Arbeitskräfte für einfachere Arbeiten. Dadurch sollen die Rechte und die Sicherheit der chinesischen Arbeitenden verstärkt berücksichtigt werden.
Verstärkte Umstellung auf umweltfreundlichere Materialien
Möglichst ökologisch nachhaltig agieren die Unternehmen, indem sie verstärkt auf alternative und umweltfreundlichere Materialien umsteigen. Der An- und Abbau von Biobaumwolle verzichtet dabei komplett auf schädliche Chemikalien. Generell kommen verstärkt pflanzliche Farbstoffe in der chinesischen Textil- und Bekleidungsproduktion zum Einsatz.
Auch legen viele deutsche Unternehmen mittlerweile großen Wert darauf, dass die chinesischen Produktionsstätten nachhaltige Produktionstechnologien verwenden. Solarenergie anstelle von Strom ist besonders effizient, um das Wasser zu erhitzen.
Die deutschen Textil- und Bekleidungsunternehmen, deren Produktion in China stattfindet, versuchen die Nachhaltigkeit immer sichtbarer werden zu lassen. Dabei verwenden sie vor allem nachhaltige Zertifikate und Tests wie das Fairtrade- oder GOTS-Zertifikat. Diese geben entweder Auskunft über ökologische oder soziale Zustände. Teilweise vereinen sie auch beide Aspekte. Doch selbst bei der Gestaltung und Durchsetzung der Siegel-Anforderungen gibt es bis heute Optimierungsbedarf.
Textilindustrie China und deutsche Produzenten – Herausforderungen der Zukunft
Sowohl sozial als auch ökologisch wird in der chinesischen Textil- und Bekleidungsproduktion auch speziell für deutsche Unternehmen weiterhin Verbesserungsbedarf bestehen. Generell sorgt aber die Nachhaltigkeitsthematik sowohl in Deutschland als auch in China für ein größeres Umdenken und einen stetigen Wandel.
Aufgrund der immer noch verhältnismäßig geringen Lohn- und Produktionskosten in China wird ein Großteil der deutschen Unternehmen auch in Zukunft dort produzieren. Dabei werden sie mit Herausforderungen konfrontiert sein, die nachhaltige Konzepte in der Lieferkette und einzelnen Prozessen, wie der Produktion, mit sich bringen. Dann stellt sich auch die Frage, ob sie höhere Preise akzeptieren möchten, wenn dadurch Mensch und Natur besser behandelt werden. Oder ob sie abwandern, um andernorts so (schädlich) weiter zu produzieren wie bisher.
Herausforderungen bei der Kontrolle in der Textilindustrie China
Erwähnenswert ist, dass viele Unternehmen nicht auf dem direkten Weg ihre Waren beschaffen. Sie haben keine eigenen Produktionsstätten vor Ort, sondern kooperieren meist mit eigenständigen chinesischen Produktionsstätten. Somit sind die Sicherstellung und vollständige Überprüfung von sozialen und ökologisch nachhaltigen Standards nicht uneingeschränkt möglich.
Auch die Tatsache, dass das Verständnis von Nachhaltigkeit in Deutschland und China stark variiert, erschwert eine angemessene Umsetzung. Viele deutsche Unternehmen setzen bei der Kooperation mit chinesischen Produktionsstätten aufgrund von Bequemlichkeit und eingeschränktem Handlungsspielraum noch immer auf Freiwilligkeit. Auch missbrauchen viele die immer zahlreicher werdenden Nachaltigkeitszertifikate, um durch Green Washing grüner zu erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind.
Es ist offensichtlich, dass die chinesische Textil- und Bekleidungsproduktion für deutsche Unternehmen, ökologisch und sozial betrachtet, noch einen langen Weg vor sich hat, bis sie sich nachhaltigen Zustanden annähern kann. Es gilt jedoch die Maxime: „Jeder kleine Ansatz nachhaltigen Handelns ist besser, als keine Verantwortung dafür zu tragen, die Erde und Menschen weiter auszubeuten.“
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