Die Weisheiten des Konfuzius erfreuen sich auch außerhalb von China großer Beliebtheit. Zahlreiche Bücher wurden darüber geschrieben, nicht wenige Profile in Job-Netzwerken schmücken sich mit klugen Sprüchen von chinesischen Philosophen. Schade nur, dass viele dieser vermeintlichen Zitate kaum etwas mit den Denkern aus Chinas Altertum zu tun haben. Falsche Konfuzius-Sprüche – was der chinesische Meister nicht gesagt hat.
Konfuzius sagt… Angeblich ja so einiges: Aller Anfang ist schwer? Zeit ist Geld? Kleider machen Leute? Einige Weisheiten, die heutzutage Konfuzius in den Mund gelegt werden, finden sich gar nicht in den originalen Schriften, die Meister Kong zugeschrieben werden, der ca. 551 bis 471 v.Chr. gelebt haben soll. Ohnehin wird der wohl bekannteste chinesische Denker meist verkürzt dargestellt oder komplett missverstanden, wie wir in einem früheren Artikel beschrieben haben.
Falsche Konfuzius-Sprüche – zwei Beispiele
Es ist zugegeben etwas verständlich, dass schon so manche versucht haben, Konfuzius mehr Text unterzuschieben, als eigentlich angemessen wäre. Denn er selbst hat gar keine eigenen Schriften hinterlassen. Zwar gibt es die sogenannten Gespräche des Konfuzius, die eventuell von den Schülern des Meisters über dessen Lehre verfasst worden sind. Hierbei handelt es sich aber um sehr kurze, teils etwas kryptische Anekdoten und Sprüche, die mitunter wenig aussagekräftig sind. Schauen wir uns jetzt aber einmal zwei der fragwürdigeren Weisheiten des Konfuzius näher an. Sehr berühmt ist zum Beispiel dieser Spruch hier:
Konfuzius sagt: „Der Weg ist das Ziel.“
Wer hat’s gesagt? Konfuzius leider nicht so wirklich. Es gibt wohl in den erwähnten Texten die folgende Passage: „Der Gelehrte richtet seinen Willen auf den Weg.“ Aber „Der Weg ist das Ziel“ klingt doch etwas anders. Der „Weg“ als konfuzianisches Ideal ist beim ursprünglichen Konfuzius zwar wichtig. Aber hier geht es nicht darum, den Prozess mehr als das Ergebnis zu schätzen, wie heute mit „Der Weg ist das Ziel“ gemeint wird. Der konfuzianische Weg ist ein Leben nach den Idealen der Ethik, Tugend und Treue, wie sie die damaligen Verfechter auf Basis noch älterer Schriften fördern wollten. Für heute passt dieser spezielle Weg also nur noch bedingt.
Konfuzius sagt: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“
Besonders gerne wird in jüngster Zeit auch dieser Spruch – in vielen unterschiedlichen Varianten – verwendet. Bei Xing oder LinkedIn nutzen ihn einige auf Deutsch oder Englisch als Profilspruch. Aber hätte Konfuzius das gewollt? Zum einen passt die Idee, sich einen Job zur Selbstverwirklichung zu suchen, nicht so wirklich zur Zeit der Denker im alten China. Es geht hierbei ja eher um Work-Life-Balance, die es aber erst seit der Berufswelt des 20. Jahrhunderts gibt. Zum anderen taucht diese Passage gar nicht in den erwähnten Schriften über den Meister auf. Halbwegs vergleichbar ist darin nur folgende Aussage: „Wählt man Arbeiten, die angehen, und lässt sie ausführen, wer wird da noch murren?“ Hiermit wird jedoch von den Herrschenden (rund 500 v.Chr.!) verlangt, nur Arbeiten ans Volk zu verteilen, die auch irgendwie machbar sind, damit kein Unmut in der Bevölkerung aufkommt. Das hat dann also doch nichts mit der heutigen Aussage „Wähle einen Beruf…“ zu tun. Denn dabei geht es gerade um die selbstbestimmte Arbeitssuche freier Menschen.
Falsche Konfuzius-Sprüche – warum wird Konfuzius falsch zitiert?
Zahlreiche weitere Sprüche wie „In der Ruhe liegt die Kraft“ wurden Konfuzius zugeordnet, ohne dass sich überzeugende Textstellen dafür finden lassen. Warum ist das so? Will da jemand die chinesische Philosophie neu interpretieren? Wahrscheinlicher ist wohl, dass es schon früh aufgrund von sprachlicher Unkenntnis zu falschen Übersetzungen gekommen ist. Und speziell im Internet werden diese fälschlichen Zuschreibungen wieder und wieder geteilt und zitiert. Am Ende denken dann alle, dass es eine echte Weisheit sein muss. Sicher haben sich manche auch etwas Autorität für die eigenen Sprüche borgen wollen. Ein Konfuzius kam da vermutlich gerade recht – der kann sich ja nicht mehr beschweren. Doch wer weiß: Vielleicht würde es Konfuzius sogar als Kompliment auffassen, dass sich bis heute viele auf ihn berufen möchten? Über seine Einstellung zu geistigem Eigentum ist leider wenig überliefert.
Was sind Chinesen-Witze? Über (schlechten) Humor zwischen den Kulturen
Konfuzianismus, Daoismus und Sunzis Strategien in Deutschland – ein Überblick
Chinesischer Managementstil nach Zeng Shiqiang: Zwischen Tradition und Verwestlichung
Management mit Konfuzius? Business-Skills aus dem alten China
Wandel deutscher Chinabilder: Annäherung oder Entfremdung?
Wissenschaftliche Literatur:
„Konfuzius rät? Deutsche Ratgeberliteratur mit altchinesischen Weisheiten“, in Interculture Journal, Bd. 14, Nr. 25 (2015): Erfahrung Interkulturalität: Literatur – Ausbildung – Forschung, S. 49-74.
Schlüsselbegriff: Falsche Konfuzius-Sprüche
Angelica Schneider meint
Von wem sind denn dann diese Sprüche?