Was zieht Chinesen nach Deutschland? Wie empfinden sie das Leben in der neuen Heimat? Das ICC-Portal hat sich für diese Blog-Reihe mit Chinesen unterhalten, die schon einige Jahre in Deutschland verbracht haben. Im ersten Teil berichtet die strategische Einkäuferin Li Meng über ihre persönliche Deutschland-Geschichte…
Warum sie angefangen hat, Deutsch zu studieren? Das hatte ihr damals ihre Mutter empfohlen. Für ihr BA-Studium in der Riesenmetropole Chongqing verließ Li Meng dann die Provinz Hubei, wo sie aufwuchs und zur Schule ging. Zum ersten Mal nach Deutschland kam sie im Jahr 2004. Geplant war ein einjähriges Sprachstudium an der Universität Osnabrück, Meng hängte ein Semester Logistik dran, weil sie sich dafür schon immer interessiert hatte und ihre beruflichen Chancen über die reinen Sprachkenntnisse hinaus verbessern wollte. Dieser Plan sollte aufgehen.
Nach dem Bachelor nach China, für den Master zurück nach Deutschland
Zurück in China angekommen, fand Li Meng eine Anstellung bei der do logistics Consulting GmbH, die ein Spin-Off des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik ist. Als Juniorberaterin konnte sie dort wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Projekten sammeln, arbeitete in Chengdu und Shanghai. Doch Meng zog es zurück nach Deutschland. Ihr schwebte ein Master Logistik vor, doch fehlte ihr dafür eigentlich der passende Bachelor. Sie erhielt einige Absagen, ließ sich aber nicht entmutigen. Durch ihre zwei Jahre Arbeitserfahrung und einige Überzeugungsarbeit schaffte sie es in ein Interview für den Master Logistik an der FH Münster. Dort setzte sie sich auch durch und startete im Sommer 2008 ihr Studium. Eine respektable Leistung, oder? Li Meng wiegelt ab: „Da habe ich einfach nur Glück gehabt. Es war aber gut, dass ich nicht sofort aufgegeben hatte.“
Master Logistik und eine Stelle als strategische Einkäuferin
Innerhalb der Regelstudienzeit schloss Li Meng ihr Studium im Jahr 2010 ab. Sie suchte einige Wochen nach einem passenden Jobangebot und punktete wieder im Bewerbungsgespräch. Anfang 2011 begann sie als strategische Einkäuferin in der Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH. Dort ist sie heute unter anderem für das Materialgruppenmanagement zuständig. Im letzten Jahr war sie mehrere Monate in China, wo sie Messen organisierte und Know-how aus Schulung in Deutschland an die chinesischen Mitarbeiter vor Ort weitergab: „Es hat mir viel Spaß gemacht, mein Wissen aus Deutschland sinnvoll zu nutzen. Im Kontakt mit den Lieferanten habe ich außerdem viel gelernt, Dinge, die man nicht im Studium erfährt. Auch schön war es natürlich, dass ich zwischendurch meine Familie besuchen konnte.“ Mittlerweile arbeitet Li Meng durchgehend in Deutschland. Es gefällt ihr hier sehr gut, obwohl es zwischendurch nicht leicht war, sich einzuleben und umzugewöhnen.
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Herausforderungen in Deutschland: „Am Anfang war es kalt und einsam“
„Die erste Zeit in Deutschland war schon eine Herausforderung. Die Sprache ist doch ziemlich schwer, die Art, sich auszudrücken, der Humor – alles ist ganz anders als in China. Dann war es auch noch früh dunkel und kalt.“ Mit dem Essen in Deutschland – ein klassischer Kritikpunkt unter Chinesen – hat sich Li Meng mittlerweile angefreundet, das Wetter ist kein Problem mehr. Meng wohnt jetzt in Offenbach bei Frankfurt. Dort gefällt es ihr gut, Münster vermisst sie trotzdem zwischendurch. In ihrer Firma schätzt sie die Arbeitsatmosphäre und das internationale Team, die letzten zweieinhalb Jahre im Job beschreibt sie als die lehrreichsten ihrer Karriere.
Zukunft in Deutschland? China? Ein Land punktet auf der Straße
Viele Chinesen gehen nach dem Studium oder zwei, drei Jahren anschließender Arbeit zurück nach China. Li Meng hat es hingegen nicht so eilig, Deutschland zu verlassen. Vermisst sie denn nichts aus der Heimat? „Dann doch das Essen! Und dass es dort mehr Möglichkeiten gibt, sich zu vergnügen! Karaoke, Indoor-Freizeitparks… Aber in Frankfurt ist das auch nicht schlecht. In China gehen die Älteren abends einfach noch vor die Tür oder in den Park, tanzen oder üben Tai-Chi. Das mag ich gerne.“ Und was hat Deutschland zu bieten? „Ich finde das durchschnittliche Ausbildungsniveau hier enorm. Mir gefallen die Genauigkeit bei der Arbeit, die Sachlichkeit in Diskussionen. In China geht es mehr darum, das Gesicht zu wahren, das kann anstrengend sein.“ Daneben schätzt Meng die Freizeitmöglichkeiten im Grünen, die Ausflüge in die Natur. Ein weiterer Pluspunkt sei die tolle Infrastruktur. Wir fragen nach einem Beispiel, die Logistikexpertin antwortet mit einem Strahlen im Gesicht: „Selbst die Bordsteine sind hier perfekt geplant!“
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