Wer schon einmal in einem chinesischen Garten gewesen ist – egal, ob in China oder in Deutschland – weiß, dass dort mehrere Pavillons zu finden sind. Pavillons sind ein unverzichtbarer Teil eines jeden Gartens im chinesischen Stil. In diesem Artikel erklärt die Chinawissenschaftlerin Anabel Hennig, welche Bedeutung der chinesische Pavillon wirklich hat.
Wie viele richtig vermuten, dienen Pavillons als Dekorationsobjekt des Gartens. Dadurch ist ihre Gestaltung abhängig von ihrer Umgebung. Durch unterschiedliche Dachformen, Silhouetten und Dekoration, machen sie die Landschaft, in der sie sich befinden, einzigartig. Doch Pavillons sind mehr als nur Dekoration.
Welche Bedeutung hat der chinesische Pavillon? Mehr als Deko
Chinesische Pavillons stellen einen guten Aussichtspunkt über die Szenerie des Gartens und des Panoramas außerhalb des Gartens dar. Dies ist kein Zufall, sondern genau der Grund, weshalb Pavillons gebaut werden. Ein Pavillon soll nicht aus dem Garten herausstechen, sondern ein einheitliches Bild mit der Natur um sich herum erzeugen. Dafür besitzen Pavillons meist mehrere Fenster, die das Betrachten der Umgebung möglich machen. Oft haben sie auch Öffnungen, die den Innenraum noch besser mit dem Garten verbinden.
Nutzung und Funktion des chinesischen Pavillons im Wandel
Im Laufe der Zeit nutzte man Pavillons auf verschiedene Weisen. So dienten sie nicht nur als Rastplatz, der Durchführung religiöser Praktiken und dem Nachgehen kultureller Tätigkeiten, sondern wurden auch als Poststelle, als Gedenkstätte oder als Lagerraum genutzt. Auch die Begrüßung bzw. Verabschiedung wichtiger Gäste fand in Pavillons statt. Die Häufung der Funktionen resultierte in der Vermehrung der Pavillons. Sie waren also weit mehr als nur Dekoration und damit wichtiger Bestandteil vieler Landschaften in China.
Welche Bedeutung hat der chinesische Pavillon? Die Geschichte
In der Han-Zeit (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) wandelte sich das Konzept der Pavillons. Sie wurden erstmals zu Objekten, die Architektur mit der umliegenden Natur verbinden sollten. In der Jin-Dynastie (265 – 420 n. Chr.) prägte sich dieses Konzept weiter aus. Seit dieser Zeit versteht man Pavillons als ästhetische Verschmelzung mit der Natur. Ein Beispiel hierfür ist der Orchidee-Pavillon am Kuaiji-Berg in Shaoxing.
Ursprünglich diente er zwar als Poststelle, jedoch wurde er zweimal umgebaut, um eine bessere Sicht auf die dortige Natur zu bieten. In der Ming- und Qing-Zeit wurden Pavillons direkt in die Landschaftsplanung mit einbezogen, sodass von Anfang an auf die Ortswahl, die Umgebung und die Übereinstimmung von Architektur und Natur geachtet wurde. Garten und Pavillon konnten so gemeinsam konstruiert und aufeinander abgestimmt werden.
Gezielte Gestaltung der Pavillons
Je nach Umgebung entscheidet man über Platzierung, Höhe, Silhouette und die Farben der Pavillons. Natürlich werden dabei die Regeln des Feng-Shui berücksichtigt. Typische Gestaltungsarten und Materialien sind unter anderem dynamische Dächer, Säulen aus Holz, Gemälde, Keramiken und bunte Elemente.
Farbe bekommt ein Pavillon vor allem durch glasierte Dachziegel sowie lackierte Holzelemente. Traditionelle Materialien, die für den Bau von Pavillons genutzt wurden, waren Bambus, Stein, Ziegel, Fliesen, Keramik und Baumrinde. Heute wird für den Bau von Pavillons meist Holz genutzt.
Besonderheiten wie die Form der Dächer
Da es kein striktes Muster gab, an das man sich bei der Gestaltung eines Pavillons halten musste, machte sich bei der Gestaltung der Pavillons Diversität bemerkbar, sodass es zu wenigen Duplikaten kam. Diese sehen wir zum Beispiel in der Form des Daches. Die Dächer sollen durch ihre Form schwebend und leicht wirken.
Dächer im Allgemeinen sind zeltförmig und besitzen nach oben verlaufende Enden. Häufig genutztes Material für Dächer waren glasierte Ziegel, schwarze Fließen, aber auch Schilf oder Baumrinde.
Pavillons in Europa und ihre Bedeutung
Chinesische Gärten sowie Pavillons fanden ihren Einzug in Europa in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Gärten, Tempel und Klöster Chinas waren nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, sondern nur für kaiserliche und wohlhabende Familien sowie deren Gäste. Somit konnten auch nur diese die Pavillons sehen und betreten.
Währenddessen befanden sich Pavillons im chinesischen Stil in Europa in öffentlichen Gärten, sodass jeder Zugang zu ihnen hatte. Da das Dach ein wichtiger Teil des Pavillons ist, welches die Silhouette des Gebäudes formt und die Einzigartigkeit sowie Unverwechselbarkeit herstellt, legte man in Europa besonderen Wert darauf, genau dieses Detail im besonders chinesisch zu gestalten.
Chinoiserie statt Harmonie zwischen Architektur und Natur
Statt Harmonie zwischen Architektur und Natur herzustellen, nutze man den chinesischen Stil, um exotische Elemente in die Umwelt hineinzubringen. Pavillons waren typische chinoise Objekte, die mit China verbunden wurden, wodurch in Europa oft die symbolische Bedeutung der Pavillons verloren ging.
Des Weiteren befinden sich in den Landschaften Chinas mehrere Pavillons, zum Beispiel um den West Lake in Hangzhou, um den sich allein über 100 Pavillons befinden. Währenddessen weisen europäische Gärten meist nur einen Pavillon auf, was die eben genannte Tatsache noch einmal unterstreicht.
Pavillon-Unterschiede zwischen Europa und China
Ein einziger Pavillon in einem Gebiet weist umso mehr auf dessen Exotik hin, da er mehr aus der Umgebung heraussticht. Architektur in Europa war generell wichtiger als die Natur, durch die sie unterstützt wurde, während es in China genau andersherum war. Heutzutage wird das Konzept der Verschmelzung von Pavillon und Natur auch in Europa weitestgehend angewandt. Also sind Pavillons hier auch endlich mehr als nur Dekoration.
Welche Bedeutung hat der chinesische Pavillon? Fazit
Pavillons gibt es in China schon mehrere tausend Jahre. Im Laufe der Zeit wurden sie vielseitig eingesetzt und erfüllten viele unterschiedliche Funktionen. Durch deren Entwicklung vermehrten sie sich. In der Han- und Jin-Zeit veränderte sich das Konzept der Gebäude. Seitdem legt man Wert auf die visuelle Verschmelzung des Pavillons mit der umliegenden Natur. Auch heute werden Pavillons gebaut, um die Natur hervorzuheben.
Sie sollen als Aussichtspunkt dienen, von dem aus man die Umgebung gut betrachten kann. In Europa findet man Pavillons seit dem 18. Jahrhundert in Gärten. Der größte Unterschied zu China war, dass der Pavillon in Europa nicht mit der Umgebung verschmelzen sollte, sondern von ihr hervorgehoben. Das Chinesische wurde als exotisch und besonders betrachtet und deshalb in Gärten integriert.
Heute wird das Konzept der Erzeugung eines gemeinsamen Bildes mit der Natur auch in Europa angewandt, was zeigt, dass ein Pavillon auch hier mehr als nur Dekoration ist. Ein Besuch lohnt sich allemal!
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