Von ICC-Redakteurin Maike Holzmüller
Die Vielzahl deutsch-chinesischer Städtepartnerschaften, die seit der ersten Kooperation zwischen Duisburg und der zentralchinesischen Stadt Wuhan 1982 entstanden ist, zeigt, dass in vielen Städten Deutschlands dem Austausch mit China große Bedeutung beigemessen wird.
Das betrifft nicht nur Bereiche wie Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Umwelt. Mit der in den vergangenen Jahren stark steigenden Zahl chinesischer Reisender tritt auch das Thema Tourismus neu in den Fokus. Ein Trend, der sich direkt auf deutsche Städte und deren Marketingverhalten auswirkt.
Chinesische Touristen in Deutschland
Im Jahr 2012 überholte China Deutschland als Land der Reiseweltmeister mit Ausgaben von rund 100 Milliarden Dollar, Tendenz steigend. Eine Reise nach Europa, das erst seit dem bilateralen ADS-Abkommen von 2003-2004 auch für chinesische Touristen zugänglich ist, ist gerade auf Grund der hohen Kosten ein Statussymbol, das sich nicht jeder Chinese leisten kann. Insbesondere durch seine starke Präsenz in chinesischen Medien wird das Interesse an Europa als Zielregion weiter gestärkt. Dabei liegt Deutschland laut der Deutschen Zentrale für Tourismus als europäisches Reiseziel auf Platz 1. Während ein Großteil der chinesischen Touristen die Region als Gruppenreisende besucht, um die wichtigsten Hauptattraktionen zu besichtigen, steigt auch die Zahl Individualreisender, etwa ehemaliger Studenten, die bereits lokales Wissen besitzen.
Trendmarkt China für deutsches Städtemarketing
Die Bedeutung Chinas als dynamischem Zukunftsmarkt hat auch die Marketingabteilungen deutscher Städte erreicht. So verkündete die Marketing Organisation Magic Cities Germany, die bereits seit den 1950ern die zehn größten Städte Deutschlands in Übersee als Urlaubs- und Businessdestinationen vermarktet, im Jahr 2014 ihren neuen Fokus auf den wachsenden Quellmärkten Brasilien und China. Bereits 2013 entfielen 870.066 von 1,7 Millionen Übernachtungen chinesischer Gäste in Deutschland auf die Magic Cities.
Doch auch kleinere Städte erhöhen bereits durch Eigeninitiative ihre Anzugskraft. So setzten sich in der Stadt Hameln, Teil der Deutschen Märchenstraße und bekannt durch das Grimmsche Märchen des Rattenfängers, Vertreter von Politik und Touristik aktiv für die Vermarktung der Stadt speziell in China ein. Durch den chinesischen Fernsehsender TVS Southern Television, der Hameln und die Deutsche Märchenstraße in einer Dokumentation im chinesischen Fernsehen präsentierte und Märchenwettbewerbe im Kinderkanal durchführte, konnte das Interesse an der Stadt geweckt werden. Der Kontakt zum chinesisch-deutschen Reiseunternehmen Caissa Touristic und die folgende Aufnahme der Deutschen Märchenstraße in den Katalog des Unternehmens 2010 führte schließlich zu einem Anstieg der Übernachtungen von 500 (2010) auf bis zu 1.300 im Jahr.
Strategien des Stadtmarketings mit Chinabezug
Um das Interesse an einer Stadt in einem neuen Reisemarkt wie China zu wecken, ist es wichtig, die Einzigartigkeit und den individuellen Reiz einer Region zu vermitteln. Ob Magic City oder Stadt des Rattenfängers: das unvergleichliche Image einer Stadt zieht Reisende an. Auch gemeinsame städtetouristische Kampagnen in Form des klassischen Routenkonzepts, wie das der Deutschen Märchenstraße, können als Marketingstrategie erfolgreich sein. Mit der Multiplikatorenstrategie, also der Einbindung von u.a. Reiseveranstaltern und Medienvertretern, oder einer Internetorientierung, also der Nutzung von sozialen Medien und Chatrooms, können gerade limitierte Marketingbudgets effizient genutzt werden.
Generell sind es primär Städtebesuche mit Lifestylecharakter und Shoppingmöglichkeiten, die das Interesse chinesischer Reisender wecken. Auch Naturziele gewinnen in letzter Zeit an Bedeutung. Durch die Bereitstellung von Informationsmaterialien in chinesischer Sprache kann auch das Interesse an Museumsbesuchen gestärkt werden. Da viele Gruppenreisende Erstreisende sind, liegt der Fokus bei Übernachtung und Restaurantwahl aus Gewohnheitsgründen häufig auf einem chinesischen Ambiente. Doch auch immer mehr Reiseerfahrene mit einem Wunsch nach individuellen Reisen mit hoher Produktqualität und lokalen Einblicken zieht es in die BRD.
Im Falle Triers, der Geburtsstadt von Karl Marx, entwickelte sich erst aus den jährlich etwa 12.500 (2011) chinesischen Touristen das Interesse an einer Städtepartnerschaft mit der ostchinesischen Stadt Xiamen. Ein verstärkter Städtetourismus trägt also nicht nur zur wirtschaftlichen Förderung der Region bei, sondern dient häufig auch der Stärkung wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Kontakte und damit einem tiefergehenden gegenseitigen Verständnis.
Foto: Flickr /John Carkeet / Bestimmte Rechte vorbehalten
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