Bild und Text von ICC-Redakteur Christoph Yew
Fahren Taxis in China anders als in Deutschland? Dieser Artikel betrachtet das traditionelle Taxi-Angebot, deren illegale Pendants sowie die neu aufkommenden Taxi-Apps im Reich der Mitte. Er geht ebenso auf die Meinung in der breiten Bevölkerung ein und betrachtet abschließend die unterschiedliche Resonanz auf Taxi-Apps in Deutschland und China.
Traditionelle Taxis in China
Wer in China von A nach B gelangen will, für den sind die lokalen Taxis (chuzuche 租出车 oder dishi 的士) ein beliebtes Fortbewegungsmittel für Jung und Alt. So gibt es in Peking ca. 66.000 Taxis, in Shanghai 50.000 und in Guangzhou ca. 50.000. Zum Vergleich, in Berlin sind es ca. 7.600 und in München 3.400. Das Verhältnis zwischen Einwohner und Taxis ist in China also wesentlich höher als in Deutschland. Die Taxis sind mit einem Taxameter ausgerüstet, das die Gebühr anhand der gefahrenen Strecke und der Dauer bemisst. Daneben spielt beim Preis auch die Verwendung des Taxitypes eine Rolle sowie die Tageszeit. Während der Nacht fallen regelmäßig höhere Preise an als tagsüber.
Welcher Zeitraum als Nachtschicht gilt, ist hierbei von Stadt zu Stadt unterschiedlich. In Beijing läuft die Nachtschicht beispielsweise von 23.00 bis 5.00 Uhr. Generell unterscheiden sich Taxipreise je nach Stadt erheblich. Eine Tagesfahrt von 10 km-Fahrt in Beijing kostet beispielsweise um die 30 RMB, während in Changsha (Hunan) die gleiche Strecke für 24 RMB zu haben ist. Teilweise lassen sich auch noch regionale Besonderheiten vorfinden. So gibt es in Shenzhen beispielsweise Taxis welche im gesamten Stadtgebiet (rote Taxis), nur in der Sonderwirtschaftszone (gelbe Taxis) oder nur außerhalb der Sonderwirtschaftszone (grüne Taxis) fahren dürfen.
Illegale Taxis in China
Neben den normalen Taxis gibt es noch eine Vielzahl illegaler Taxis (genannt heiche 黑车), bei welchen vor dem Einsteigen auf jeden Fall der Preis festgelegt werden sollte. Wer Lokalkenntnisse besitzt ist hier klar im Verhandlungsvorteil. Je nach Stadt und Uhrzeit ist dabei gerade für Frauen von der Verwendung dieser Option jedoch ohne Begleitung abzuraten. Vorsicht ist auch bei den illegalen Moped-Taxis (modi 摩的) geboten. Wobei hier das Problem eher in dem brachialen Fahrstil begründet liegt und darin, dass für gewöhnlich kein Kopfschutz zur Verfügung gestellt wird.Die Benutzung illegaler Taxis folgt in jedem Fall auf eigene Gefahr, stellt je nach Verkehrslage manchmal jedoch die einzige Möglichkeit dar, um auf den Weg zu kommen.
Die neuen Taxi-Apps in China
Der enorme Erfolg von Taxi Apps in China hat zu einer großen Anzahl von Anbietern geführt. Als größere Anbieter seien hier Didi Dache 滴滴打车 (nachfolgend: Didi), Yihao Zhuanche 一号专车、Shenzhou Zhuanche 神州专车 und Uber 优步 genannt. Daneben gibt es noch viele kleinere Anbieter, die sich auf bestimmte Regionen oder Städte fokussieren. Aufgrund der starken Konkurrenzsituation ist der Markt derzeit dabei, sich zu konsolidieren. So haben sich beispielsweise im Februar 2015 die Anbieter Didi und Kuaidi Dache 快递打车 zu einer strategischen Kooperation entschlossen, aus deren Konsequenz Didi nun als neue marktdominierende Macht hervorgegangen ist. Die Popularität von Didi ist auch daran abzulesen, dass mit WeChat der derzeit populärste Instant Messaging Service Chinas als Partner mit ins Boot geholt wurde.
Ein relativ neuer Marktteilnehmer ist das aus den USA stammende Uber. Besonderheiten bei Uber sind zum einen ein aggressiv niedriger Endkundenpreis für Fahrten sowie die Kooperation mit Baidu, dem “Google Chinas”. Uber kann als sehr ernst zu nehmender Player gewertet werden und erfreut sich dank anhaltender Promotion- und Sonderangebote hoher Beliebtheit. Um eine Idee davon zu bekommen, wie teuer die Services im Vergleich zueinander sind, kann diese Tabelle über Hangzhou als Anhaltspunkt dienen:
Quelle: http://www.zhihu.com/question/24891638, Stand: 2015.7.26
Wie sieht es mit dem rechtlichen Status aus? Das Anbieten von Taxi-Diensten ohne Lizenz ist in China illegal. Teils wurden auch bereits die Büros von Taxi-App-Firmen durchsucht, teils wird von der Verkehrspolizei versucht- Fahrer ausfindig zu machen und festzunehmen. Proteste der breiten Bevölkerung gegen die Festnahme von App-Fahrern zeigen jedoch, dass die Apps als wertvolles und zu verteidigendes Gut betrachtet werden. Die Halbherzigkeit, mit der die lokalen Behörden bisher gegen die Taxi Apps vorgehen, lassen derzeit noch offen, wie die Zukunft der Taxi-Apps in China aussehen wird. Die Unterstützung der Bevölkerung haben die Apps bisher in den meisten Fällen schon.
Was denken Chinesen über die Taxi-Apps?
Endkunden sind schlichtweg begeistert von den neuen Apps. Ein Taxi zu ergattern ist nicht mehr zufallsabhängig, kann besser kontrolliert werden. Unter Fahrern traditioneller Taxis ist die Meinung gespalten. Manche sehen die Apps als Möglichkeit, um schneller Kunden zu gewinnen, da man sich als normaler Taxifahrer registrieren kann und gezielt gefunden werden kann. Manche sehen die Apps als Gefahr, da die Geschäfte nun schlechter laufen. Im Folgenden werden einige Zitate von Chinesen über die derzeitige Taxisituation in China gegenübergestellt, gruppiert nach Benutzergruppen.
Taxifahrer in China
“Eigentlich nicht schlecht. Ich sollte auch zu diesen Apps wechseln. Einige meiner alten Kollegen haben das gemacht und verdienen jetzt mehr als ich.”
“Die Apps sind nicht gut fürs Geschäft. Aber es macht schon Sinn. Wenn ich selber mal ein Taxi brauche, dann verwende ich auch lieber Didi als ein normales Taxi.”
Taxi-App-Fahrer in China
“Bist du durstig? Vor dir ist ein eingebauter Kühlschrank. Nimm dir einfach was raus, ist kostenlos. Uber mach gerade so eine Aktion und spendiert Getränke.”
“Ich war bisher immer mit einem illegalen Taxi unterwegs, da die Taxiunternehmen nur Fahrer nehmen, die über einen Beijing-Hukou (户口; etwa „Wohngenehmigung“) verfügen. Durch die Apps habe ich nun bessere Geschäfte.”
Kunden in China
“Eine super Sache. Zu manchen Zeiten ist es unmöglich. ein freies Taxi,. zu bekommen und dann steht man manchmal 20 Minuten da und nimmt gezwungenermaßen ein illegales Taxi. Die Taxi Apps sind da sicherer, hat man doch die Telefonnummer des Fahrers.”
“Uber ist am besten. Der Fahrer, der sich am nächsten befindet, muss die Anfrage annehmen. Bei Didi können Fahrer einfach ablehnen. Normale Taxis kann man direkt vergessen. Wenn der Fahrer keine Lust hat oder das Ziel nicht auf dem Weg liegt, lehnen die einen einfach ab.”
“Traditionelle Taxifahrer lassen oft andere Gäste hinzusteigen, wenn diese ein ähnliches Fahrtziel haben. Bei Taxi Apps passiert das nicht.”
“Sehr gut. Sollen die traditionellen Taxiunternehmen kaputtgehen. Das ist jetzt aber nicht gegen die Fahrer gerichtet. Die können vielleicht einfach zu Uber wechseln.”
Vergleich zur Taxi-Situation in Deutschland
Der Unterschied hinsichtlich der Akzeptanz von Taxi-Apps in Deutschland und China könnte größer nicht sein. In Deutschland sind die Fahrdienste umstritten und anhaltende Rechtsstreitigkeiten lassen es spannend bleiben, wie die Zukunft der Fahrdienste aussehen wird. Daneben ist, bedingt durch die unterschiedliche Marktsituation auch die Verwendung durch die breite Bevölkerung sehr unterschiedlich. In Deutschland spielen die Apps kaum eine Rolle, in China sind sie ausgesprochen populär. Hierfür sehe ich folgende Gründe.
- Wie oben ausführlich dargestellt, sind Taxis in China ein essentieller Bestandteil des täglichen Lebens, wodurch die Allgemeinheit wesentlich stärker von alternativen Angeboten angesprochen wird als in Deutschland.
- Fahrten mit Taxi-Apps (v.a. Uber) sind derzeit günstiger als mit normalen Taxis. Wie sich die Lage jedoch verändert- sollten die Preise ansteigen- bleibt abzuwarten.
- Traditionelle Taxis haben in China nicht den besten Ruf. Taxis sind oft ramponiert, die Fahrer gelten als unfreundlich und die häufigen Preissteigerungen in den letzten Jahren haben nicht zu einer Verbesserung des Images geführt.
Als Randnotiz sei hier für unsere deutschen Leser angemerkt: Traditionelle Taxis haben auf den Rückbänken oft keine funktionstüchtigen Sicherheitsgurte oder diese wurden versteckt- weil sich in China kaum jemand anschnallt. Bei Fahrzeugen, die über Taxi Apps angefordert werden, ist dies meiner Erfahrung nach anders. Diese haben meist verwendbare Sicherheitsgurte.
- Das in Deutschland oft angeführte Argument, dass man in einem Uber Auto nicht versichert ist, spielt für Chinesen keine Rolle.
- Chinesen stehen neuen Technologien und Apps wesentlich aufgeschlossener gegenüber als Deutsche. Diese werden mit großer Neugier wahrgenommen und eher als Chance denn als Gefahr wahrgenommen.
Fazit: Wie fahren Chinesen in Zukunft Taxi?
Die Taxi-Apps sind dabei, einen wichtigen Service-Sektor in China umzukrempeln und ausgesprochen beliebt. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie aggressiv die Behörden gegen die Apps vorgehen werden. Abschließend: Sollten Sie in China unterwegs sein, probieren sie es einfach mal aus und fällen sie ihr eigenes Urteil über die lokalen Taxi-Apps. Die Bedienung ist kinderleicht.
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