Von ICC-Redakteur Thomas Schneider
Im März dieses Jahres gab Finanzminister Wolfgang Schäuble im Rahmen eines deutsch-chinesischen Wirtschaftsdialoges die Teilnahme Deutschlands als Gründungsmitglied bei der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (kurz AIIB für Asian Infrastructure Investment Bank) bekannt. Das Medienecho war groß, die Empörung der USA noch größer. Doch was ist die AIIB eigentlich und was bedeutet ihre Gründung für die Welt(wirtschaft)?
Die AIIB ist eine multilaterale Entwicklungsbank. Offiziell ihre Arbeit aufnehmen wird sie nach eigenen Angaben Ende dieses Jahres. Ihr Leistungsspektrum umfasst die Unterstützung durch Darlehensvergabe sowie durch Wissenstransfer von Entwicklungsprojekten im asiatischen Raum, insbesondere in den als Entwicklungs- und Schwellenländern eingestuften Nationen. Unter anderem Projekte aus den Bereichen Energie, Transport, Telekommunikation, ländliche Infrastruktur, Umweltschutz oder Wasserversorgung sollen dabei unterstützt werden. Das Geld entstammt den Kapitalanteilen der Mitgliedsländer. Zu Beginn soll sie über Kapital in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar verfügen, größter Anteilseigner ist aktuell China. In ihren Aufgaben steht sie damit in Konkurrenz zur von Japan geführten Asian Development Bank sowie zu Weltbank und Internationalem Währungsfond (IWF), deren beider Sitz in Washington ist. Stand heute haben 57 Nationen, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Südkorea, erklärt, der AIIB beitreten zu wollen.
Historie der Gründung der AIIB
Doch wieso wurde die AIIB überhaupt gegründet, gibt es doch bereits drei multilaterale Institutionen welche die gleichen Aufgaben erfüllen? Zum Verständnis muss der Blick einige Jahrzehnte zurück gewandt werden, nämlich bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Damals wurde das „Bretton-Woods-System“, ein internationales Währungssystem, installiert. Teil des Systems war auch die Etablierung des IWF sowie der Weltbank. Die Strukturen der beiden Institutionen wurden seitdem nicht verändert, den globalen Entwicklungen und Machtverhältnissen nicht angepasst. Dieser Umstand sorgte immer wieder für harsche Kritik von aufstrebenden Nationen wie Brasilien und vor allem auch China, die sich nicht entsprechend repräsentiert sahen. Gleichzeitig wurde IWF und Weltbank immer wieder vorgeworfen zu wenig für die Entwicklung in Asien zu tun und zu sehr vom Westen dominiert zu sein. Bei der Asienkrise 1997/98 gab es gar Stimmen, die dem IWF vorwarfen, lediglich daran interessiert zu sein, die Verluste westlicher Investoren zu begrenzen. Als Reaktion auf die wiederkehrende Kritik wurden im Jahre 2010 Reformen angekündigt die diesen Ländern mehr Stimmrechte einräumen sollten. Zu einer tatsächlichen Umsetzung der Reformen kam es jedoch bis heute nicht: Der US-Kongress blockiert eine Ratifizierung. Im Jahre 2013 verkündeten daraufhin der chinesische Präsident Xi Jinping sowie Premierminister Li Keqiang die AIIB-Initiative während eines Besuchs mehrerer Länder Süd-Ost-Asiens. Laut offizieller Bekanntgabe solledie Bank „Interkonnektivität und ökonomische Integration in der Region vorantreiben“ sowie „mit bestehenden multilateralen Entwicklungsbanken zusammenarbeiten“. Ein Jahr später, im Oktober 2014, unterzeichneten 22 asiatische Länder in Peking das „Memorandum of Understanding“ zur Gründung der AIIB.
Bedeutung der AIIB sowie Diskussion
Die USA versuchten bis zuletzt ihre Partner davon abzuhalten, der AIIB beizutreten. Als offizielle Begründung wurde dabei angeführt, dass die AIIB die qualitativen Standards der Weltbank bei der Unterstützung von Entwicklungsprojekten untergraben könne. Inzwischen stehen die USA jedoch fast völlig isoliert da. Nach der strategisch wichtigen Beitrittserklärung Südkoreas erklärten auch Länder wie Deutschland und Großbritannien, der AIIB beitreten zu wollen. Lediglich Japan hält sich aktuell noch zurück. Die offizielle Erklärung Deutschlands fiel dabei bezeichnend knapp aus: Die AIIB könne „eine wichtige Rollen spielen, um Kapital für die großen Bedürfnisse an Infrastruktur in Asien zur Verfügung zu stellen“ und so „die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Region befördern und zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen“. Der Schritt sei eng mit internationalen und europäischen Partnern abgestimmt. Tatsächlich dürften vor allem wirtschaftliche Interessen die meisten Nationen zur Beitrittserklärung bewogen haben. Mitgliedsstaaten dürfen sich berechtigte Hoffnung auf millionenschwere Infrastrukturprojekte für einheimische Unternehmen in der asiatischen Region machen. IWF und Weltbank haben gerade kürzlich bekannt gegeben, mit der AIIB zusammenarbeiten zu wollen – auch wenn man erst einmal sehen wolle, was genau diese eigentlich machen wird. Zu den aktuell häufig geäußerten Bedenken gehört unter anderem, es könnte zu einem Interessenskonflikt kommen, indem China das Kapital zu großen Teilen in heimische Projekte fließen lasse. Von offizieller Seite aus wird kommuniziert, dass die AIIB China dazu verhelfen soll, mehr globale Verantwortung zu übernehmen. Die Entstehung der AIIB sowie der Beitritt von fast allen strategischen Partnern der USA kann auch durchaus als Verschiebung der Machtverhältnisse im bis dato vom Westen dominierten Finanzsystem verstanden werden. Gleichzeitig wird es dabei helfen, den Renminbi als neue Weltwährung zu etablieren. Es bleibt spannend abzuwarten, wie die USA mit der Situation umgehen werden. Laut Chinas Finanzminister Lou Jiwei seien diese immer willkommen, der AIIB beizutreten.
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