Jedem der schon einmal in China war, ist dieses Phänomen bestimmt schon einmal aufgefallen. Man schlendert die Straßen entlang, egal ob dicht an der Hauptstraße oder auf großflächigen Parkanlagen, und trifft auf große Frauengruppen mittleren Alters, die gemeinsam zu lauter Musik tanzen. Passanten bewundern die choreografierte Synchronität und die Leichtigkeit der einzelnen. Bewegungsabläufe. Für diese Gruppe von Frauen verwendet man unlängst den Namen dama 大馬 – wörtlich „ältere Mutter“ oder „Tantchen“. Was macht diese Gruppe aber so besonders?
Damas bewegen den Aktienmarkt an der Wall-Street
Schaut man in internationale Medien, wird klar, dass der Begriff dama längst zu großer Bekanntheit gelangt ist. Das steht weniger im Zusammenhang mit organisierten und öffentlichen Gruppentänzen, sondern vielmehr mit der wirkungsreichen Investitionsnachfrage der chinesischen Frauen. Im Jahr 2013 fielen die Gold-Preise am Aktienmarkt rapide. Die damas nutzten den geringen Marktwert aus und kauften Gold im Wert von 100 Milliarden RMB. Der Großteil der Frauen kann mit den Aktivitäten an der Wall Street zwar nichts anfangen, aber die traditionelle Geschichte lehrte sie, dass Gold eine der sichersten und stabilsten Anlagequellen ist, für die es sich zu investieren lohnt. Die damas haben es somit binnen kurzer Zeit geschafft, den gesamten Aktienmarkt zu bewegen und die Blicke der ganzen Welt auf sich zu ziehen. Stets auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten der Kapitalanlage gingen die damas sogar noch weiter und investierten in Übersee-Immobilien und die Internetwährung Bitcoins. Mit Blick auf die Hintergründe für dieses Kaufverhalten könnten historische Schlüsselereignisse wie der große Sprung nach vorne und die kulturelle Revolution mögliche Ansatzpunkte für eine Erklärung sein. Die Frauen durchlebten eine Zeit von finanzieller und existenzieller Unsicherheit und sehen sich jetzt in einem Umfeld, bei der die eigene Identität und der soziale Status mehr und mehr durch den Konsum determiniert wird.
Von der pragmatischen bis zur wohlhabenden dama
Schaut man sich die Gruppe der dama näher an, lassen sich diese anhand ihrer allgemeinen Lebens- und Kaufeinstellung erneut in Untergruppen einteilen: Die pragmatischen damas, sparen zum Beispiel den Großteil ihres Einkommens um die finanzielle Sicherheit der Familie zu gewährleisten. Sie achten auch auf das leibliche Wohl der Mitglieder und kaufen nach der Devise „Das Beste ist gerade gut genug“. Die anspruchslosen damas zeichnen sich vor allem durch ihr neidloses und selbstloses Gemüt aus. Wenn sie einkaufen dann selten für sich, sondern vielmehr für ihre Familienmitglieder. Sie vergleichen sich nicht mit anderen damas und zeigen sich vor allem nicht neidisch gegenüber der Besitztümer der Anderen. Die prahlerischen damas sind das genaue Gegenteil der zuvor erwähnten Gruppe und formen ihren sozialen Status durch den Kauf von prestigeträchtigen Markenprodukten. Getreu dem Motto „ Was du trägst, das bist du“ leben die damas dieser Sparte häufig über ihren Möglichkeiten.
Die wohlhabenden damas weisen im Kaufverhalten zwar Ähnlichkeiten zu den pragmatischen damas auf, allerdings sind diese durch ihre ehemals hohen Posten im öffentlichen und privaten Sektor zu Wohlstand gekommen. Sie legen Wert auf ein hohen Lebensstandard und kaufen aus diesem Grunde ausschließlich Produkte, die in erster Linie ihrer Gesundheit zugutekommen. Wie das Geschehen an der Wall Street verdeutlicht, neigen damas dazu, kollektiv einzukaufen. Eine essentielle Rolle spielt dabei die gegenseitige Mundpropaganda im Hinblick auf Kaufentscheidungen. Durch die Medien ist diese Gruppe von Frauen zu einer vielversprechenden Konsumenten-Gruppe aufgestiegen, welche neue Möglichkeiten in puncto Marketing eröffnet. Chinesische und ausländische Unternehmen werden sich darin bestärkt sehen, eine ideale Kauflandschaft zu schaffen, um sich die Kaufkraft der einzelnen Frauengruppen zu sichern. Der Wettbewerb wird sicherlich einige interessante Veränderungen in der Angebots- und Verkaufsstruktur hervorbringen und damit auch die Nachfrageseite nachhaltig beeinflussen. Es wird sich künftig also lohnen, den Frauen nicht nur beim Tanzen zuzusehen, sondern ein wachsames Auge auf ihren globalen Markteinfluss zu halten.
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