Im Juli 2010 unterzeichneten das Handelsministerium der Volksrepublik China und das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ein „Memorandum of Understanding […] über die gemeinsame Unterstützung zur Errichtung eines chinesisch-deutschen Ökoparks“. Ein Jahr später, am 6. Dezember 2011 fand die Grundsteinlegungszeremonie des Ökoparks in der sogenannten „Qingdao Economic and Technological Development Zone“ statt. Wie sieht das Projekt „Deutsch-Chinesischer Ökopark“ heute aus?
Die Deutschen in der Provinz Shandong
Die in der nordchinesischen Provinz Shandong gelegene Hafenstadt Qingdao ist bei uns wohl vor allem für ihr Bier und ihre deutsche Kolonialvergangenheit bekannt. Noch heute schmiegen sich in der Stadt zweistöckige deutsche Gutshäuser und chinesische Stahlgiganten aneinander und formen, zusammen mit dem Ufer des gelben Meeres, ein Stadtbild von einmaligem Wiedererkennungswert. Nirgendwo in China ist Deutschland je präsenter gewesen. Und auch wenn die deutschen Kolonialherren von damals wohl kaum die beste Grundlage für eine gleichberechtigte chinesisch-deutsche Kooperation gelegt haben dürften, so scheint sich das Image der Deutschen doch sehr gut von der Geschichte erholt zu haben: Die vermeintliche deutsche Strenge und Seriosität scheinen zumindest als äußerst erstrebenswerte Tugenden wahrgenommen zu werden, deutsche Kultur und Sprache beschäftigen hier Klubs und Stammtische. Es ist wohl ein geeigneter Ort für die Errichtung des ersten „deutsch-chinesischen Ökoparks“, der sich auf einer 11,6 km² großen Projektfläche erstreckt.
Das Passivhaus (China) und das Wohnviertel „Frei“
Der deutsch-chinesische Ökopark ist ein Pilotprojekt für den Bau einer ökologischen Smart-City. Hierbei vertraut man auf den Wissens- und Technologietransfer zwischen China und Deutschland und verfolgt zudem das Ziel, den Handel der beiden Nationen zu fördern. Die Sino-German Ecopark United Group ist nach eigener Bezeichnung eine staatliche Gesellschaft, deren Betriebsaktivitäten sich am Markt ausrichten („zhengfu daoyin, shichanghua yunzuo“ 政府导引、市场化运作), seit dem 5. Mai 2015 ist die Unternehmensgruppe als erstes chinesisches Staatsunternehmen an der Frankfurter Aktienbörse gelistet. Unter der Sino-German Ecopark United Group vereinen sich neben einer Aktiengesellschaft, einer deutschen Tochtergesellschaft mit Sitz in München und einem Joint Venture, derzeit zehn chinesische Tochtergesellschaften, die sich jeweils mit der Umsetzung eigener Teilprojekte beschäftigen.
Eines dieser Projekte ist etwa das Passivhaus (China). Nach dem Vorbild bereits bestehender Passivhäuser in Deutschland (Das erste anerkannte Passivhaus entstand 1991 in Darmstadt), entsteht hier in enger deutsch-chinesischer Zusammenarbeit auf dem Gelände des Deutsch-Chinesischen Ökoparks derzeit ein solches Niedrigenergiegebäude, dessen Wärmedämmung so gut funktioniert, dass es keine Heizung benötigt. Auch der Bau des Wohnviertels „Frei“ hat bereits begonnen. Hier sollen ökologische Bautechniken zum Einsatz kommen und die Energien hauptsächlich aus erneuerbaren Quellen stammen, wie etwa aus Solarenergie, Erdwärme sowie Erdgas. Auch eine Grundschule wurde bereits auf dem Gelände eröffnet. Zudem gibt es Sportanlagen, etwa ein Basketball und ein Fußballplatz.
Beliebtheit deutscher Produkte in China
Die Sino-German Ecopark Industrial Development, Ltd. kümmert sich derweil um die wachsende chinesische Nachfrage nach Produkten mit dem Gütesiegel „Made in Germany“. Daneben sind „Öko“ (shengtai 生态) und „Bio“ (youji 有机) mittlerweile Schlagworte, die auch im Chinesischen gut klingen, insbesondere da angesichts einer zunehmenden Umweltbelastung und kontaminierter Nahrungsmittel die Wertschätzung für gesunde Lebensmittel und das Verlangen nach Orientierungshilfen wie Gütesiegeln groß sind. Im Einkaufsladen „Ökobuy“ auf dem Parkgelände sowie in einem Onlineshop werden daher vor allem deutsche (aber auch koreanische) Importprodukte wie Wein und Bier, Kaffee, Nahrungsmittel, Kosmetik- und Babyprodukte sowie Kochgeschirr verkauft. Im „Ökoffee“ nebenan kann man vor roten Kacheln auf einem Sofa sitzend seinen Kaffee trinken und in Romanen schmökern.
Im Januar 2016 wurde auf dem Gelände des Deutsch-Chinesischen Ökoparks das German Centre Qingdao eröffnet. Dieses Unternehmenszentrum soll eine umfangreiche Unterstützungsplattform für deutsche Unternehmen in China darstellen und die Geschäftstätigkeiten zwischen Deutschland und China fördern, so wie es schon seit einiger Zeit die Aufgabe der German Centres in den chinesischen Städten Shanghai, Peking und Taicang ist. Während man in ganz China vom „Chinesischen Traum“ (Zhongguo meng 中国梦) spricht, beschwört man in der Qingdao Economic and Technological Development Zone gar den „Deutsch-Chinesischen Traum“ (Zhongde meng 中德梦). Noch arbeiten im Qingdaoer Ökopark allerdings nur vier deutsche Mitarbeiter – mit über zweihundert chinesischen Kollegen. In den deutschen Medien findet man bisher kaum Informationen über das Projekt. Es bleibt also noch abzuwarten, wie sich die deutsch-chinesische Kooperation bei der Umsetzung dieses Pilotprojektes in den nächsten Jahren entwickeln wird.
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Volker Mueller meint
Es muss nicht Beijing oder Shanghai sein!
Inzwischen gibt es dutzende Standorte in China, die preislich guenstiger sind, verkehrsmaessig hervorragend erschlossen sind und eine bessere Lebensqualitaet bieten.
Das sehen inzwischen auch viele Chinesen so, und in Staedten wie Qingdao ist es kein Problem mehr, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
Wenn sich ein KMU noch nicht sicher ist, ob und wie es in den chinesischen Markt einsteigen soll, waere eine Moeglichkeit (von vielen vielen anderen) erst einmal in der Provinz Shandong den Markt „anzutesten“. 100 Millionen Einwohner hat die Provinz, mit einem Einkommensniveau ueber dem Durchschnitt Chinas.
Ein Ansatz, der in China haeufig verfolgt wird, etwas Neues erst einmal in kleinem Rahmen ausprobieren, mit geringem Risiko. Wenn es sich bewaehrt, kann man gross einsteigen. Eine Methode, die auch fuer deutsche KMU ueberlegenswert ist.