Trotz der Globalisierung, insbesondere des Handels im Rahmen des E-Commerce, gibt es gravierende Unterschiede im Umgang mit Geld zwischen verschiedenen Kulturen. Als Extremen gelten der deutschen und schweizerischen Pfennigfuchser sowie die konsumgesteuerte US-amerikanische Bevölkerung mit nur geringfügigen Ersparnissen. Dazwischen gibt es viele Nuancen bezüglich privater Sparquoten, den Einstellungen zu Konsumkrediten und bevorzugten Anlageformen.
Studie belegt die kulturellen Ursachen für den Umgang mit Geld
Zuwanderer zeigen Sparverhalten, das sich über mehrere Generationen erstreckt. Das hat eine britische Studie ergeben, die ältere, gegenteilige Ergebnisse aus Kanada mit einer weniger umfassenden Datenlage widerlegen konnte.
Persönliche Ersparnisse fördern den individuellen Wohlstand, aber auch die lokale und globale Wirtschaft. Es besteht also ein anhaltendes Interesse daran, herauszufinden, warum und wie Menschen sparen. Wir wissen, dass die Demografie eine Rolle spielt, ebenso wie Unterschiede bei Einkommen, Steuern und Immobilienpreisen.
Sparraten sind kulturell beeinflusst
Neue Forschungsergebnisse weisen auf einen weiteren Faktor hin: Kultur. Wenn Migranten in ein neues Land ziehen, hinterlassen sie die Wirtschaft und Institutionen, die normalerweise die Spargewohnheiten beeinflussen. Aber kulturelle Überzeugungen verschwinden nicht, nur weil jemand umzieht. Beeinflusst das die Spargewohnheiten?
Ja, laut einer Studie von Joan Costa-Font und Berkay Ozcan von der London School of Economics und Paola Giuliano von UCLA Anderson. Ihre 2018 in PLoS ONE veröffentlichte Studie verwendet Daten aus der Umfrage „Understanding Society“, einer Längsschnittstudie von 40.000 Haushalten im Vereinigten Königreich, einem der größten und vielfältigsten Einwanderungsländer der Welt.
Studie befragt Menschen über drei Generationen
Costa-Font, Giuliano und Ozcan konnten eine viel größere Einwandererbevölkerung untersuchen, die anhand bestimmter Herkunftsorte im Vergleich zu weiten geografischen Regionen identifiziert wurde. Die britischen Daten decken auch drei Generationen ab, wodurch eine Art natürliches Experiment erstellt wird, um festzustellen, ob kulturelle Überzeugungen vom Großelternteil zum Elternteil zum Kind übertragen werden. Und da alle drei Generationen in Großbritannien im gleichen allgemeinen wirtschaftlichen und institutionellen Umfeld lebten, könnten kulturelle Einflüsse leichter isoliert werden.
Um diese kulturellen Auswirkungen zu erzielen, bewerteten die Autoren drei Sparmaßnahmen: Gesamtbetrag der monatlichen Einsparungen; Sparneigung (bewertet mit „Ja“ oder „Nein“); und wie viel das persönliche Vermögen im Laufe der Zeit zunimmt (oder nicht). Als Stellvertreter für die Kultur verwendeten sie ein Maß dafür, wie die Sparquoten das BIP im Heimatland des Einzelnen übersteigen. „Wir führen den in unseren Daten gefundenen Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Einwanderern und der Sparquote im Herkunftsland auf Unterschiede in den kulturellen Überzeugungen zwischen den Einwanderergruppen zurück“, schreiben die Autoren.
Die Autoren stellten fest, dass Migranten aus Kulturen mit hohen Sparquoten in Großbritannien tendenziell einmal proportional mehr sparen, was besonders für Einwanderer der ersten und zweiten Generation stark ist, aber auch in der dritten Generation vorhanden ist. Unter den Ländern mit hohen Sparquoten: China und Irland. Am unteren Ende: Pakistan und Uganda.
Die volkswirtschaftlichen Sparquoten im Ländervergleich
Ein Blick auf diese Quoten ist nicht nur im Zusammenhang mit dieser Studie interessant. Die volkswirtschaftliche Sparquote setzt die Ersparnisse aller Wirtschaftssubjekte, private Spareinlagen sowie der Ersparnisse der Unternehmen und des Staates ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. 2015 sag es so aus: China ist hier mit 47,40 % Sparquote auf dem dritten Platz, während in Deutschland nur 27,30 % gespart werden, was für Platz 33 ausreicht.
Auf den letzten Plätzen sind vor allem afrikanische Länder zu finden, deren negative Sparquote anzeigt, dass sie regelmäßig mehr Geld ausgeben, als sie überhaupt erwirtschaften. Das Volksvermögen schrumpft also. Die USA liegen abgeschlagen auf Platz 96. Sparen ist für sie kein großes Thema, die Sparquote beträgt nur 18,20 %.
Sparen oder Geld ausgeben – eine Frage der Einstellung und der Banken
Wohin die großzügige Vergabe von Krediten führen kann, ist an den USA deutlich zu sehen. Das Land hat es nicht geschafft, nach der letzten Krise wieder auf die Beine zu kommen und die Schuldenrate zu senken. Im Gegenteil gibt es zahlreiche Tricks, immer wieder neues Geld aufzunehmen, zum Beispiel das eigene Haus bei steigenden Immobilienpreisen immer wieder zu beleihen.
In Deutschland sind die Banken etwas strenger mit der Vergabe von Krediten, zu streng, wie mancher Verbraucher findet. Eine Studie des Kreditportals smava hat kürzlich in einer Umfrage die häufigsten Verwendungszwecke herausgefunden. Hier spiegelt sich die Kultur der Häuslebauer wieder: Der Immobilienkauf (35,7 %) lag mit Abstand auf Platz 1. Die Finanzierung von Konsumgütern (23,9 %) und Anschaffungen für Haus und Garten (18,2 %) folgten auf den Plätzen 2 und 3.
Auch in China steigen die Schulden
Selbst im eigentlich eher sparfreudigen China verschulden sich immer mehr Haushalte. Gerade die jungen Menschen wollen sich lieber etwas gönnen, anstatt zu sparen. Sie haben keine Sorgen wegen der Zukunft, sondern leben im Moment. Bei ihren Eltern und Großeltern wäre das undenkbar gewesen.
Die Summen der nicht beglichenen Außenstände von Kreditkartenzahlungen steigen immer weiter an, die Sparquote ist auf 12,3 % gesunken. Viele junge Menschen legen gar nichts mehr zurück und nehmen teilweise sogar neue Kredite auf, um alte abzubezahlen. Die vielfältigen Möglichkeiten des Online-Handels und die einfachen Wege, online bezahlen zu können, leisten dieser Entwicklung Vorschub. Es bleibt zu hoffen, dass China beim Thema Schulden nicht versucht, den USA den Rang abzulaufen.
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