Von ICC-Redakteur Malte Steffenhagen
Die Beziehungen zwischen Deutschland und China werden schon seit einigen Jahrzehnten immer intensiver. Allen voran gibt es rege Kooperationen in wirtschaftlichen und politischen Bereichen. Durch die stetig enger werdenden Verbindungen der zwei Staaten entsteht gleichzeitig ein wachsender Bedarf an kulturellem Austausch, der sich in erster Linie in einem Bildungsaustausch manifestiert.
Anderes Denken bewirkt auch ein anderes Handeln – dies gilt für beide Seiten. Nicht nur Deutsche können sich in China fremd, überfordert und teilweise sehr unwohl fühlen. Chinesen kann es in Deutschland genauso ergehen. Deswegen sind Führungskräfte mit interkultureller Kompetenz dringend notwendig und sehr gefragt, und zwar in beiden Ländern. Dies bezieht sich indessen nicht mehr ausschließlich auf die Wirtschaft, sondern auch auf Bereiche wie Medien und Design.
Deutschland und China als wichtige Bildungspartner
Mittlerweile gibt es eine große Anzahl an Kooperationsprogrammen verschiedenster Bildungseinrichtungen – angefangen bei Kindergärten, über Schulen bis hin zu Universitäten – die genutzt werden können, um die jeweils fremde Kultur besser kennen zu lernen und Kompetenzen zu entwickeln, die einem später viele Türen öffnen können. Denn eines steht für beide Seiten fest: Deutschland ist einer der wichtigsten Bildungspartner Chinas geworden. Dies erklärte der chinesische Bildungsminister Yuan Guiren 袁贵仁 bei einem Treffen mit Kanzlern und Präsidenten deutscher Hochschulen im vergangenen Jahr. Auch der seit 2013 amtierende Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Peking Michael Clauss betonte bei diesem Treffen die Relevanz eines regen Austauschs der beiden Länder in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bedeutung des damit einhergehenden gesellschaftlichen Austauschs für die Entwicklung der bilateralen Beziehungen.
Die Deutsche Hochschulkonferenz gibt an, dass einer eigens durchgeführten Erhebung zufolge im Jahr 2013 bereits über 900 Hochschulkooperationen zwischen deutschen und chinesischen Bildungseinrichtungen existieren. Damit bestätigt sich, dass China zum wichtigsten Kooperationspartner deutscher Hochschulen im asiatischen Raum geworden ist. Der Deutsche Akademische Austauschdienst ist im Bildungsaustausch gar nicht mehr wegzudenken und hat inzwischen eine Außenstelle in Peking, sowie weitere Informationszentren in Guangzhou, Shanghai und Hong Kong. Eine Liste aller derzeit vom DAAD geförderten Projekte von deutschen und chinesischen Hochschulen befindet sich hier.
Deutschland als beliebtes Zielland & DAAD-Leuchtturmprojekte
Allerdings ist das Interesse der Chinesen an Bildungsaufenthalten immer noch größer als das ihrer deutschen Kooperationspartner. Im Jahr 2006 kamen noch über 26.000 Studierende und Lehrende nach Deutschland, wohingegen nur 1.200 aus Deutschland nach China gingen. In den Folgejahren war die Tendenz der chinesischen Bildungsaufenthalte von Chinesen in Deutschland allerdings zunächst sinkend. Seit 2011 ist aber wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Auch das Interesse auf deutscher Seite steigt weiterhin. 2014 haben 1.565 Deutsche die Förderprogramme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (kurz DAAD) genutzt, um in China zu lehren, lernen und studieren. Die Bandbreite der Teilnehmer erstreckt sich „vom Studierenden bis zum Hochschullehrer“, erklärt der DAAD. Allerdings ist die Anzahl der Chinesen, die die Programme des DAAD nutzen, um sich einen Deutschlandaufenthalt zu ermöglichen größer, und zwar waren es 2014 1.711 Chinesinnen und Chinesen, die somit studieren, lehren und forschen konnten. Dennoch schafft Deutschland es immer noch nicht unter die fünf beliebtesten Zielländer für Studierende aus China.
Der DAAD stellt in diesem Zusammenhang seine folgenden drei Leuchtturmprojekte vor:
- Chinesisch-Deutsche Hochschule der Tongji Universität Shanghai (chin. 同济大学德国学院): Die Tongji Universität wurde 1907 von einem deutschen gegründet und versteht sich heute noch als „Fenster zu Deutschland“.
- Der Deutsch-Chinesische Rechtsstaatsdialog (chin. 法治国家对话): Eine Kooperation des Deutsch-Chinesischen Instituts für Rechtswissenschaft in Nanjing und des Chinesisch-Deutschen Instituts für Rechtswissenschaft in Peking zusammen mit der Georg-August-Universität Göttingen
- Zentrum für Deutschlandstudien an der Peking-Universität (chin. 北京大学德国研究中心): Partneruniversitäten sind die Humboldt Universität Berlin und die Freie Universität Berlin
Empfehlungen für Studiengänge mit chinesischer Hochschule
Die Deutsche Hochschulkonferenz hat alle gemeinsamen Studiengänge von chinesischen und deutschen Hochschulen ausgewertet und stellt eine Reihe von hilfreichen Empfehlungen zur Verfügung, die zu beachten sind, wenn man einen Studiengang mit einer chinesischen Hochschule gemeinsam ins Leben rufen möchte. Sie haben die Erfahrungen verschiedener deutscher Hochschulen zusammengefasst und ausgewertet. Als best-practice Beispiel wird hier auf die Zusammenarbeit der FH Lübeck und der East China University of Science and Technology (kurz ECUST, chin. 华东理工大学) verwiesen.
Wichtig ist ein gemeinsam ausgearbeiteter Businessplan, denn beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft oft auf – auch (oder vor allem) bei chinesischen Kooperationspartnern. Doch schon an diesem Punkt der Entstehung eines Bildungsaustausches ist interkulturelle Kompetenz eine Schlüsselkompetenz, denn eine andere Mentalität bewirkt auch andere bürokratische Vorgänge, und die jeweilige Mentalität verstehen heißt auch, mit einem anders gearteten Bürokratieapparat umgehen zu können. Wie so oft bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern heißt auch in diesem Bereich die Devise: Man man lai 慢慢!(„Langsam an“). Nichts sollte überstürzt werden. Gemeinsamkeiten können nur Schritt für Schritt im Laufe der Zeit entwickelt werden. Zunächst müssen sich die beiden Seiten persönlich kennenlernen um eine gegenseitige Vertrauensbasis aufbauen zu können. Erst dann kann auf institutioneller Ebene weitergearbeitet werden.
Sind Sie als deutsche Hochschule auf der Suche nach einem geeigneten Bildungspartner in China? Wir unterstützen Sie gerne ehrenamtlich mit weiteren Tipps und Kontakten!
ICC Städtepartner-Börse China-Deutschland: Meishan sucht deutsche Partnerstadt
Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB): ein Überblick
Chinesisch-europäische Kunstszene: Neues Projekt in Peking fördert den Austausch
Rückblick: Deutsch-Chinesische Jugendtage 2014 in Berlin
Bildungspartner Deutschland und China – Empfehlungen für Kooperationen mit Zukunft
Diskutieren Sie mit!