Im Reich der Mitte liebt man den Fußball. Das belegen nicht nur die Zuschauerzahlen der Pay TV-Sender. So sahen beispielsweise geschätzte 100 Millionen Chinesen das Finale der WM 2014, obwohl es um drei Uhr morgens Ortszeit angepfiffen wurde. Auch die immensen Summen, die Chinesen mittlerweile für Spieler aus dem Ausland ausgeben, untermauern dies. Wir fassen den aktuellen Hype und Kaufrausch in China zusammen.
Der FC Bayern München war unlängst wieder auf China-Promo-Tournee und startete letztes Jahr sogar eine eigene chinesische Internetpräsenz, was die Wertschätzung und den Stellenwert Chinas für den erfolgreichsten deutschen Fußballclub deutlich macht. Darüber hinaus existiert auch für andere deutsche Vereine ein nicht zu verachtender Absatzmarkt für Merchandising-Artikel in China. Schon heute macht die Deutsche Fußball Liga 20% ihres Auslandsumsatzes in Asien, Tendenz steigend.
Große Pläne aus der Politik und Realität in der Nationalmannschaft
So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass sich in China reiche Geschäftsleute – dem Vorbild von Abramowitsch und Co anschließend – große Vereine kaufen, um diese durch Finanzspritzen und daran angeschlossene Spielertransfers zu stärken und damit die Chinese Super League 中超联赛 aufzumischen. Gleichzeitig wird auf diese Weise versucht, den heimischen Fußball aufzuwerten und weltweit konkurrenzfähig zu machen. China will seine globale Position auch hier stärken, was Staatschef Xi Jinping, welcher keine Gelegenheit auslässt, sich Bälle tretend ablichten zu lassen, im vergangenen Jahr u.a. mit der Forderung nach einer Fußball-WM in China untermauerte.
Die Qualifikation für eine Fußball-WM und als summum bonum den WM-Titel zu holen, ist zwar noch in weiter Ferne. Nichtsdestotrotz ist es Bestandteil des „umfassenden Plans der Reform und Entwicklung des chinesischen Fußballs“. Gleichsam besteht gerade bei der Nationalmannschaft in China Nachholbedarf. FIFA-Rang 96 und sportliche Misserfolge trüben das Selbstbild der Chinesen. Um sich das nötige Know-how anzueignen, hospitieren chinesische Trainer an deutschen Fußballschulen und in Qingdao soll eine Fußball-Akademie des DFB entstehen.
Nachwuchsförderung im eigenen Land und Kauf internationaler Top-Spieler
Auch was die Förderung des Nachwuchses angeht, will sich China als Land der Superlative etablieren. Die Fußballschule des amtierenden chinesischen Meisters Guangzhou Evergrande gilt mit ihren 3,000 Schülern schon heute als größte Fußballschule der Welt. Der sinkenden Zahl von Jugendspielern soll mit gigantischen Investitionen und dem Bau von 20.000 Fußball-Internaten entgegengewirkt werden. Das sich die Chinese Super League tatsächlich als Superliga verstanden wissen will, zeigt die kürzlich beendete Transferperiode ganz deutlich. In der vergangenen Wintertransferperiode haben Vereine der ersten chinesischen Liga über 300 Millionen Euro an Ablösegeldern bezahlt, was sogar die verschwendungssüchtige englische Premierleague mit ca. 255 Millionen Euro übertrifft. Und selbst die China League One, die zweite chinesische Liga, hat etwa 200 Millionen Euro ausgegeben, was mehr ist, als alle Vereine der Bundesliga zusammen.
So wundert es auch nicht, dass Rekordablösesumme über Rekordablösesumme gezahlt wurde und namhafte Stars wie Elkeson, Ramires, Alex Teixeira oder Jackson Martínez nach China wechselten. Für satte 42 Millionen Euro wechselte Letzterer von Atlético Madrid zu Guangzhou Evergrande. Für Teixeira zahlte der Verein Jiangsu Suning jüngst sogar 50 Millionen Euro an Schachtjor Donezk – der teuerste Spieler der Ligageschichte. Eine Summe, die selbst die von Liverpool gebotenen 32 Millionen Euro locker ausstachen. Dass sich die chinesische Fußballliga nicht mehr als „Gnadenbrotliga“ für alternde internationale Stars verstanden wissen will, zeigt ebenfalls das Alter der Neuverpflichtungen. Während früher namhafte Spieler wie Didier Drogba bereits über 30 Jahre alt waren, als sie nach China wechselten, sind Teixeira und Co mit ihren 26 respektive 28 Jahren im besten Fußballeralter.
Interesse an deutschen Stars und Ausblick
Auch an Spielern deutscher Vereine besteht reges Interesse. So hat beispielsweise Borussia Dortmund Anfang Februar ein Angebot über 12 Millionen Euro für Adrian Ramos von Beijing Guoan abgelehnt. Was finanzstarke chinesische Clubs für den deutschen Fußball bedeuten und welche Auswirkungen sie auf die europäischen Ligen haben, wird die Zukunft zeigen. Doch schon jetzt lässt sich antizipieren, dass sie einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Transferpreise haben werden.
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