Von China-Wiki-Autorin Victoria Walter. Geht es um gängige Spirituosen, kommen vielen sofort Whiskey oder Wodka in den Sinn. Amerikanische, britische und generell westliche Marken sind dabei besonders beliebt. Die wenigsten haben bei dem Gedanken wahrscheinlich eine chinesische Spezialität im Kopf. Das könnte sich eines Tages ändern. Chinesischer Schnaps Baijiu – Geschichte, Besonderheiten und globales Potenzial.
Der chinesische Baijiu, ein Hirseschnaps, hat einen enormen Marktwert auf, der mittlerweile den von westlichen Marken übertrifft. Der, wörtlich übersetzt, „weiße Alkohol“ gilt in China als National-Spirituose und hat eine lange Tradition und Geschichte. Dieser und weiteren Merkmalen der beliebten chinesischen Spezialität sowie dem internationalen Baijiu-Potenzial geht der folgende Artikel nach.
Was ist Baijiu und was macht ihn besonders?
Baijiu meint grundsätzlich die chinesische Nationalspirituose schlechthin, wobei Baijiu auch als Oberkategorie für traditionell in China hergestellte Alkohole gilt.
Dabei handelt es sich um weißen Alkohol, wie die Bedeutung des Wortes Baijiu impliziert. Bai 白 heißt weiß und klar und jiu 酒 bedeutet allgemein Alkohol. Baijiu bezeichnet verschiedene Arten von sehr hochprozentigen Alkoholsorten zwischen 40 und 70% Alkoholgehalt.
Der ganz persönliche und starke Eigengeschmack von Baijiu rührt aus verschiedenen Getreidearten, welche zu süßen, nussigen, oder fruchtigen Geschmäcken führen können. Von der Lagerung des chinesischen Alkohols ist auch die Färbung abhängig, welche neben weiß und klar auch gelblich sein kann.
In China überall zu haben
Nahezu jede chinesische Bar hat den Nationalschnaps vorrätig, der in über 10.000 Destillerien in China hergestellt wird. Die größte Verbreitung von Baijiu in China ist im Norden und Westen.
Im direkten Vergleich trinken immer noch mehr Männer als Frauen den klaren Alkohol. Auch wird Baijiu heute eher im privaten Bereich konsumiert und nicht mehr so stark bei offiziellen oder staatlichen Anlässen.
Wie wird chinesischer Baijiu hergestellt?
Die Herstellung von hochprozentigem Alkohol in China erfolgt etwas anders als im Rest der Welt. Das Herstellungsverfahren für Spirituosen geht mindestens ins 14. Jahrhundert zurück und ist geprägt von lokalen Traditionen. Diese beinhalten unter anderem die Verwendung von bestimmten Bakterien und Schimmelpilzen.
Baijiu kann man unterschiedlich herstellen, je nach Region und regionaler Essaromatik, an die sich angepasst wird. Die vier wichtigsten Stile sind Leichtaroma, Starkaroma, Saucearoma und Reisaroma. Dabei fallen ca. 70% vom in China konsumierten Baijiu auf das Starkaroma.
Wie wird Baijiu aus China destilliert?
Generell wird der chinesische Nationalalkohol ähnlich wie Whiskey destilliert. Fermentiertes Getreide, wie hauptsächlich rote Hirse und Weizen, werden dabei verwendet.
Die Sorghum-Hirse ist besonders beliebt bei der Herstellung von Baijiu. Sie ähnelt Zuckerrohr und Mais und kommt ursprünglich aus Afrika. Seit tausenden Jahren wächst sie jedoch auch in China.
Aus was besteht chinesischer Baijiu?
Hauptbestandteile der chinesischen Nationalspirituose sind neben Getreide Wasser und Qu. Ein chinesisches Sprichwort besagt dabei: „Getreide ist das Fleisch, Qu das Rückgrat und Wasser das Blut des Alkohols“.
Diese Mixtur besteht zum Beispiel aus Hefe und Bakterien und findet Gebrauch in der Fermentation von Baijiu. Wasser ist bei der Herstellung von Baijiu von entscheidender Bedeutung, da es bei allen wichtigen Destillationsschritten verwendet wird. So kommt es, dass die großen chinesischen Baijiu-Destillerien häufig nah an Wasserquellen gelegen sind.
Lagerung von chinesischem Baijiu
Die Baijiu-Maische hat eine feste Konsistenz und die Destillation erfolgt schonend mit Dampf. Gelagert wird Baijiu mehrere Monate oder sogar Jahre in Ton- oder Keramikgefäßen. So kann der Alkohol atmen und bestimmte Stoffe, wie Bitterstoffe, abgebaut werden. Dies soll zu einem bekömmlicheren Geschmack führen.
Wie trinkt man chinesischen Baijiu?
In China gibt es zwar auch die gängigen westlichen Spirituosen, wie Gin und Rum, jedoch dominiert nach wie vor das nationale Pendant. Baijiu wird im Reich der Mitte zu diversen Anlässen getrunken. Vor allem zum Essen gehört in der Volksrepublik der weiße Alkohol.
Egal, ob Familienfeier oder Geschäftsessen, Baijiu darf nicht fehlen. Dabei legen die Chinesinnen und Chinesen großen Wert darauf, dass immer genügend vom beliebten Nationalschnaps zur Verfügung steht. Alles andere gilt als unhöflich und geizig.
Rolle in der chinesischen Kultur
Hat man ein Glas weißen Alkohol vor sich, so stößt man mit dem chinesischen ganbei 干杯 an und trinkt es in einem Schluck aus. Der leere Boden des Glas (meistens 10 Milliliter Shotgläser) steht in dem Fall für Höflichkeit und Trinkfestigkeit. Denn in China sind Alkohol und Kultur schon immer fest verankert. Baijiu ist seit knapp einem Jahrtausend fester Bestandteil der chinesischen Kultur.
Es galt lange als das Getränk der Massen, was sich jedoch zu Mao Zedongs Zeiten änderte. Seine Revolutionäre machten das bei Bauern und einfach Arbeitenden beliebte Getränk auch zum elitären Genuss.
Baijiu-Potenzial auf dem globalen Markt
Obwohl der chinesische weiße Alkohol im Westen (noch) nicht allzu bekannt ist, handelt es sich doch um die am meisten getrunkene Spirituose der Welt. Denn pro Jahr wird mehr Baijiu produziert als gängigere Alkoholsorten, wie Whiskey und Wodka, zusammen.
Schätzungsweise 13 Milliarden Liter Baijiu fließen jährlich in die Mägen der Menschen. Die erfolgreichsten fünf Hersteller der Top 10-Spirituosen weltweit produzieren Baijiu.
Erfolgreiche chinesische Hersteller sind teilweise mit ihren Produkten an der Böse und generieren enorme Summen. Auch wenn dieser Marktwert westliche Unternehmen übersteigt, so wird der überwiegende Teil des Umsatzes nach wie vor im Reich der Mitte generiert.
Baijiu in Deutschland: der Neuling
In Deutschland hat Bajiu erst vor wenigen Jahren den Spirituosenmarkt betreten. Bartender und Liebhaber sind dabei speziell von der Einzigartigkeit des chinesischen Alkohols begeistert.
Besonders die auffälligen Flaschen und Designs mit chinesischen Schriftzeichen stoßen auf Interesse. Varianten von Baijiu, wie würzige oder fruchtige, können entweder pur, oder als Basis für Cocktails verwendet werden. Besonders gut schmeckt Baijiu zum Beispiel in Kombination mit Ginger-Ale und Mangosaft.
Fazit – goldene Zukunft für den weißen Baijiu?
Zwar ist Baijiu außerhalb von China noch nicht so bekannt, jedoch arbeiten chinesische Hersteller intensiv an der internationalen Markteroberung. Dies wird unter anderem dadurch verstärkt, dass zunehmend mehr Mixprodukte von Baijiu entwickelt werden. Viele Menschen außerhalb der Volksrepublik empfinden den Geschmack und Geruch von Baijiu nämlich als zu stark und brennend. Deswegen greifen sie auch eher zu vergleichbaren Alkoholen, wie Korn oder Wodka.
Die Chance für Baijiu, sich auf dem deutschen oder internationalen Markt erfolgreich zu etablieren, sind bisher also noch gering. Wichtig sind dabei vor allem eine gute Mischung aus Branding, Pricing und Aufmerksamkeit für das Produkt. Die Balance aus westlichem Schönheitsempfinden und chinesischer Kultur macht es dabei aus.
Es gibt allerdings viele etablierte Alternativen zu Baijiu und die Preise für Baijiu sind außerhalb Chinas aufgrund langer Transportwege und hoher Zollkosten recht hoch. Es bleibt daher abzuwarten, ob der chinesische Nationalschnaps den Durchbruch auf dem deutschen oder internationalen Markt doch noch schafft.
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