Wer eine längere Zeit im Ausland gelebt und gearbeitet hat, der wird dort sicher die eine oder andere interkulturelle Überraschung erlebt haben. Was kann im Ausland schiefgehen? Welche Konflikte und Missverständnisse sind schwer zu vermeiden?
Die Leserinnen und Leser des ICC-Portals sind in sich gegangen und haben einige interkulturelle Fettnäpfchen zusammengetragen. Die Liste ist nur ein Anfang… Sollten Ihnen weitere Herausforderungen im In- und Ausland einfallen, ergänzen Sie gerne einen Kommentar. Hier nun die aktuellen Ergebnisse:
Zehn interkulturelle Fettnäpfchen
1. Gesten und Körpersprache
Es ist wirklich gefährlich, im Ausland mit Geste die Zahl anzugeben. Es wäre eine große Überraschung, wenn man mit der Fingergeste für 2 Bier in einem chinesischen Restaurant bestellt, und dann kommen 8… (Leserin Lili)
2. Sprachsalat I: Präposition mit falscher Wirkung
Ja, das Thema „Fettnäpfchen“ war auch für mich ein Erlebnis, als ich in Russland war und angefangen habe, Russisch zu lernen. Erst sehr viel später in Deutschland habe ich verstanden, dass ich oft für das Wort „am Ende“ die falsche Präposition verwendet habe und somit ständig zu meiner Gastfamilie gesagt habe: „Endlich fahre ich im November wieder nach Deutschland!“ Das ist mir im Nachhinein nicht nur peinlich, es macht mich sogar ein bisschen traurig, aufgrund einer Präposition so etwas Falsches gesagt zu haben und meiner Gastfamilie das Gefühl gegeben zu haben, mich zu freuen, von Ihnen wegzukommen. Denn eigentlich fand ich meine Zeit in Russland sehr schön und wäre gerne dort geblieben… (LeserIn U.R.)
3. Gesicht wahren – Gesicht verlieren
Lebte in China, arbeitete dort als Sprachassistentin an einer Uni. Dann war eine Tagung und Gäste aus Deutschland kamen zu Besuch. Da ich die meisten bereits kannte, verbrachten wir gemeinsam Zeit und ich zeigte ihnen am ersten Abend die Stadt, wir gingen gemeinsam Essen etc. Was ich nicht bedacht hatte: Mein vorschnelles Handeln wirkte auf den Dekan der Fakultät negativ, da er – obwohl er sich um kein Programm für die Gäste gekümmert hatte – in der Gastgeberrolle steht und ich ihm diese abspenstig gemacht habe… führte dann echt zu Problemen, da ich ihn das Gesicht habe verlieren lassen… eine negative und nervige Erfahrung. Manchmal sind kulturelle Unterschiede nicht ganz nachzuvollziehen. Im Sinne von: Lieber die Gäste alleine auf den Hotelzimmern sitzen lassen, da man selbst keine Zeit hat, als sie von einer ihnen bekannten Person herumführen lassen. Oh Mann… (Leserin Lina)
4. Privatsphäre zwischen den Kulturen
Woran ich mich in China erst gewöhnen musste, war der andere Umgang mit Informationen, die hierzulande oft als privat gelten. So wurde ich teilweise von Menschen, die ich gerade erst kennen gelernt hatte, nach meinem Gehalt und der Höhe meiner Miete gefragt. Bei den ersten Malen bin ich danach eher auf Abstand gegangen, habe aber dann im Laufe der Zeit feststellen müssen, dass das gar nicht so unüblich ist. Deswegen gilt, nachfragen (am besten bei chinesischen Bekannten) und für andere Gewohnheiten offen sein. (Leser Hank)
5. Sprachsalat II: Sprichwörter mit Pro und Contra
In China habe ich immer versucht, einen guten Eindruck mit anspruchsvollen Sprichwörtern und Redewendungen zu machen. Das hat nicht immer funktioniert – was dann ziemlich peinlich war. (Leser Ron)
6. Körperliche Nähe
Ich habe in Deutschland meinen neuen Chef zum Abschied umarmt – das war nicht so gut, was ich später erfahren habe. Ich glaube, es ist ein großer Unterschied in verschiedenen Ländern. (Leserin CAndice)
Neu! Kulturunterschiede im Deutsch-chinesischen Knigge
Wie lässt sich besser mit Kulturunterschieden umgehen?
Die Kapitel im neuen China-Knigge liefern Ihnen:
- Deutsch-chinesische Kulturunterschiede aktuell
- Erfahrungen für das interkulturelle Management
- Tipps für Geschäftsessen, Verhandlungen etc.
7. Geschenke
Puh, Fettnäpfchen. Das ist eine schwierige Nummer. Einen Überblick hab ich nicht, es gibt so viel zu beachten. Vor allem beim Verschenken. Das kann ggf. zu Problemen führen. (Leser AndreXX)
8. Absprachen am Arbeitsplatz
Und jeden Tag wieder auf ein Neues: Konflikte im Büro. Teile mir den Arbeitsplatz/das Büro mit einer Chinesin. In der Regel haben wir feste Arbeitszeiten. Des Öfteren kommt meine Kollegin aber einfach nicht, sagt aber auch nicht Bescheid. Dann kommt sie plötzlich, klopft nicht an, sagt nie Bescheid. Ist sie krank, hat sie Termine, andere Gründe? Ich finde das Verhalten sehr merkwürdig, da wir eigentlich auch befreundet sind. Dann meldet sie sich generell ein paar Tage nicht. Mich nervt und verwirrt das sehr. Auf der Arbeit kommt das vermutlich auch nur bedingt gut an, weil KollegInnen manchmal nach ihr Fragen und ich dazu dann nix konkretes sagen kann. “Keine Ahnung.” ist nicht meine Lieblingsantwort, muss ich nun aber des Öfteren sagen. Welcher kulturelle Unterschied dahinter steht, weiß ich nicht. Ist mir auch egal. Es nervt und begreifs nicht! (Leserin Sandra)
9. Liebesbeziehungen interkulturell
Als ich vor einigen Jahren zum Studium in China war, hatte ich auch eine chinesische Freundin (Klischee, Klischee…). Später musste ich zurück nach Deutschland, und wir haben uns getrennt. Dann habe ich gemerkt, dass sie schon weit in die Zukunft mit mir geplant hatte. Sie sagte, ich hätte ja auch schon ihre Eltern kennengelernt. Vielleicht war das auch etwas kulturbedingt… Mir tat das dann natürlich ziemlich leid. (Leser Sascha K.)
10. Rechnung bezahlen
In Deutschland ist das Bezahlen im Restaurant immer getrennt, in China würden wir das nicht machen. Wir zahlen zusammen. Später können wir vielleicht das Geld gegenseitig wiedergeben. (Leserin Linsay)
Haben Sie weitere Ideen? Wir freuen uns über Vorschläge und Kommentare von Ihnen!
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B.Rolfes meint
Im Geschäftsleben ist Zeitmanagement sicher ein bedeutender Faktor der Interkulturalität. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Erst kennenlernen, dann Verträge besprechen? Gleichzeitig essen und arbeiten? Erst das eine, dann das andere? Da gibt es von Land zu Land doch erhebliche Unterschiede.
_kathy_ meint
meine top 3 der einladungen in fettnäpfchen: 3. small talk (wie viel, wie wenig? welche themen?), 2. geschäftsverhandlungen (wann? mit wem? wie aufbauen?) 1. persönliche beziehungen (wie beginnen? was beachten? wie stärken?) das ist alles schon in einer einzelnen kultur schwer, interkulturell kaum zu meistern, es sei denn, man ist lange abroad! kathy