Es mag skurril klingen, aber in Chinas Internet ist nichts mächtiger als die Stimme des Volkes. Zumindest für chinesische Kommentarforen und Bewertungsportale gilt, dass die Konsumenten das absolute Sagen haben. Wer die vielfältigen Review-Foren nicht ernst nimmt, handelt sich schnell schwerwiegende Image-Probleme ein. Wie lässt sich ein erfolgreiches Monitoring und Management von Kunden-Feedback im Reich der Mitte organisieren?
Wer möchte in China schon als arrogante oder serviceschwache Firma beschrieben werden? Einerseits genießen ausländische Unternehmen im Land einen sehr guten Ruf. Gerade bei Pflege- und Gesundheitsprodukten erhalten sie gegenüber heimischen Herstellern häufig mehr Wertschätzung. Dieser Vertrauensvorschuss sollte jedoch nicht leichtfertig verspielt werden. Firmen, ganz gleich woher, riskieren in China schnell ihre Reputation, wenn sie nicht sorgfältig auf Bewertungen und Kommentare im Netz eingehen. Es ist tatsächlich schon vorgekommen, dass Wirtschaftsakteure aus Deutschland erst anhand von Verkaufseinbrüchen erkannten, dass sich ihr Image durch negative Hinweise in Kommentar- und Bewertungsforen drastisch verschlechtert hatte.
Chinesische Kommentarforen und Bewertungsportale im Überblick
Allgemein sind im Reich der Mitte Kommentarforen und Bewertungsportale verbreiteter als in Europa. Zugleich sind nicht wenige Konsumenten in China stark verunsichert, was offizielle Unternehmensaussagen zu Produktqualität und -sicherheit betrifft. Sie verlassen sich stattdessen auf Erfahrungsberichte und Bewertungen in den Online-Foren. Die chinesischen Suchmaschinen richten sich nach dieser Vorliebe und zeigen für zahlreiche Markennamen oder Produktkategorien schon auf der ersten Seite der Suchergebnisse Auszüge aus den Foren an. Diese umfassen allgemeine Plattformen wie beispielsweise Tianya 天涯, wo neben verschiedensten User-Einträgen auch vielfach über Produkterfahrungen gepostet wird. Daneben gibt es verschiedene Spezialportale, wo sich etwa Kunden von Produkten für (Klein-)Kinder über ihre Einkäufe austauschen. Besonders beliebt sind zudem Bewertungsportale für das Auslandsshopping. Schließlich sind Einkäufe aus der Ferne mit zusätzlichen Unsicherheiten verbunden (Lieferzeit, Zoll, Steuern etc.), sodass die chinesischen Interessenten sich vorab besonders gut informieren möchten.
Beispiel Reiseportale: Brachland bei europäischen Destinationen
Ein gutes Beispiel für vernachlässigte Erfahrungsberichte sind die chinesischen Reiseportale. Unzählige europäische Unternehmen im Travel- und Travel Retail-Bereich sind an den kauffreudigen Gästen aus China interessiert. Einige der Firmen haben bereits eine chinesische Webseite und sogar im sozialen Netzwerk WeChat einen Account für die chinesischen Zielgruppen eingerichtet. Die Review- und Kommentarforen werden hingegen meist komplett ignoriert.
Wichtige Adressen, die den westlichen Plattformen TripAdvisor oder HolidayCheck entsprechen, sind z.B. Qiongyou 穷游, Mafengwo 蚂蜂窝 und Qunar 去哪儿. Hier kann es passieren, dass für das eigene Geschäft oder Hotel noch gar keine oder nur sehr veraltete Informationen und Fotos verfügbar sind, die wenig einladend auf chinesische Touristen wirken. Schlimmstenfalls finden sich – mitunter ungerechterweise – abwertende Berichte, auf die eigentlich schnellstmöglich zu reagieren ist. Geschieht dies nicht, bedeutet das nicht nur mangelnde Imagepflege, sondern auch eine vertane Chance in Hinblick auf das Kundenbeziehungsmanagement. Denn die Forenbeiträge und Erfahrungsberichte halten wertvolles Feedback bereit, um die eigenen Dienstleistungen oder Produkte für die chinesische Klientel zu optimieren.
Erfolgreiches Review- und Foren-Management in China
Das Feedback-Management beginnt auch in China mit einer Analyse der aktuellen Reputation im Netz. Mitarbeiter von Firmen, die bewertet wurden, können sich in der Regel selbst in Foren anmelden und auf die Rückmeldungen der User eingehen. Bei der Beantwortung ist zu beachten, dass chinesische Verbraucher eine sehr ausgeprägte Dienstleistungsbereitschaft erwarten. Hinweise auf bürokratische Schwierigkeiten oder gar Fehler auf Kundenseite führen eher zu weiteren Konflikten. In einigen Fällen konnten Firmen (über Vermittler) immerhin die Löschung von eindeutig diffamierenden Forenbeiträgen beantragen. Davon abgesehen zeigt die Erfahrung, dass sich das Image am besten durch positive Berichte anderer Kunden aufbessern lässt. Zufriedene Käufer und Gäste sollten also unbedingt ermutigt werden, ihre angenehmen Erfahrungen im Netz zu teilen.
Die schlechteste Lösung ist, wie so oft, die völlige Vernachlässigung von negativen Bewertungen – ob nun bewusst oder unbewusst. Nicht selten schießen sich einige User darauf ein, wieder und wieder einen Makel zu diskutieren. Dadurch wird ein unguter Kommentar langfristig hochgehalten und auch in den chinesischen Suchmaschinen immer präsenter. Übrigens steckt ab und zu auch die (chinesische) Konkurrenz hinter schlechten Bewertungen.
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