Chinesische Marken werden weltweit immer bekannter und erfolgreicher. Doch das war nicht immer so. Nach der wirtschaftlichen Öffnung Chinas taten sich das Label „Made in China“ und speziell chinesische Markenhersteller im Ausland zunächst schwer. Erst im Schatten der westlichen Unternehmen, die ab den 1980ern verstärkt in China produzierten, wuchsen chinesische Marken heran, die mittlerweile globale Märkte dominieren. Diese neue ICC-Reihe untersucht die faszinierende Made in China-Geschichte zwischen Nachahmung und Emanzipation.
Während Branding in China aufgrund der sprachlichen und kulturellen Besonderheiten viel westliches Interesse auf sich gezogen hat, sind interkulturelle Markenstrategien chinesischer Unternehmen noch weniger erschlossen. Im Kontext der sogenannten Country-of-Origin-Forschung ist Made in China als ein Herkunftsmerkmal zu betrachten, das sich innerhalb weniger Jahre stark gewandelt hat.
Made in China-Geschichte ab den 1980ern
Seit seiner Reform und Öffnung hat China durch seinen Aufstieg zur Wirtschaftsmacht im globalem Branding und Marketing an Bedeutung gewonnen. Als das Land ab den 1980ern wieder aktiv in die Weltwirtschaft einstieg, lagen in Hinblick auf globale Markenmacht jedoch klare Verhältnisse vor. Europäische und amerikanische Anbieter dominierten mit ihren bekannten Namen Konsumentenmärkte.
Einzig Japan konnte als größerer asiatischer Markenproduzent global mithalten. Internationale Marken, die den Einstieg in den neu geöffneten chinesischen Markt suchten, hatten zwar mit kulturellen Herausforderungen bei der Markenkommunikation zu kämpfen. Große Markennamen, die für einen gehobenen und modernen Lebensstil (im Ausland) standen, fanden bei chinesischen Konsumenten in den 1980ern und 1990ern aber immer mehr Zuspruch. Dies geschah, obwohl oder gerade weil sie anfangs kaum verfügbar oder nicht für alle erschwinglich waren.
Als billige Imitationen belächelt oder als Raubkopien kritisiert
Während ausländische Firmen immer stärker chinesische Produktionsorte nutzten, wurden Chinas heimische Marken in vielen Ländern bis in die frühen 2000er für billige Imitationen belächelt oder für Raubkopien kritisiert. Trotz dieser Imageprobleme nahm die Anzahl unabhängiger chinesischer Hersteller für das Ausland durch die Unterstützung der Go out-Politik der chinesischen Regierung zu.
Auch für das chinesische Inland, in dem ab Mitte der 1990er Marken einige nationale Marken im Wettkampf mit ausländischen Konkurrenten an Beliebtheit gewinnen konnten, wurden staatliche Maßnahmen intensiviert, um die Attraktivität chinesischer Anbieter zu steigern. Zugleich kam es wiederholt zu lokalen Skandalen, wie den um schädliches Kinder-Milchpulver in 2008, die das Vertrauen der Konsumenten in die heimischen Marken schmälerten.
Strategien chinesischer Markenführung: Nachahmung westlicher Vorbilder
Seit den 1980ern kam es in China zu unzähligen Nachahmungen von westlichen Produkten und Marken, die im Inland zunehmend für modernen Konsum und Lifestyle standen. Auch wenn sich das Image verschlechtert zu haben scheint, werden Markenimitationen bis heute zahlreich in China hergestellt und aufgrund einer vermeintlichen Statuserhöhung zu niedrigen Preisen konsumiert.
Obwohl manche Raubkopie durch kulturelle Anpassungen sehr individuell gestaltet wurde, entstehen in China ständig neue Imitationen ausländischer Markennamen und Logos ohne künstlerischen oder kreativen Anspruch. Dass Made in China weltweit für Markenimitationen bekannt wurde, hängt auch mit einigen prominenten Nachahmungen zusammen, die von größeren chinesischen Firmen stammen. Einige bekannte und offensichtliche Beispiele finden sich in der folgenden Tabelle:
Beispiele für chinesische Markennachahmungen von damals bis heute
Chinesische Marke (Gründungsjahr) | Nachahmendes Element | Nachgeahmte Marke |
BYD (1995) | (frühes) Markenlogo | BMW (weiß-blaues Logo) |
Yonghe King (1995) | (frühes) Markenlogo | KFC (Colonel Sanders-Logo) |
Li-Ning (1989) | (frühes) Markenlogo | Nike-Zeichen (sog. Swoosh) |
Youku (2006) | Markenname und (frühe) Schriftart | YouTube (Name und Schriftlogo) |
Landwind (2014) | Markenname und (frühe) Schriftart | Landrover |
Luckin Coffee (2017) | Namensgebung und Schriftart | Starbucks Coffee |
Einfache Nachahmungen werden hier aufgeteilt in die Imitationen von Logo und Markennamen. Das frühe Markenlogo vom chinesischen Autobauer BYD ähnelte stark demjenigen von BMW:
Die Restaurantkette Yonghe King imitierte mit einem Männergesicht im Logo vermutlich KFC und der chinesischen Sportmarke Li-Ning wurde vorgeworfen, mit seinem Logo eindeutig das Nike-Zeichen (Swoosh) nachgestellt zu haben:
Das frühe Logo und auch zeitweilig die Schriftweise der Videoplattform Youku ähnelte stark YouTubes Markenauftritt. Auch bei der Automarke Landwind ist die Ähnlichkeit verblüffend:
Bei Chinas jungem Kaffeeunternehmen Luckin Coffee ist zwar der Name keine direkte Imitation, doch die Schriftart erinnert viele an den amerikanischen Konkurrenzanbieter Starbucks. Luckin Coffee sticht deshalb als Beispiel hervor, weil diese chinesische Marke schon kurz nach ihrer Gründung in 2017 zu einem direkten und ernstzunehmenden Konkurrenten der imitierten Marke aus dem Ausland wurde. Demgegenüber waren die Marken BYD, Yonghe King und Li-Ning zumindest in der Phase der ersten Imitation in Hinblick auf das Image den ausländischen Konkurrenten unterlegen. Bei Youku lag ab 2009 keine direkte Konkurrenz mehr vor, da YouTube ab diesem Jahr in China nicht mehr frei verfügbar war.
Vom Nachahmer zum Innovator? Weiterentwicklung chinesischer Marken
Wie ging und geht die Made in China-Geschichte weiter? Manche der frühen chinesischen Markenimitatoren haben sich im Laufe der Zeit von ihren ausländischen Vorbildern emanzipiert. Die anfangs als Nike-Imitation verrufene Marke Li-Ning konnte sich in China, wo das Unternehmen im Jahr 2018 rund 97% des Umsatzes machte, als ernstzunehmende Sportmarke etablieren. Im Jahr 2010 individualisierte Li-Ning schließlich auch sein Logo durch eine Reduktion des ausländischen Einflusses. BYD und Yonghe King änderten ihre imitierenden Logos ebenfalls nach einigen Jahren: Yonghe King führte als Logo eine Essensschüssel statt des Männergesichts ein und BYD ein reines Buchstabenlogo ohne Farbkombination.
Der Großteil der schlichten Nachahmungen aus der frühen Phase ist schnell wieder vom Markt verschwunden. Viele dieser Marken waren nur darauf ausgelegt, kurzzeitig vom ausländischen Image zu profitieren. Heutzutage reicht in China ein (scheinbar) westliches Markenimage längst nicht mehr aus, um Konsumenten zu begeistern. Auf die fortgeschrittenen chinesischen Markenstrategien gehen die nächsten Artikel dieser Reihe über die Made in China-Geschichte ein.
Artikelbild: Flickr / M. Abegglen / Rechte; eingebundene Bilder: Flickr (mit Link im jeweiligen Bild)
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Das sind interessante Vergleiche: Made in Germany vs. Made in China sowie China im Vergleich zu Japan und Südkorea. Bin gespannt, wie sich das in den nächsten 10 Jahren entwickelt.
Deutschland wird in wenigen Jahren abgehängt sein wenn die Autoindustrie weiter macht was sie will. Deutschland hatte mit die ersten E-Autos – und hat dann komplett den Anschluss verpasst. China baut nur nach. Und wird damit erfolgreich sein.