In dieser Reihe stellen wir typische Konflikte in der interkulturellen Kommunikation von Deutschen und Chinesen vor. Zu Beginn wird ein Fallbeispiel aus der Unternehmenspraxis beschrieben. Danach werden einige Fragen zum Beispiel gestellt, die zum Nachdenken anregen sollen. Abschließend werden der Konflikt interkulturell analysiert und bewährte Lösungswege besprochen. Im ersten Fallbeispiel geht es um die deutsche Führung chinesischer Mitarbeiter.
Herr Zhaos überraschende Kündigung
Fallbeispiel:
Abteilungsleiter Schuster legt generell großen Wert auf die Privatsphäre seiner Mitarbeiter. Bei seinen chinesischen Angestellten macht er selbstverständlich keine Ausnahme. Er beschränkt die Kommunikation auf das Wesentliche und stützt sich nach Möglichkeit auf Zahlen und Fakten. Nur wenn er Verbesserungsvorschläge hat, unterbricht er den Arbeitsfluss, um direkt und unpersönlich zu erklären, wie die Effektivität weiter erhöht werden kann.
Herr Schuster ist überrascht, als ein chinesischer Mitarbeiter namens Zhao nach wenigen Monaten im Betrieb kündigt: Er hatte sich doch nie beschwert und immer vorbildlich umgesetzt, was man ihm aufgetragen hatte. Erst im Gespräch mit Herrn Wang, einem verbleibenden chinesischen Angestellten, erfährt der deutsche Abteilungsleiter, dass Herr Zhao das Arbeitsklima als unterkühlt und das Verhältnis zum Vorgesetzten als zu distanziert empfunden habe…*
Fragen:
Was hat der deutsche Abteilungsleiter aus chinesischer Sicht falsch gemacht? Welche unterschiedlichen Arbeits- und Führungskulturen lassen sich im Beispiel erkennen? Wie ließe sich so ein Konflikt – wenn überhaupt – vermeiden?
Konflikt:
„Die Deutschen trennen strikt zwischen Arbeit und Freizeit“ – diesen Satz hört man häufig von ausländischen Kollegen in deutschen Firmen. Nicht allein chinesische, sondern ebenfalls spanische oder amerikanische Mitarbeiter finden dieses Verhalten ein wenig befremdlich. Was sich in Redensarten wie „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ widerspiegelt, ist tatsächlich ein dominantes Merkmal der deutschen Arbeitskultur. Das Verhältnis zwischen Mitarbeitern konzentriert sich allem voran auf die Arbeit und besonders zwischen Unternehmensführung und Belegschaft ist eine persönliche Distanz sehr verbreitet.
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In China ist es üblich, dass Führungspersonen zwar eine ausgeprägte Hierarchie wahren, doch trotzdem ein mitunter fast familiär anmutendes Verhältnis zu ihren Mitarbeitern pflegen. Fragen nach dem persönlichen Wohlbefinden und der Gesundheit der Familie sind ebenso gängig wie erbauliche Komplimente in einer größeren Runde.Abteilungsleiter Schuster aus dem Beispiel hatte sich „typisch deutsch“ verhalten. Er hatte vermutlich die besten Absichten, als er den seinerseits geschätzten Normen gefolgt war und den chinesischen Mitarbeiter lediglich bei Problemen angesprochen hatte.
Lösungsansatz:
Man kann und muss freilich nicht gänzlich chinesisch werden, um sich als Deutscher gut mit seinen chinesischen Mitarbeitern zu verstehen. Es ist allerdings ratsam, sich hier und da anzupassen, wenn dies nicht nur dem Arbeitsklima, sondern darüber hinaus den Arbeitsergebnissen zugutekommt.
Der chinesische Angestellte hätte sich offenbar über einige persönliche Worte und sicher über gelegentliche Komplimente für die geleistete Arbeit gefreut. Denkbar ist ferner, dass er sich an der deutschen Direktheit beim Kritisieren – vielleicht sogar vor den anderen Kollegen – gestoßen hatte. Dies lässt sich leicht durch ein Vier-Augen-Gespräch vermeiden.Erwähnenswert ist auch, dass Herr Schuster, leider zu spät, von einem verbliebenen chinesischen Mitarbeiter über das Verhalten von Herrn Zhao aufgeklärt wurde. Es ist besonders hilfreich, sich rechtzeitig bei solchen interkulturellen Vermittlern Rat zu holen, um diesen und ähnlichen Konflikten vorzubeugen.
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* Die Namen im Fallbeispiel sind frei gewählt. Das Beispiel ist leicht abgewandelt als Teil des Artikels „Interkulturelle Konflikte und Lösungswege: Beispiele aus der deutsch-chinesischen Praxis“ im Magazin des Chinesischen Industrie- und Handelsverbandes (2013.19, S. 27-30) erschienen.
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