Das Stuttgarter Start-up „Peakboard“ hat für seine Wachstumspläne den Blick nach China gerichtet: Firmengründung, Logistik und Kommunikation – die Liste der Herausforderungen für das junge Unternehmen, das Visualisierungslösungen für industrielle Anwendungsbereiche entwickelt, ist dabei lang. CTO Patrick Theobald zeigt in diesem Artikel, wie er mit seinem Unternehmen die Firma in Hongkong gegründet hat und welche Schritte dafür notwendig waren.
Nach unseren ersten vier Wochen im Rahmen des DC-Hub-Projektes und den Erfolgen, die wir damit hatten, war für uns klar, dass wir den nächsten Schritt gehen müssen: Start-Ups, die ihre ersten Gehversuche im Ausland unternehmen, brauchen sehr schnell eine ordentliche Adresse auf dem Briefkopf. Und die sollte zumindest in der Nähe der jeweiligen Region liegen, in der man etwas an Kunden verkaufen will. Ein asiatischer Kunde macht eben lieber Geschäfte mit einer Firma in Asien, idealerweise sogar in seinem Land. Das hat mentale oder kulturelle Ursachen, aber auch ganz einfach praktische Gründe im rechtlichen Bereich oder beim Geldtransfer. Und mal ehrlich: Das geht uns nicht anders. Ich fühle mich auch wohler, einen Auftrag an eine deutsche GmbH zu geben als an eine Firma auf der anderen Seite des Erdballs.
Gute Gründe für den Standort Hongkong
Bei einer Firmengründung auf asiatischem Boden sprechen sehr viele Gründe für den Standort Hongkong: Die Stadt ist günstig gelegen und einfach zu erreichen. Es ist Teil von China, hat aber durch die Historie mit Großbritannien ein Rechtssystem, das sehr europäisch ist und in dem man sich schnell zurechtfindet. Die Chinesen betrachten es als SAR – Special Administration Zone. Also eine Zone, in der andere Gesetze aus der kommunistischen Volksrepublik China nicht gelten. Das ist für Ausländer sehr angenehm. Außerdem ist Hongkong neben Singapur das einzige mir bekannte asiatische Land, in dem man derartige Rechtsgeschäfte in Englisch abwickeln kann. Konkret sind alle offiziellen Dokumente immer zweisprachig – traditionelles Chinesisch und Englisch.
Die typische Gesellschaftsform ist die Limited, die bis auf Details der britischen Limited entspricht. Außerdem hat Hongkong sehr angenehme Steuersätze, was ihm auch den zweifelhaften Ruf als Off-Shore-Steuerparadies eingebracht hat. Ich kann an dieser Stelle aber nur dringend davon abraten, solch eine Firmengründung zur Steuervermeidung zu betreiben. In unserem Fall ist die Besitzerin der Limited die deutsche GmbH. Damit will das deutsche Finanzamt sehr genau wissen, was dort passiert. Wenn der Verdacht entsteht, man würde Umsätze in die Limited verschieben, wird die Freude über geringe Steuersätze schnell ein jähes Ende finden. Bei uns ist der Sinn und Zweck dieser Gesellschaft, asiatische Kunden von dort aus zu betreuen, von dort Rechnungen zu schreiben und eine einfache Möglichkeit der Zahlungsabwicklung zu bieten.
Geschäftsgründung aus der Ferne
Wir haben die rechtliche Abwicklung der Gründung von einer Agentur übernehmen lassen. Davon gibt es etliche weitere in Hongkong, die das sicherlich auch gut erledigen. Es sind zwar viele Dokumente nötig, aber der komplette Gründungsprozess kann aus der Ferne stattfinden. Anders als in Deutschland braucht es keinen Notar, um die Gründung zu bezeugen. Die Kosten für die Gründung liegen irgendwo bei 1.000 bis 2.000 Euro – je nach Zusatzleistung. Über dieselbe Agentur haben wir auch eine virtuelle Geschäftsadresse bekommen, die auf dem Briefkopf steht. Wenn man später in ein echtes Büro zieht, lässt sich die Adresse dann einfach ändern. So lange es zum Start kein dauerhaftes Personal gibt, ist das eine sehr gute Übergangslösung. Das gleiche gilt fürs Telefon. An der Geschäftsadresse hängt gegen eine Gebühr eine eigene Telefonnummer, an der sich eine Mitarbeiterin meldet und fließend Englisch und Mandarin spricht. Sie leitet Anrufe per Mail direkt an uns weiter und wir rufen dann zurück. Genauso funktioniert es mit der Post. Briefe an die Adresse werden eingescannt und ebenfalls per Mail versendet.
Die Buchhaltung der Limited machen wir komplett selbst von Deutschland aus, weil wir das bei der deutschen GmbH bereits so handhaben. Lediglich einmal im Jahr hilft uns ein lokaler Steuerberater beim Ausfüllen der Steuererklärung. Insgesamt kostet dieser Service (Telefon, Post, Adresse, Steuerberater für Jahresabschluss) rund 2000 Euro im Jahr.
Eröffnung eines Bankkontos nur vor Ort
Leider funktioniert nur die Firmengründung aus der Ferne. Das gilt nicht für die Eröffnung eines Bankkontos. Wir haben uns für die HSBC als asiatische Hausbank entschieden. Die HSBC hat sich ja bekannterweise in der Verwaltung von Drogengeld einen Namen gemacht. Wenn man allerdings ein legales Business abwickeln möchte, schauen sie sehr genau hin. Ich musste für die Kontoeröffnung persönlich vorstellig werden und anhand eines Businessplans sehr genau erklären, wie wir unser Geld verdienen und wie Zahlungsströme ablaufen. Ist das Konto aber erstmal eingerichtet, klappt alles per Online-Banking sehr komfortabel.
Rückblickend kann ich sagen, dass die Firmengründung nicht besonders kompliziert war, da die Agentur mit viel Erfahrung die Hauptarbeit erledigt hat. Abschließend möchte ich noch eine Warnung mit auf den Weg geben: Jeder sollte sich vor einer Gründung sehr genau überlegen, was die Aufgabe der zu gründenden Firma sein wird und wie der Geld- und Warentransfer zwischen der deutschen und der chinesischen Gesellschaft funktionieren soll. Es kann schnell passieren, dass solche Aktionen vom deutschen Finanzamt als Steuerhinterziehung interpretiert werden. Ansonsten kann ich nur alle Leser unbedingt zum Experimentieren ermutigen!
Über den Autor
Patrick Theobald ist CTO und Gründer des Stuttgarter Start-ups Peakboard. Das Unternehmen bietet Technologie zur Echtzeitvisualisierung von Prozessdaten, die in Produktion, Logistik, Verwaltung und am Point of Sale zum Einsatz kommt. Er lernt selbst Chinesisch, treibt die China-Expansion seines Unternehmens als führender Kopf voran, und ist dafür regelmäßig im fernen Asien unterwegs.
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