Von ICC-Redakteur Patrick Müsker
Seit Beginn der Reform und Öffnungspolitik vor mehr als 35 Jahren wächst die Wirtschaft Chinas ohne Unterlass. Doch der Wachstumskurs hat Spuren hinterlassen, die Umweltproblematik ist im Land mittlerweile allgegegenwärtig.
Nach den Prognosen der OECD Economic Surveys China 2013 wird sich das Wachstum in absehbarer Zeit nicht wesentlich verlangsamen und den Statistiken zufolge nimmt die Wirtschaft nach einem kleinen Abstieg des jährlich konstanten BIP um circa 9 Prozent erneut an Fahrt auf. Kein anderes Land konnte in einer solch kurzen Zeit mit den führenden Industrieländern des Westens aufschließen und sich zu einem globalen Wirtschaftszentrum entwickeln. Doch die sprunghafte Entwicklung hinterlässt auch massive Spuren in der Umwelt.
Erster Eindruck in China: Baustellen überall
Der erste Eindruck bei vielen Besuchern in China ist die riesige Anzahl an Baustellen. Mit der Entwicklung der Wirtschaft wachsen das Land und seine Städte. Diese dehnen sich aus und in den Außenbezirken von Shanghai oder Nanjing befinden sich große Gebiete, die sich im Umbau zu neuen Wohnballungszentren befinden. Mitunter wird dabei die Qualität der Materialien vernachlässigt, sodass beispielsweise eine neuzementierte Straße nach zwei Wochen aufgerissen und neu verlegt werden muss. Neben den Abgasen in Verkehr und Industrie nehmen die auf den Baustellen entstehenden Staub- und Schmutzpartikel in der Luft stark zu. Gerade in letzter Zeit hat dies die Luftqualität enorm beeinträchtigt und die Luftverschmutzung hat neue Höchstwerte erreicht.
Luftverschmutzungen mit Auswirkungen auf die Wirtschaft
Doch welche Bedeutung hat die Verschmutzung für die Wirtschaft? Viele Faktoren sprechen dafür, dass die Umweltprobleme rückwirkend Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben. So werden Investitionen von umgerechnet 210 Milliarden Euro benötigt, um Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung umzusetzen. Die Umweltbelastung hat natürlich auch Auswirkungen auf das Leben der Expats. Das Stellenportal SinoJobs führte dazu kürzlich eine Umfrage durch, an der sich 2.439 Nutzer beteiligten: 42 Prozent der befragten Europäer lebten aktuell in der VR China, 45 Prozent von Ihnen planten wegen der Luftverschmutzung eine Verkürzung des Aufenthaltes. Ausländische Firmen berichten dementsprechend, dass immer weniger Menschen bereit seien, in China zu arbeiten. Unter diesen Umständen sei das Einstellen von Fachkräften aus dem Ausland immer schwerer und man sehe sich Engpässen gegenüber. Wer möchte sich auch trotz guter Berufschancen einem gesundheitlichen Risiko aussetzen?
Sportverbot und Smog bis in den Süden
Immer wieder sind Gebäude in nicht weiter Ferne von einem Grauschleier umgeben oder gar gänzlich verhüllt, bleiben dem Blick des Betrachters verborgen. Damit lässt sich ohne Probleme direkt in die Sonne sehen, die es bei solchen Umständen nicht mehr als kleiner leuchtender Fleck durch die Schmutzdecke schafft. Doch machen sich die Ausmaße nicht nur optisch bemerkbar. Der Sport im freien wird bei schwindender Kondition und einer bitter schmeckenden Luft zur Qual. Die Behörden raten sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten, sowie Türen und Fenster geschlossen zu halten.
Zu oft erreicht die offizielle PM2.5 Skala einen Wert von 200, der den Bereich „Sehr ungesund“ einleitet. Als normal und durchschnittlich ist ein Wert von um die 100 zu betrachten, der ebenfalls als ungesund für sensitive Gruppen gilt. Bisher galten der Norden Chinas und Peking als Smog-Hochburgen, doch auch der Süden wird mehr und mehr zum Opfer der Verschmutzung. Im November des vergangenen Jahres erreichte der PM2.5 Index in Shanghai und Nanjing neue Höchstwerte von über 500. Bis zu einem Wert von 500 gilt die Luft als „giftig“ und die Skala endet dort. Bewohner in Shanghai und Nanjing berichteten im öffentlichen Fernsehen, dass sie solche Zustände das erste Mal erleben.
Geplante Schadstoffreduktion bis 2017
Nicht nur innerhalb des Landes werden die Menschen aufgrund der sich verschlechternden Umstände unruhig, sondern auch von außerhalb wächst der Druck. Schließlich spielt China als Entwicklungsriese und einer der weltgrößten Verursacher von Treibhausgasen eine besondere Rolle. Die Regierung plant bereits Maßnahmen zur Schadstoffreduktion, die die Belastung von Feinstaub PM2,5 bis 2017 gegenüber den Werten im Jahr 2012 um mehr als ein Viertel senken sollen. Ob die Schwerpunktmaßnahmen wie die Senkung der Kohleverfeuerung und Begrenzung des Autoverkehrs ausreichen werden, bleibt jedoch fraglich.
Leben Sie aktuell in China? Welche Erfahrungen haben Sie dort mit der Umweltbelastung gemacht? Wir freuen uns über einen Kommentar von Ihnen.
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gringo meint
ich liebe china. die luft hier hasse ich aber. es ist wie auf einer party mit zu viel nebelmaschine – nur ist der nebel auch noch giftig…
KampfDackel meint
Ganz Toll Gringo!