Das Label „Made in Germany“ ist in Ländern wie China besonders wertvoll, die deutsche Produktqualität wird dort sehr geschätzt. Auch die Bewohner Deutschlands haben in China grundsätzlich einen sehr guten Ruf.
Wie aber werden deutsche Vorgesetzte in China gesehen? Was schätzen die chinesischen Angestellten an ihrem deutschen Chef, an welchen Stellen sehen sie Verbesserungsbedarf? Wir haben 30 Chinesinnen und Chinesen nach ihrer Meinung zu den deutschen Vorgesetzten befragt, die sie im Laufe ihrer Karriere kennengelernt haben.
Umfrage zu deutschen Vorgesetzten
Kritik
Ganz unchinesisch startete die Umfrage mit Kritikpunkten – und ganz unchinesisch war es kein Problem für die Befragten aus China, sich durchaus kritisch zu äußern. Auszusetzen hatten sie an ihren deutschen Vorgesetzten zum Beispiel, dass diese nicht tolerant genug seien und sich manchmal überheblich verhielten. Ebenfalls kritisch gesehen wurde, dass sich einige Deutsche in China nicht an die chinesischen Verhältnisse anpassen wollten und schlecht über das Land redeten, obwohl sie damit kaum vertraut seien. Immerhin ein Drittel der Befragten gab demgegenüber an, keinerlei Problem mit dem deutschen Chef zu haben.
Verbesserungsvorschläge
Soll der deutsche Vorgesetzte zum Chinakenner werden? Mehr als die Hälfte der Befragten war sich einig, dass die Deutschen sich intensiver mit der chinesischen Kultur und idealerweise auch mit der Sprache Chinas auseinandersetzen sollten. Flexibilität, Toleranz und mehr „Lockerheit“ stand ebenfalls auf der Wunschliste der chinesischen Mitarbeiter. Interessanterweise wurde auch von knapp einem Drittel der Chinesen um Direktheit gebeten. Solange von Anfang an klar sei, dass man ohne Umwege miteinander kommunizieren werde, sei diese Form der Verständigung die beste.
Komplimente
Die chinesischen Befragten waren aber keineswegs durchweg unglücklich mit ihren deutschen Vorgesetzten. Ganz im Gegenteil lobten sie viele Eigenschaften der Deutschen, wie etwa deren Zuverlässigkeit, Sorgfalt, Durchsetzungsfähigkeit, Planungsstärke und Fachkompetenz. Auch äußerten sie sich begeistert in Hinblick auf das Verantwortungsbewusstsein und die Zielorientierung der Deutschen.
Nicht zuletzt wurden ein deutscher Sinn für Gerechtigkeit und der Vorteil, dass unter Deutschen guanxi (Beziehungsnetze bzw. „Vitamin B“) weniger wichtig seien als unter Chinesen, positiv hervorgehoben. Die Hälfte der Befragten gab zudem an, dass in deutschen Unternehmen die Effizienz höher sei als in chinesischen Unternehmen. Nur ein Viertel sah chinesische Unternehmen als effizienter an.
Ergebnisse und Empfehlungen
Die Ergebnisse dieser aktuellen Umfrage stehen im Einklang mit großangelegten Erhebungen zu interkulturellen Unterschieden in der Arbeitswelt, wie sie von Geert Hofstede (IBM-Studie) und Robert J. House (GLOBE-Studie) durchgeführt wurden. Doch wie lässt sich nun am besten mit den angeführten kulturellen Unterschieden und den daraus resultierenden Konfliktpotentialen umgehen?
In einigen Antworten der Befragten klang bereits an, dass es empfehlenswert sein kann, sich mit dem kulturellen Hintergrund der eigenen Mitarbeiter zu befassen – gerade wenn man im Ausland, in unserem Fall China, tätig ist. Idealerweise ist dies motiviert durch interkulturelle Neugier und Toleranz. Doch auch für Kulturmuffel lohnt es sich, die noch fremde Kultur zu studieren. Denn damit nehmen das Vertrauen und der Respekt der chinesischen Angestellten und Kollegen zu, was den Unternehmenserfolg langfristig erhöhen kann.
Eine Möglichkeit, die eigenen interkulturellen Kompetenzen zu erweitern, sind interkulturelle Trainings in der deutsch-chinesischen Gruppe. Dadurch wird Verständnis auf beiden Seiten und für beide Seiten des interkulturellen Austauschs hergestellt. Für Unternehmen, in denen Deutsche und Chinesen zusammenarbeiten, sind Trainings und Kurse zu empfehlen, worin die chinesischen Mitarbeiter die deutsche und die deutschen Angestellten die chinesische (Geschäfts-)Kultur kennenlernen. Zudem sollte in der bi- oder internationalen Gruppe die Möglichkeit bestehen, das Gelernte gemeinsam zu besprechen und dadurch einander besser zu verstehen.
Haben Sie als deutsche Führungsperson in China Erfahrungen im Bereich interkultureller Missverständnisse gemacht? Dann schreiben Sie uns gerne einen Kommentar.
Falls Sie als Führungsperson Interesse an einem interkulturellen Coaching haben oder Ihre Mitarbeiter interkulturell fortbilden möchten, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
franka meint
abgesehen vom sprachproblem, das ich hier nicht habe, kenne ich die probleme bei meinem deutschen chef auch sehr gut! und ich bin selbst deutsche;) aber: mein chef kann nicht einmal verfnüftiges englisch, interkulturelle kompetenzen sind da wohl auch zu viel verlangt… wäre aber mal hilreich! grüße, franka
Veronika! meint
meine chinesische chefin ist super! vielleicht kommst du einfach zu uns;) nee, hat alles vor und nachteile. ich will nicht pauschalisieren.
FELO research meint
Nochmals deutlich anders ist die Dynamik im Führungskraft-Mitarbeiter Verhaeltnis wenn es sich nicht um die China-Niederlassung eines deutschen Unternehmens sondern um eine chinesische Firma handelt, die eine ausländische Fuehrungskraft verpflichtet hat.
Diese Foreign Executives in Local Organisations (FELOs) werden mit weitaus kritischeren Augen betrachtet, da sie Mitarbeiterverantwortung in einem „unserer“ Unternehmen (aus Sicht der Chinesen) haben. Einem „normalen Expatriate“ hingegen wird so mancher Fehler verziehen bzw. es wird ganz einfach in Rechnung gestellt, dass er/sie ausländische Interessen zu vertreten hat.
Erfolgreiche FELOs müssen daher deutlich erhöhte interkulturelle Kompetenz vorweisen, um sich halten zu können.