Von ICC-Redakteurin Jennifer Nemeth
Trotz der sinkenden Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft sind die Augen der Hersteller von Luxusgütern weiterhin auf das Reich der Mitte gerichtet. Doch wann tauchen interkulturelle Hürden auf, wo sich eigentlich Absatzchancen ergeben sollten? Welche Potentiale bietet die chinesische Nachfrage für deutsche Markenprodukte im Premiumsegment?
Chinas wachsende Mittel- und Oberschicht
Menschen, die über ein anlagefähiges Vermögen von über einer Million US-Dollar verfügen, gelten als High Net Worth Individual (HWNI). In China stieg diese Kennzahl laut Capgemini jüngst um 14,3% auf 643.000. Damit hat China die viertgrößte HNWI-Population.
Diese Zahl und ihre steigende Tendenz als Implikation für 2014 verrät, was für ein Potential an Nachfrage nach Luxusgütern in Chinas Metropolen heranwächst. Dabei sind es vor allem ausländische Markenprodukte, die zahlungskräftige und konsumfreudige Kunden begeistern. So sieht auch der Generalbevollmächtigte des China-Geschäfts von Audi, Dietmar Voggenreiter, in Chinas Markt noch immer Expansionsmöglichkeiten: „Ich bin überzeugt, dass sich das Premium- Segment im Zuge der wachsenden Mittelschicht zu einem wichtigen Absatztreiber entwickelt.“
Kulturell geschickt Marktchancen in China nutzen
Es ist kein Zufall, dass Audi sich seit einigen Jahren in der Autobranche Chinas durchsetzen kann. So ist es von Vorteil, das kulturell bedingte, andersartige Luxusverständnis nachzuvollziehen und sich flexibel daran zu orientieren. Voggenreiter von Audi weiß zum Beispiel, warum in China so viele Limousinen verkauft werden: „Gerade im Segment der geräumigen Limousinen werden viele Autos noch häufig mit Chauffeur gefahren. Der Kunde selber sitzt dann eher im Fond.“
Im Vertrieb und Marketing ist es von großer Wichtigkeit die kulturelle Andersartigkeit der chinesischen Kunden zu berücksichtigen. Expertin Anna-Lena Müller von Kordes Strategy Advisors erklärt hierzu: „Kulturelle Vorstellungen nicht zu kennen, kann oft zu enttäuschenden Verkaufsergebnissen führen: So kann sich ein Hersteller einer hochwertigen Beauty-Marke beispielsweise eine aufwendige Vermarktung eines Bräunungssprays sparen – stattdessen wäre ihm besser damit geraten, eine speziell auf chinesische Kunden zugeschnittene Whitening-Serie in das bestehende Sortiment aufzunehmen.“ Auch ein Experte der Bain & Company warnt vor Nachlässigkeit im Vertrieb: „Es reicht nicht aus, die Produktion anzukurbeln und zusätzliche Waren nach Asien und Lateinamerika zu verschiffen. Gefragt sind neue Ansätze, die zu den lokalen Gegebenheiten passen.“
Gute Aussichten für deutsche Marken in China, aber…
Deutsche Marken genießen aufgrund ihrer qualitativ hochwertigen Produkte ebenfalls ein hohes Ansehen in China. Daher erscheint es als ein logischer Schritt für deutsche Unternehmen, Chinas Absatzmarkt anzuvisieren. Nicht nur Autos aus Deutschland, sondern auch deutsche Qualitätsprodukte wie Uhren oder hochwertiges Porzellan erfreuen sich in China großer Beliebtheit, sind bevorzugte Geschenke.
Schon 2012 zogen Lange Uhren aus Glashütte in ihrem Jahresabschluss ein positives Fazit: „Asien, hier vor allem Hongkong und China, und der Mittlere Osten waren starke Wachstumsmärkte.“ Die Porzellanmanufaktur Meissen knüpft im Ausblick ihres letzten Jahresabschlusses an dieses Fazit an und betont mit Blick auf den gegenwärtig entscheidenden chinesischen Absatzmarkt die Forcierung der Internationalisierung als Ziel.
Auch der deutsche Juwelier Wempe ist seit Februar 2013 mit einer eigenen Boutique in Peking vertreten. Marc-Philipp Häg, der General Manager von WEMPE in Peking, äußerte sich im Interview mit dem ICC-Portal zu den Besonderheiten des chinesischen Marktes: „Wir haben bewusst die Hauptstadt Chinas für unsere erste Boutique ausgesucht, da viele unserer Kunden dort leben bzw. häufig dorthin unterwegs sind. Das Geschäft in Peking, als das größte WEMPE-Geschäft weltweit, öffnet neuen Kunden die WEMPE-Welt und steht schon bestehenden Kunden mit Service und Beratung zur Seite.“
Capgemini rechnete 2013 in ihrem Asia-Pacific Wealth Report mit einem Trend der Wirtschaft Chinas weg von reiner Exportorientierung hin zu einem Auftrieb des inländischen Konsums. Ein kleiner Wermutstropfen besteht für westliche wie auch chinesische Premiumanbieter jedoch darin, dass Chinas Regierung seit einiger Zeit gegen Luxus und Opulenz in Beamtenkreisen vorgeht. Wie sich dadurch mittelfristig das Konsumverhalten in China verändern wird, bleibt abzuwarten.
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Ulrike2014 meint
Wenn die feinen Herren Beamten keine teuren Speisen mehr essen dürfen, ist das natürlich blöd für die guten Restaurants in China. Wenn dann auch noch Audis als Regierungsautos verboten werden, ist es natürlich umso blöder für die deutschen Hersteller. Jedoch bleibt weiterhin ein recht kapitalistisch ausgerichteter Mittelstand, der wächst bzw. schon reich genug ist, sodass noch einige Jahre Edles aus Europa in China sehr gefragt sein wird. Bis die Chinesen alles selber bauen können – und in Europa damit auch noch erfolgreicher sind. Das ist nicht schlimm. Das ist Weltwirtschaft.