Vor fünf Jahren hat das ICC-Portal zum ersten Mal über das innovative China-Programm an der FH Kiel berichtet. In der Zwischenzeit waren die Verantwortlichen keineswegs inaktiv. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Bildung wird künftig ein besonderes Projektsemester die China-Kompetenz an der Hochschule weiter stärken.
Chinas Bedeutung für die deutsche Wirtschaft ist unübersehbar, dadurch wächst auch die Nachfrage nach Fach- und Führungskräften, die sich neben Fachexpertise mit beiden Ländern gut auskennen. In diesem Kontext hat das Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung im Jahr 2017 das Förderprogramm „Innovative Konzepte zum Ausbau der China-Kompetenz an Hochschulen“ auf den Weg gebracht.
Förderung für neues China-Projektsemester
Die Fachhochschule (FH) Kiel hat sich erfolgreich für diese Förderung beworben. Namentlich Prof. Dr. Tobias Specker und Mamak Mehrvar erhalten für die Entwicklung und Implementierung eines neuen Lehrmoduls ingesamt 300.000 Euro. Geplant ist ein innovatives China-Projektsemester, das sich an MINT-Fächler von 28 Fachhochschulen in Deutschland richtet.
Diese Hochschulen kooperieren bereits im Rahmen der Chinesisch-Deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW) mit der Tongji-Universität in Shanghai. Die Kooperation ermöglicht den teilnehmenden Studierenden einen Doppelabschluss in den Bereichen Mechatronik, Gebäudetechnik, Automobiltechnik und Wirtschaftsingenieurwesen.
Im Rahmen des China-Projektsemesters sollen Studierende nun bereits in einer frühen Phase des Studiums für das Doppelbachelorprogramm an der CDHAW vorbereitet werden. Hochschulübergreifend werden die Studierenden Teams bilden, um praxisbezogene Unternehmensprojekte mit Chinabezug durchzuführen. Im Mai des Folgejahres sollen die Ergebnisse dann während einer Summer School in Shanghai vorgestellt werden. Das China-Projektsemester ist zunächst für einen Zeitraum von drei Jahren geplant.
Drei Fragen an Prof. Dr. Tobias Specker
Das ICC-Portal hat sich beim Mitverantwortlichen Prof. Dr. Tobias Specker erkundigt, wie es zur Bewerbung um die Förderung kam und wie die China-Kompetenz an deutschen Hochschulen aktuell einzuschätzen ist.
1. Was war die Motivation von Ihnen, sich bei dem Förderprogramm zu bewerben?
Mein bisheriges Engagement für Studierende in dieser Sache hat mir immer wieder vor Augen geführt, wie wichtig der Aufbau von Chinakompetenz für diese Zielgruppe ist. Einerseits deshalb, weil das dazu dominante Bild sehr stereotyp und in großen Teilen leider auch falsch ist. Andererseits kann ich seit Jahren eben auch beobachten, welche Türen meinen Studierenden durch jene Chinakompetenz geöffnet werden, die sie in dem einjährigen Doppelbachelorprogramm an der CDHAW entwickelt haben. Manche der daraus generierten Karrierepfade wären in Deutschland undenkbar.
2. Welche Fähigkeiten sollen die Studierenden im geplanten China-Projektsemester entwickeln?
Im Mittelpunkt steht zunächst „nur“ die Bereitschaft, sich im Verlauf des Studiums deutlich intensiver und auch differenzierter mit China auseinanderzusetzen. Im Ergebnis soll damit natürlich die Grundlage zum Aufbau von Chinakompetenz nach dem Verständnis des BMBF gebildet werden. Also all jene Fähigkeiten und Kenntnisse, die für eine erfolgreiche Kooperation mit China entscheidend sind. Dazu gehören neben Sprachkenntnissen und interkulturellen Fähigkeiten auch ein Grundverständnis von Chinas Wirtschaft, Politik, moderner Geschichte und Gesellschaft sowie berufsspezifisches Wissen.
3. Wie sehen Sie generell das Level der China-Kompetenz an Hochschulen in Deutschland?
Bei vielen Akteuren und Entscheidungsträgern im Bereich der Hochschulen besitzt China-Kompetenz bis heute leider einen exotischen Nischenstatus. Anders und pointiert formuliert: Speziell im Bereich der MINT-Studiengänge erweisen sich dieses Thema und die damit verbundenen Ziele als nur schwer vermittelbar. In vielen Fällen drängt sich der Eindruck auf, als ob die über Jahre gewachsene und in ihren Wirkungszusammenhängen überaus erfolgreiche deutsche Ingenieurskultur gerade bei diesem Themenfeld eine eher kontraproduktive Rolle spielt.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, Herr Professor Specker!
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