Von ICC-Autorin Victoria Walter.
Die Rolle des Frauenfußballs hat sich in vielen Teilen der Welt seit einigen Jahren positiv entwickelt. Trotzdem werden Fußballspielerinnen nach wie vor benachteiligt. Dies hängt oft mit körperlichen und finanziellen Aspekten zusammen, was sich auch in China beobachten lässt. Diese ICC-Artikelreihe beleuchtet Frauenfußball in China. Der dritte und letzte Beitrag untersucht die Rahmenbedingungen der Sportlerinnen in Bezug auf Professionalisierung und Finanzen: Chinesischer Frauenfußball – professionelle und finanzielle Benachteiligung der Sportlerinnen.
Chinesischer Frauenfußball sagt viel über Gleichberichtigung im Reich der Mitte aus. Anhand der Lebens- und Trainingsbedingungen für chinesische Fußballerinnen und der weiblichen Körperkultur wurde eines bereits festgestellt. Frauen erhalten auch in Chinas Fußball bisher nicht die gleichen Möglichkeiten wie Männer. Dabei spielt die historisch gewachsene Diskriminierung der Frau eine besonders große Rolle. Aber auch die mangelnde Bildung und Vergütung, die im Folgenden untersucht werden.
Finanzielle Unterschiede im nationalen und internationalen Frauen- und Männerfußball
Anlässlich der 2019 stattgefundenen Frauenfußball-WM entfachte weltweit eine Diskussion über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen im Profi-Fußball. Die Siegermannschaft, im Jahr 2019 die USA, erhielt neben dem Pokal pro Spielerin eine Prämie von 75.000 Euro. Eine vergleichsweise sehr niedrige Summe im Hinblick auf die der Männer Fußball-WM im Jahr 2018 (350.000 Euro).
Wenn die Diskrepanz bei solch großen internationalen Turnieren zwischen Männern und Frauen so hoch ist, lässt sich erahnen, wie ungleich die Umstände für Fußballspielerinnen in China sind. Wie zuvor bereits erwähnt, sind die chinesischen Frauen bei entscheidenden Turnieren deutlich erfolgreicher. Dennoch erhalten sie eine geringere Vergütung und Anerkennung durch die Medien und Bevölkerung.
Bei den nationalen Vereinen sehen die finanziellen Gegebenheiten ähnlich aus. Viele erfolgreiche Clubs der Chinese Women’s Super League haben die Gehälter der Spielerinnen zwar mittlerweile erhöht. Trotzdem sind diese noch nicht annähernd mit denen der Männer zu vergleichen. Renommierte Vereine, wie der Shanghai WFC59, zahlen ihren Spielerinnen nur ein Monatsgehalt von umgerechnet ca. 1.200 Euro. Demgegenüber liegt das der männlichen Spieler um ein Vielfaches höher liegt.
Anpassung an den Westen durch das Bekämpfen von Korruption und der Förderung von Bildung
Verglichen mit westlichen Ländern waren die Aufnahmebedingungen für chinesische Fußballerinnen in Clubs in der Vergangenheit desolat. Wie auch in anderen Sportarten ist der chinesische Frauenfußball beispielsweise immer noch durch Korruption geprägt. Oft ist es so, dass Mädchen, die gerne professionell spielen würden und auch das nötige Talent dazu haben, den Trainern oder Vereinen viel Geld zahlen müssen, um eine Chance auf Förderung zu bekommen. Häufig stammen die jungen Frauen aus sehr armen Verhältnissen, in denen eine Finanzierung entweder gar nicht möglich ist, oder Familien sich finanziell ruinieren. Und das ohne die Gewissheit zu haben, dass die Anstrengungen zu einer erfolgreichen Karriere führen.
Auch die Bildungsmöglichkeiten waren lange nicht vergleichbar mit europäischen oder nordamerikanischen Standards. Die Spielerinnen in Ländern wie Deutschland werden meistens von ihren Vereinen dazu verpflichtet, parallel zur professionellen Fußballausbildung einen möglichst hohen Bildungsabschluss zu erreichen, bei dem sie meist unterstützt werden. Viele chinesische Frauen, die in jungen Jahren professionell Fußball spielen, wünschen sich auch eine Zukunft im Fußball nach ihrem Karriereende. Dies ist jedoch nahezu unmöglich, da die meisten Trainer- und Führungspositionen in Frauenfußballteams von Männern besetzt sind. Der Großteil der Frauen ist somit schon während der aktiven Karriere dazu gezwungen, sich akademisch weiterzubilden. Um nach dem Karriereende eine adäquate Anstellung zu finden, was jedoch oft sehr schwierig ist.
In China werden immer mehr Maßnahmen getroffen und bereits existierende Projekte gefördert, um diesen Missständen entgegenzuwirken und sich international anzupassen. Zum Beispiel wurde 1999 in Peking ein Fußballverein gegründet, der nach der berühmten und erfolgreichen chinesischen Spielerin Liu Ailin benannt wurde. Der Verein umfasst eine Schule, in der junge Frauen, besonders aus ärmeren Familien, unter fairen Konditionen sowohl Bildung, als auch Fußballtraining erhalten können. Die Mädchen kommen aus ganz China und absolvieren akademische Klausuren, Fußballtests und Fitnessüberprüfungen. Solche Einrichtungen sind zunehmend in China zu finden.
Die Flucht ins Ausland auf der Suche nach Erfolg und Anerkennung
Die geplante Anpassung an westliche Nationen bezogen auf Bildung und Talentförderung verläuft nicht immer reibungslos. Deshalb ist es für viele chinesische Frauen lukrativ, außerhalb Chinas eine Karriere im Fußball anzustreben. In den USA haben die Frauen beispielsweise mehr Freiheit und Bildungsmöglichkeiten als in China. Nicht nur Profi-Fußballerinnen, sondern auch Amateurspielerinnen, die noch in der Ausbildung sind, gehen ins Ausland. Dabei spielt das Gehalt nicht immer eine entscheidende Rolle. Sondern vor allem die Möglichkeit, spielerische Fähigkeiten zu erlernen und mehr Anerkennung der Medien und der Bevölkerung zu gewinnen.
Ein Beispiel dafür ist die chinesische Spitzenspielerin Wang Shuang, die bei ihrem ehemaligen Verein Wuhan Jianghan University F.C. in China umgerechnet ca. 256.600 Euro im Jahr verdiente. Sie wechselte für die Hälfte des Gehalts im August 2018 zu dem französischen Profi-Verein Paris Saint Germain. Die gigantischen Einkommenseinbußen wurden durch die hervorragende Ausbildung und der damit einhergehenden Aussicht auf Fortschritt und Ansehen kompensiert.
Chinesischer Frauenfußball – ein Blick in die Zukunft
Fußball ist einer der erfolgreichsten Exporte des Westens. Chinesischer Frauenfußball ist heute ein wichtiger Teil der Wirtschaft im Land. China plant durch die erfolgreiche Teilnahme an Wettkämpfen wie der WM und den Olympischen Spielen. Aber auch durch den Aufbau einer renommierten nationalen Liga im internationalen Spitzensport auf höchstem Niveau aufzutreten. Um dies zu erreichen, sollten die Spielerinnen besonders durch Bildung, Befürwortung und Entlohnung vom Staat unterstützt werden. Doch sie müssen auch von mehr externen Sponsoren gefördert und motiviert werden.
Einer der reichsten Männer Chinas, der Gründer des Unternehmens Alibaba, Jack Ma, verkündete bereits 2019, dass er über die nächsten zehn Jahre umgerechnet ca. 130 Millionen Euro an das chinesische Frauennationalteam spenden wird. Das Geld soll der Trainerausbildung, technischen Entwicklung und ärztlicher Versorgung dienen.
Eine völlige Gleichberechtigung der Geschlechter im (chinesischen) Fußball wird es aber höchst wahrscheinlich niemals geben, denn „Nevertheless, there is still a long way to go before women `bend it like Beckham` with the same measure of approval, applause, appreciation and pleasure“.
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Paul meint
Sehr guter Beitrag zu diesem Thema.