Dass China sich von zweistelligen Wachstumsraten verabschieden musste, ist mittlerweile bekannt. Doch trotz vieler Unkenrufe, wie schlecht die Lage im Reich der Mitte aussehe, hat die chinesische Wirtschaft die Prognosen für 2017 vermutlich geringfügig übertroffen. Was lässt sich vor diesem Hintergrund für das Jahr 2018 voraussagen? Wie schauen inländische und internationale Experten auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas?
Ende 2016 wurde ein Wachstums des chinesischen Bruttoinlandsproduktes in 2017 von 6,5 Prozent vorausgesehen. Sowohl die regierungsnahe Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften (CASS) als auch die OECD gingen von einem Wert in diesem Bereich aus, die OECD war dabei mit 6,4 etwas zurückhaltender. Wie die Weltbank Mitte Dezember 2017 bekannt gab, erreicht die chinesische Wirtschaft jedoch voraussichtlich ein Wachstum von 6,8 Prozent in 2017. Als Motoren führte die Entwicklungsbank vor allem den privaten Konsum und den starken Außenhandel an. Wie aber sehen die Prognosen für das anstehende Jahr 2018 aus?
Chinas Wirtschaft 2018: Nachhaltigkeit, Langfristigkeit und relatives Wachstum
China hat sich von seinem Superwachstum auch politisch längst verabschiedet. Nach der intensiven Industrialisierungsphase, die besonders stark auf Exporte und Investitionen setzte, will Peking nun ein moderates Wachstum beibehalten, das stärker für Nachhaltigkeit und Langfristigkeit steht. Bis 2030 will das Land seine Neuausrichtung auf den inländischen Konsum und wirtschaftliche Innovation abgeschlossen haben. Neben einem stärkeren Umweltschutz spielt in den wirtschaftspolitischen Plänen unter anderem soziale Gerechtigkeit eine große Rolle. Beispielsweise will man der Bevölkerung überregional eine gute Schul- und Berufsbildung sowie bezahlbaren Wohnraum bieten.
Während viele westliche Medien nach wie vor den Wachstumsrekorden in China nachtrauern, zeigt sich die Politik im Land immer häufiger stolz auf die relativen Wachstumszuwächse. Selbst bei einem leichten Wachstumsrückgang bis 2020 ließen sich noch zwei zentrale Meilensteine der Regierung erreichen. Zum einen wird als Ziel genannt, das BIP von 2010 bis 2020 verdoppeln zu wollen. Zum anderen gab die chinesische Regierung vor fünf Jahren bekannt, dass das Pro-Kopf-Einkommen in China von 2010 bis 2020 ebenfalls um 100% steigen soll.
In Bezug auf tatsächliche Wachstumszahlen ist die chinesische Regierung ohnehin vorsichtiger geworden. Für das ablaufende Jahr 2017 wurden nur noch 6,5 Prozent angepeilt, die mit großer Sicherheit übertroffen werden. Zuletzt erklärte Peking, dass mit einem jährlichen Wachstum von 6,3 Prozent in den Jahren 2018 bis 2020 nichtsdestotrotz die erwähnten Verdopplungen erreicht würden. Die Weltbank prognostizierte im Dezember 2017 ein BIP-Wachstum von 6,4 Prozent für 2018, der internationale Währungsfond von 6,5 Prozent.
Beeindruckende Zahlen und verbleibende Problemzonen in China
China hat mit seinem Umdenken wahrscheinlich gerade rechtzeitig die Überhitzung der eigenen Wirtschaft verhindern können. Auch die aktuellen Wachstumszahlen wären noch für viele entwickelte Industrienationen ein Traum. Zugleich steht das Reich der Mitte vor hausgemachten und internationalen Herausforderungen. China hat jüngst wieder von der Erholung des globalen Handels profitiert. Doch der wachsende America-First-Druck im Handelssektor dürfte in nächster Zeit ebenso chinesische Akteure erheblich einschränken. Darüber hinaus kämpfen chinesische Exporteure mit verschiedenen Strafzöllen – zum Beispiel auf die Stahleinfuhr nach Europa.
Im eigenen Land muss die chinesische Regierung weiterhin mit der Kluft zwischen Arm und Reich sowie Stadt und Land umgehen. Auch der Immobilienmarkt Chinas bleibt ein Sorgenkind – die Regierung pendelte in diesem Jahr zwischen Anreizen und Restriktionen, die für weitere Unsicherheiten sorgten. Die gesamtwirtschaftlichen Stützungsmaßnahmen aus Peking, die im Jahresverlauf 2017 über manche Flaute hinweghalfen, dürfen zudem eines nicht vergessen machen. Auf Chinas künftiger Wirtschaft lastet eine hohe Staatsverschuldung, die weiter anwächst. Insbesondere westliche Beobachter sagen deshalb seit Jahren einen Zusammenbruch der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt voraus. Bisher ist dieses Szenario indes offenkundig noch nicht eingetreten.
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Silvio H. meint
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