Von ICC-Redakteur Lars-Pascal Reuter
Jack Ma, ein Englischlehrer aus Hangzhou, gründete alibaba.com im Jahr 1999 als Handels- und Kommunikationsplattform für Unternehmen. Er legte damit den Grundstein für ein riesiges IT-Imperium, der Alibaba Group. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben mittlerweile die größte IT-Firmengruppe Chinas und beschäftigte 2013 ca. 22.000 Mitarbeiter die in den jeweiligen Tochtergesellschaften angestellt sind. Taobao ist ein wichtiger Teil davon.
Nennenswerte Tochtergesellschaften der Alibaba-Group sind TMall (ein Shopping-Portal, das mittlerweile mit Taobao verknüpft ist), Aliexpress (eine international ausgerichtete Business-to-Consumer Plattform), Alipay (einem Online-Bezahldienst, das dem in Deutschland bekannten PayPal ähnlich ist), AliYun (Ein Cloud-Computing Service), JuHuaSuan (Ein Dienst, welcher Rabatt-Angebote sammelt und GroupOn sehr ähnlich ist) und schließlich Taobao, das nun näher vorgestellt wird.
Vom Online-Auktionshaus zum C2C-Marktführer
Die Gründung von Taobao erfolgte 2003 als Tochter der Alibaba Group. Es handelt sich dabei um ein Online-Auktionshaus, ähnlich dem in Deutschland beliebten eBay, das mit über 500 Mio. angemeldeten Usern das mit Abstand größte Format in Asien darstellt. Im Durchschnitt sind täglich 60 Millionen Nutzer auf Taobao.com aktiv und kaufen oder verkaufen dabei bis zu 800 Millionen Produkte. Ende des Jahres 2011 erreichte Taobao nach eigenen Angaben ein Handelsvolumen von 4,38 Milliarden RMB an einem einzigen Tag.
Auch wenn Taobao als Auktionshaus gilt, geht es dabei weniger um das bieten auf Waren in Form von Auktionen. Angefangen als ein klassisches Online-Auktionshaus, sah sich Taobao bald mit dem Trend konfrontiert, dass angemeldete Verkäufer immer weniger Waren in Form von Auktionen anbieten und zu Festpreisen übergehen. Dieser Trend ist ebenfalls in „westlichen“ Online-Auktionsplattformen wie eBay zu beobachten – jedoch in einem geringeren Ausmaß. Diesem Trend folgend, entwickelte sich Taobao von einem normalen Online-Auktionhaus zu einem Consumer-to-Consumer (C2C) Shopping-Portal, also einer Handels- und Kommunikationsplattform für kleine oder private Händler und Konsumenten. Es ist Händlern möglich, eigene Onlineshops auf Taobao zu erstellen und über diese ihre Produkte an die Konsumenten zu verkaufen. Alibaba selbst handelt dabei nicht mit Produkten, sondern fungiert lediglich als Vermittler zwischen den Händlern und Konsumenten und finanziert sich durch Werbung, ähnlich wie es bei Facebook der Fall ist. Da Taobao laut Alexa Internet Inc. zu den zehn am meisten besuchten Webseiten der Welt gehört, ist dies ein durchaus lukratives Geschäft.
Taobao – Die Dienstleistungskrake im Reich der Mitte
In Deutschland kennen nur wenige den Internetkonzern Alibaba und dessen Tochter Taobao. In China dagegen, ist Alibaba ein Gigant – und jedem Staatsbürger Chinas ein Begriff. Somit kommt man auch als Ausländer in China unweigerlich in Kontakt mit der Alibaba Firmengruppe und dessen Tochtergesellschaften, allen voran dem Online-Auktionshaus Taobao. Nach und nach erweiterte Taobao sein Angebot und wurde so zu einem Internetdienstleister, dessen angebotene Dienste weit über jene eines normalen Online-Shoppingportals hinausgehen. Dadurch steigt auch die Bedeutung von Taobao im chinesischen Konsumalltag stetig an. Immer mehr angebotene Dienste von Taobao bedienen den Bedarf der chinesischen Bürger an Konsummöglichkeiten, großem Warensortiment, Einfachheit und vor allem Bequemlichkeit. So ist es nicht nur möglich, Artikel einzukaufen, wie man es von einem Shopping-Dienst erwarten würde, sondern beispielsweise auch, über Taobao das Prepaid Guthaben Ihrer Mobilfunkkarte aufzuladen, Eintrittskarten für Kinovorstellungen zu erwerben, Lotteriescheine, sowie E-Books und Musik zu kaufen. Es ist sogar möglich, über Taobao Flüge oder komplette Reisen zu buchen oder aber seine Strom und Grasrechnung zu begleichen.
In Deutschland sind alle diese Dienste auf eine Vielzahl von verschiedenen Internetseiten verteilt. Das Guthaben des Mobilfunkvertrages kann man in der Regel nur über die Serviceseite des jeweiligen Providers aufladen, Eintrittskarten für Kinovorstellungen nur beim jeweiligen Kino bestellen oder reservieren, Lotteriescheine nur über die Internetpräsenz der Lotterie erwerben und Reisen nur über Internet-Reisebüros buchen. Eine Strom- und Gasrechnung über beispielsweise Amazon zu begleichen zu können wirkt schon fast merkwürdig. In Bezug auf E-Books und Musik sticht in der „westlichen Welt“ lediglich Amazon als Shopping-Plattform hervor, das ein sehr breites Angebot aufweist. Kaum Vorstellbar also, dass all diese Dienste auf einem einzigen Internetportal angeboten werden. In der Volksrepublik China dagegen ist es mittlerweile kaum wegzudenken und es ist nicht verwunderlich, dass Taobao mit seiner Fülle an Dienstleistungen immer weiter in den Alltag der Bürger vordringt. Shoppingsüchtige Chinesen müssen nicht mehr vor die Haustür, um essenzielle Dinge des Alltags zu erledigen. Während man seinem virtuellen Kaufrausch verfällt, ist es durch Taobao sehr einfach geworden, währenddessen auch noch den täglichen Lebensmittelbedarf in den virtuellen Einkaufswagen zu legen, oder aber gleich beim Nudel-Lieferdienst um die Ecke eine Portion zu bestellen ohne die Webpräsenz des Internetgiganten zu verlassen.
Taobao macht es dem Chinesen also prinzipiell möglich, mit einer einzigen Webseite ein Leben ohne Verzicht innerhalb seiner eigenen vier Wände zu führen. Lediglich für das Einlösen von gekauften Eintrittskarten oder gebuchten Reisen ist es nötig, sich anzukleiden und der realen Welt ins Gesicht zu blicken – eine Lücke, die Taobao wohlmöglich eines Tages ebenfalls zu schließen vermag.
Jack Ma und Alibaba – eine chinesische Internet-Erfolgsgeschichte
Chinas Online-Shopping und chinesische Kommerz-Feiertage 2015
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