Von ICC-Redakteur Malte Steffenhagen
„Austausch, Freundschaft, Zukunft“ – unter diesem Motto stehen dieses Jahr die chinesisch-deutschen Beziehungen. Im Rahmen der China-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung 2015-2020 steht das Jahr 2016 ganz im Zeichen des Austauschs. Im März 2014 wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping das Abkommen über das „Deutsch-Chinesische Jahr für Schüler- und Jugendaustausch 2016“ 中德青少年交流年 unterzeichnet.
Die Basis hierfür wurde im Jahr 1978 gelegt, dem ersten Jahr von Deng Xiaopings Reform- und Öffnungspolitik und nur zwei Jahre nach Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen 1976, in Form eines Abkommens über wirtschaftlich-technologische Zusammenarbeit. Eröffnet wurde es diesen März von Bundespräsident Gauck und Präsident Xi in der deutschen Botschaftsschule Peking, begleitet von einem bunten Programm. So wurde unter anderem eine ungewöhnliche Aufführung von Goethes Faust dargeboten, in der das berühmte deutsche Werk mit Elementen der traditionellen Pekingoper kombiniert wurde, ganz im Geiste des kulturübergreifenden Austauschs. Geplant sind regelmäßige bilaterale Strategiegespräche, um auch künftig eine gewinnbringende Weiterentwicklung der Strategie und ihrer Programme zu garantieren.
In diesem Jahr sollen zahlreiche neue Programme und Kooperationen in den Bereichen Forschung, Wissenschaft und Bildung entstehen. Mit mehr als 1.100 Hochschulkooperationen und einer bereits engen Zusammenarbeit zwischen deutschen Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit chinesischen Partnern ist die aktuelle Situation im Grunde durchaus lebhaft und umfangreich. Bildungskooperationen sind in den Vergangen Jahren nicht nur quantitativ, sondern auch Qualitativ gestiegen. Dennoch hat Deutschland ein großes Interesse daran, weiterhin an den Entwicklungen in China teilhaben zu können und sich diesbezüglich zu engagieren. China hat in jüngster Zeit viele neue Reformen auf den Weg gebracht, auch für die Forschung und Wissenschaft – die Zukunftsstrategie „Made in China 2025“ ist nur eines von vielen Beispielen und stellt mit ihren Zielsetzungen das Pendant zum deutschen Projekt „Industrie 4.0“ dar. Außerdem plant die chinesische Regierung eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, aber gleichzeitig auch eine Reduzierung der Abhängigkeit von ausländischen Technologien. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gibt zu bedenken, dass die zu erwartenden Entwicklungen auf dem chinesischen Markt nicht zu unterschätzen seien. China werde sich zu einer führenden Industrienation entwickeln. Deswegen ist der einzige Weg, um nicht von China überholt, oder gar abgeschüttelt zu werden gemeinsam „innovative Lösungen für globale Herausforderungen“ zu entwickeln. Hierbei sollen gegenseitige Unterstützung und beiderseitiger Erfolg in Forschung und Bildung den gemeinsamen Weg ebnen.
Unterstützung will Deutschland bei einigen Schwachpunkten Chinas bieten: Landflucht ist in der Volksrepublik immer noch ein großes Problem, gleichzeitig wird auch die Schere zwischen Arm und Reich immer gravierender, gleichermaßen werden die Umweltprobleme nicht kleiner. Diese globalen Herausforderungen will Deutschland gemeinsam mit China angehen und nachhaltige Lösungen finden. Dabei sei mit einer komplexen Bürokratie, langen Behördenvorgängen, sowie komplizierten und undurchsichtigen politischen Strukturen im Hintergrund zu rechnen. Diese Strategie, die die „Basis für die Zusammenarbeit mit China in Forschung, Wissenschaft und Bildung bis zum Jahr 2020“ bilden soll, wurde im Auftrag des BMBF von Experten aus eben diesen Domänen entwickelt und sieht neun Aktionsfelder mit insgesamt 35 Maßnahmen vor, beginnend mit dem obersten Vorsatz, auf deutscher Seite an einer besseren China-Kompetenz der Öffentlichkeit zu arbeiten.
Die neun Aktionsfelder des BMBF
- Schaffung einer breiteren China-Kompetenz in Deutschland
- Aufbau nachhaltiger Kooperationsstrukturen und Vernetzung von Wissenschaftlern
- Vernetzung der deutschen Akteure und Gestaltung von politischen Dialogen
- Optimierung der Rahmenbedingungen für das China-Engagement der deutschen Wissenschaft und Forschung
- Stärkung der Schlüsseltechnologie
- Stärkung der Lebenswissenschaften
- Bewältigung globaler ökologischer Herausforderungen
- Förderung der Geistes- und Sozialwissenschaften
- Stärkung der Berufsbildungskooperation
So sollen beispielsweise Kooperationsaktivitäten von Studierenden und Wissenschaftlern unterstützt werden, indem Zugangsmöglichkeiten, auch zu exzellenten chinesischen Hochschulen, erleichtert werden und längere Aufenthalte ermöglicht werden, wodurch nicht nur die fachliche sondern auch die kulturelle Kompetenz gefördert werden. Ebenfalls soll aber auch die Internationalisierung deutscher Hochschulen vorangetrieben werden. Hierbei hat das BMBF folgende Leitlinien verfasst, die es auf beiden Seiten zu befolgen gilt: Vertretung der eigenen Interessen unter Berücksichtigung eines beiderseitigen Mehrwerts, Kontinuität und Verlässlichkeit, Transparenz und Offenheit, Einbeziehung relevanter Akteure auf beiden Seiten, wie z. B. die Plattform Industrie 4.0 und andere wichtige Stakeholder, Kohärenz mit Aktivitäten auf nationaler und EU-Ebene, Integrität in der Forschung und gute wissenschaftliche Praxis, also dass „Grundprinzipien und Regeln guter wissenschaftlicher Praxis befolgt werden.“
Auch für Schüler und Studenten gibt es in diesem Jahr einige attraktive Projekte. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) bietet „Sprache und Praxis“ an, Sprachkurse an Universitäten und Praktika, sowie verschiedene Kulturveranstaltungen in China und Deutschland zum Thema „Austausch“. Außerdem konzentriert sich der DAAD verstärkt um seine Auftritte in chinesischen sozialen Netzwerken wie z. B. dem sogenannten „chinesischen Twitter“ Weibo 微博 und nimmt an Bildungsmessen im ganzen Land teil. Für die noch jüngeren bietet der Youth for Understanding e.V. unter dem Namen „Culture Connections China“ kurze Programme für 15 bis 17 jährige, die nur für einen kurzen Zeitraum in China bleiben möchten. So gibt es Programme, bei denen man zwei Wochen in einer Gastfamilie leben kann um Land, Kultur und Sprache zu lernen. Ähnliches wird auch im Rahmen von Schüleraustauschprogrammen angeboten. Auch das Goethe Institut ist mit dabei und bietet Austauschprogramme an, u.a. im Bereich Kulturmanagement.
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