Im Jahr 2006 ging Peter Tichauer als Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins ChinaContact nach Peking, um die Entwicklungen vor Ort hautnah mitzuerleben. In seinem Buch mit dem Titel Perspektivenwechsel veröffentlicht er Gespräche mit Managern in China von 2010 bis 2015. Die ICC-Redaktion veröffentlicht einen Auszug und rezensiert das Buch für seine Leser.
Er habe keine Glaskugel und sei auch kein Trendforscher, meint der Manager auf die Frage, ob sich das Gravitationszentrum der technologischen Entwicklung nach Asien und da insbesondere nach China verlagere. Er glaubt aber, dass Europa und vor allem Deutschland von China durchaus etwas lernen können. Die Konsequenz, mit der China bestimmte Fragen angeht, beeindruckt ihn. Der Unterschied sei, dass die »Asiaten an ihren Zielen langfristig festhalten« und nicht wie in Deutschland »heute Diesel als umweltfreundlich loben und am nächsten Tag wegen Dieselpartikeln als gesundheitsschädlich verdammen«. Ähnlich wankelmütig sei die deutsche Position bei Elektroantrieben.
In China werden dagegen Ziele formuliert und es werde langfristig an ihnen festgehalten. Laut Walker ist das auch ein wesentlicher Grund dafür, dass das Land die Herausforderungen der Finanzkrise besser gemeistert hat als Europa. Argumente, dies sei nur dank massiver Subventionen durch den Staat gelungen, lässt er nicht gelten. Europas Konjunkturprogramme hätten in der Summe ein größeres Volumen als das chinesische Programm. »Die europäischen Subventionen verpuffen aber teilweise, während die chinesischen massiv und wirksam eingesetzt werden.« Als Schwabe weiß Ulrich Walker, dass in »guten Zeiten für die Not gespart werden muss«. Die Chinesen hätten das gemacht. Es sei daher besser, die Leistungen des Landes anzuerkennen, denn »wir alle profitieren davon«. Die Diskussion um Chinas Konjunkturprogramm zeigt aber auch eine andere Dimension, womit Ulrich Walker zu einem Thema kommt, das ihm als Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Handelskammer in Peking am Herzen liegt: Er will dazu beitragen, dass sich der deutsche Mittelstand noch besser in China positioniert und dadurch der deutschen Wirtschaft aus China heraus neue Impulse gegeben werden. Die Krise hat in China unter anderem auch den Prozess der Restrukturierung hin zu technologieintensiverer Produktion beschleunigt.
Gefragt ist genau das, was deutsche Ingenieurskunst ausmacht. Walker sagt, dass in Deutschland eine »neue Aufbruchsstimmung« notwendig ist, dass China positiv gesehen werden muss, aber ohne blinde Euphorie. Ihm geht es darum, dass sich die Unternehmen langfristig engagieren, mit einer bestimmten Ausdauer, die ja den deutschen Mittelstand auszeichnet. »Nach China kann man nicht geschwind mal gehen und sich dann wieder zurückziehen«, wenn sich der Erfolg nicht einstellt. Schritt für Schritt müsse das Chinageschäft aufgebaut werden, so wie die guten Mittelständler in Deutschland auch gewachsen sind und letzten Endes in der Krise überlebt haben. Und er sagt auch, wer China »nur als Cash Cow« betrachtet, wird keinen Erfolg haben. »Unser Know-how ist gefragt und wir müssen bereit sein, das mitzubringen.« (Interview Mai 2010; Ulrich Walker war 2007 bis 2013 Chairman & CEO der Daimler North east Asia Ltd.)
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