Von ICC-Autorin Victoria Walter. Borussia Dortmund (BVB) und der FC Bayern München (FCB) gehören zu Deutschlands besten und beliebtesten Fußballmannschaften. Anfang April kam es wieder zum Topspiel der beiden Bundesliga-Teams in München. Der FCB gewann das Spiel mit einem 4:2 und drängte den BVB somit zunächst von der Tabellenspitze. Und wie sieht es in China aus? BVB und Bayern München in China – deutsche Fußballkultur im Reich der Mitte.
Auch in China werden die Spitzenspiele des BVB und des FCB mit großer Begeisterung verfolgt. Dort gibt es seit einigen Jahrzehnten eine große Fußball-Fankultur, auch für die deutsche Bundesliga. Millionen Menschen feuern dabei nicht nur lokale Fußballvereine an, sondern vor allem den FCB und BVB.
Aber woher kommt die chinesische Faszination für den deutschen Fußball und warum interessieren sich die deutschen Vereine so dafür? Wie präsent sind sie wirklich im Reich der Mitte? Auf diese Fragen liefert dieser Artikel mehrere interessante Antworten.
Chinas wachsende Fußballbegeisterung
Fußball ist die zweitgrößte Sportart in China. Mittlerweile übertrifft seine Beliebtheit dort sogar lang bewehrte Sportarten, wie Tischtennis oder Badminton. China strebt nämlich an, auch eine Weltmacht im Fußball zu werden. Die Regierung plant deswegen in den nächsten Jahrzehnten eine Fußball-Weltmeisterschaft auszutragen und bis 2050 selbst Fußball-Weltmeister zu werden.
China als Fußballweltmeister 2030? Kaufrausch in der Chinese Super League
Es ist daher nicht verwunderlich, dass das Reich der Mitte gesellschaftlich einen Fußball-Boom vorantreibt. Dieser bringt nicht nur die Unterstützung von chinesischen Profi-Vereinen hervor, von denen es in der Chinese Super League heutzutage 16 gibt.
Fehlende internationale Erfolge chinesischer Teams
Wegen des bisherigen Mangels an internationalem Erfolg von Teams, wie dem FC Shenzhen oder Beijing Guoan, interessieren sich viele Chinesinnen und Chinesen besonders für ausländische Top-Vereine. Dazu zählen auch der BVB und der FCB.
Jeder einzelne BVB oder FCB Fan in China hat dabei seine eigene Geschichte, warum er beispielsweise auch, oder besonders zu einem deutschen Club hält. Jedoch findet sich in China mittlerweile eine ähnliche Fußball-Kultur wieder wie in Deutschland. Die Menschen treffen sich zu den Spielen gemeinsam in Restaurants oder Bars und trinken während des Spiels zusammen ein Bier.
Wirtschaftliche Attraktivität für deutsche Vereine
Diese Begeisterung und der große Markt für Fußball in China zieht viele ausländische Vereine an. Auch das Interesse der großen deutschen Vereine, wie vom BVB und vom FCB, wurde schon vor einigen Jahren geweckt. Da es sich beim BVB und FCB um mittlerweile international agierende und profitorientierte Konzerne handelt, zog es die Vereine daher schon früh in die Volksrepublik.
Der chinesische Fußballmarkt verspricht nämlich enormes Wachstum, was in Deutschland begrenzt ist. In China versprechen sich die Bundesligisten große Einnahmen durch Millionen aufstrebende Fans. Profit durch beispielsweise Merchandising bietet Vereinen, wie dem BVB und dem FCB, auch größere finanzielle Unabhängigkeit neben sportlichen Erfolgen.
EM 2016 in China: Chinesische Fans mit Deutschland im Fußballfieber
Borussia Dortmund in China
Seit 2017 unterhält der BVB in Shanghai ein Büro. Dort arbeiten ein Dutzend Mitarbeiter, die sich hauptsächlich um die Betreuung der chinesischen Fanclubs kümmern. Fast 20 Stück gibt es davon bereits und mehr als vier Millionen Chinesen folgen dem BVB schon in den sozialen Medien. Darüber hinaus organisiert das Büro (unter normalen Bedingungen) Fan-Events, Merchandising und die Durchführung von Touren und Spielen.
Die größere Präsenz des Dortmunder Vereins in China bringt vor allem eine höhere Anzahl von Geschäftspartnern. Dazu gehören bereits mehr als 20 chinesische und asiatische Sponsoren. Außerdem unterhält der Dortmunder Verein in China zusammen mit seinem Hauptsponsor Evonik eine Fußball-Schule. So kommt es, dass das BVB-Logo mittlerweile auf vielen Artikeln in China zu sehen ist, wie zum Beispiel auf Bier oder Sportnahrung.
Aktuell hat der BVB in Xiamen die BVB International Academy gestartet. Hier sollen möglichst viele junge Chinesinnen und Chinesen langfristig mit Fußball in Berührung kommen. Dies orientiert sich stark am deutschen Nachwuchsfußball, der hier massiv gefördert wird.
FC Bayern München in China
Als erfolgreichster deutscher Fußballverein genießt der FCB in China eine noch größere Beliebtheit als der BVB. Schon in den 1990er-Jahren eröffnete der Verein ein Büro in China und veranstaltete regelmäßige Trainingscamps und Spiele. Mittlerweile zählt der FCB schätzungsweise knapp 135 Millionen Anhänger in der Volksrepublik. Deswegen wurde 2016 in Shanghai auch ein spezielles Fanbüro eröffnet, was den Austausch zwischen Anhängern, dem Verein und lokalen Verbänden erleichtern und fördern soll. Auch Partnerschaften mit nationalen Sponsoren und Medien sollen dadurch vorangetrieben werden.
Deutsch-chinesische Erfolgsgeschichten: der FC Bayern München in China
Im November 2022 startete der Münchener Top-Club in Taicang ebenfalls eine neue Partnerschaft. Zusammen mit Vertretern der lokalen Regierung wurde der Start einer Football School verkündet. Diese ist geprägt vom Streben nach langen Kooperationen, einem stetigen Erfahrungsaustausch zwischen den beiden Städten und einer permanenten Präsenz des FC Bayern Münchens in Taicang. Auch hier spielt der Nachwuchsfußball eine entscheidende Rolle.
BVB und Bayern München in China – die Clubreisen
Der BVB war zuletzt 2016 und 2017 auf China-Reise. Durch Partien gegen Hochkaräter, wie Manchester City, stieg die Aufmerksamkeit für den Club in China enorm an. Ähnlich, wenn nicht sogar noch erfolgreicher, verliefen die Aufenthalte des FCBs in China. Dieser reiste als erster deutscher Fußballverein bereits im Jahr 2000 ins Reich der Mitte. 2015 und 2017 fanden die letzten Reisen der Mannschaft aus München nach China statt, wo unter anderem gegen AC Mailand und den FC Arsenal gespielt wurde.
Neben diversen Test- und Freundschaftsspielen der Vereine beinhalteten diese Reisen auch großangelegte PR-Termine und Veranstaltungen. Denn bei solchen Trips geht es eben nicht nur um Sport, sondern besonders um die bereits erwähnte weitere Markterschließung. Dies war in den letzten Jahren jedoch nicht uneingeschränkt möglich. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen ließen einen persönlichen Austausch und Präsenztermine und Veranstaltungen für die beiden Bundesligisten nicht zu. Ob und wann die beiden deutschen Vereine wieder ins Reich der Mitte aufbrechen werden, ist daher unklar, jedoch mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit.
BVB und Bayern München in China – Ausblick
Deutscher Fußball genießt in China also nach wie einen hervorragenden Ruf. Internationale Stars wie Manuel Neuer oder Toni Kross werden auch im Reich der Mitte gefeiert. Wie sich die Begeisterung in den nächsten Jahren entwickeln wird, hängt natürlich auch von den sportlichen Erfolgen ab.
Ein deutscher Sieg der Champions League oder ein EM- bzw. WM-Titel würde fraglos für einen nächsten Hype sorgen. Beim Fußball ist zumindest nicht mit einer Trendwende zu rechnen, welche die deutschen Autobauer gerade durch die Umstellung auf E-Mobilität erleben. Gut also, dass Fußballspiele noch nicht elektronisch angetrieben werden.
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Artikelbild: Unplash / Peter Glaser
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