Drei Partner haben in den letzten Monaten großen Einsatz gezeigt, um chinesische Kunst in Ostwestfalen präsentieren zu können. Herausgekommen ist die faszinierende „Kunstausstellung von chinesischen modernen Künstlern“ 中国現代藝術家作品展 in Lemgo. Mit seinen Kooperationspartnern Galerist Detlev Müller, Nongyuan International Art Village (Chengdu) und PD International Aktiengesellschaft hat das ICC China-Portal ein Kunstwerk verlost, das live auf der Vernissage entstanden ist. Ein Rückblick mit Interviews.
Wir bedanken uns für die zahlreiche Teilnahme an der Verlosung! Die Gewinnerin wird heute, 19.11.2015, per E-Mail über ihr Glück informiert.
Interview mit Prof. Dr. Gerd Schwandner
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schwandner, Sie haben als ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg und Kunstkenner bei der Eröffnung der Ausstellung in Lemgo über chinesische Kunst gesprochen. Was hat Sie dazu veranlasst?
Nun, das ist ganz einfach zu erklären. Ich bin vom Vorstand von PD International gefragt worden. Frau ZUO Wei hat ja für mich, in meiner Zeit als Oberbürgermeister in Oldenburg, das China-Büro der Stadt aufgebaut und geleitet und sie kannte deswegen auch meine Begeisterung für zeitgenössische chinesische Kunst. Zudem finde ich es großartig, dass eine Galerie in einer, zumindest aus chinesischer Sicht, kleinen Stadt sich zutraut, so eine Ausstellung zu machen. Gratulation also an Herrn Detlev Müller und die Stadt Lemgo. Lemgo kannte ich übrigens persönlich nicht und hat mir auf Anhieb sehr, sehr gut gefallen. Das ging den chinesischen Gästen übrigens auch so!
Wie und wann kamen Sie mit zeitgenössischer chinesischer Kunst in Berührung?
Ich glaube, das war auf der Biennale in Venedig 1995. Hier gab es zum ersten Mal eine größere Anzahl chinesischer Künstler zu sehen. Diese Künstler malten in einer Weise, wie wir sie im Westen noch nicht gesehen hatten. Mit Themen, die wir zwar als chinesische wahrnahmen, aber oft mit einem Sinn von Humor und Witz, der in der westlichen Kunst nicht so häufig ist. Und dann natürlich die sehr kontroverse Ausstellung im Kunstmuseum in Bonn im Frühjahr 1996. Das war, wenn Sie so wollen, ein Doppelschlag in der Kunstwelt und hat in gewisser Weise diese Künstler innerhalb kurzer Zeit sehr prominent aber auch sehr teuer gemacht. Ich fing dann später an einige Foto- und Grafikarbeiten zu erwerben, Malerei auf Öl war da schon sehr teuer geworden. Die Ausstellung in Lemgo ergänzt übrigens sehr gut die Ausstellung „China 8“ vom Sommer dieses Jahres in anderen Städten in Nordrhein-Westfalen.
Können Sie uns noch etwas zur Bedeutung der zeitgenössischen Kunst aus China sagen?
Seit dem Ende der Neunziger Jahre gilt die zeitgenössische chinesische Kunst als eine der „Wachstumsbranchen“ in der Kunstwelt und mittlerweile ist der Kunstmarkt in China einer der größten in der Welt. Wobei der Kunstmarkt in China für 70 % des Umsatzes für chinesische Kunst steht. Im letzten Jahr (2014) wurden weltweit dabei 7 .9 Milliarden US $ umgesetzt. Deswegen schreibt die britische Wochenzeitschrift The Economist am 18. September diesen Jahres zu recht, dass „Chinese artists are still the global flavour du jour“sind. Allerdings ist es häufig so, dass manche chinesische Künstler wie AI Weiwei im Ausland bekannter sind als zu Hause und wir hier zu wenig die in China bekannten und wichtigen Künstler schätzen. Genau hier setzt die Ausstellung in Lemgo auch an. Zeigt sie doch Künstler aus einem Art Village in Chengdu, die zu Hause eine große Bekanntheit haben und deren Bilder hoch geschätzt werden (und auch entsprechend teuer sind). Die Preise für die Bilder hier in Lemgo sind aber äußerst attraktiv, das sollten die Leser auch wissen. Sehr beeindruckt hat mich auch die Zusammenarbeit mit dem „Chengdu Nongyuan International Art Village“. Hier gibt es sicher noch eine Vielzahl von weiteren Kooperationsmöglichkeiten. Deswegen hoffe ich, dass diese Ausstellung auch ein Startschuss für eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Lemgo und Chengdu sein wird.
Interview mit Galerist Detlev Müller
Sehr geehrter Herr Müller, die Bildmacher-Galerie in Lemgo und das Chengdu Nongyuan International Art Village, wie kommt das zusammen?
Wie so oft im Leben spielt der Zufall eine große Rolle. In meiner anderen Profession als Unternehmensberater arbeite ich mit der Firma PD International AG in Oldenburg zusammen. Irgendwann ineiner Mittagspause berichtete Frau Wie Zuo, Vorstand der PD International von einem Projekt bei dem PD einen chinesischen Künstler nach Deutschland geholt und in Oldenburg ausgestellt hat. Diese Botschaft konnte der Galerist in mir nicht überhören. Ein Viertel Jahr später hatte PD einen Kontakt zum Chengdu Nongyuan International Art Village hergestellt und es war klar, dass es eine gemeinsame Ausstellung geben wird.
Was war die größte Herausforderung bei dieser Ausstellung?
Abgesehen davon, dass es nicht zu einer Zusammenarbeit mit einem oder zwei Künstlern sondern 11 Künstlern kam, meine Galerie zu klein für dieses Project war und ich noch einen weiteren repräsentativen Ausstellungsstandort finden musste, konnte ich fast alle meine. Grundsätze als Galerist über den Haufen werfen. Bisher war mein Credo nur das auszustellen, was ich selbst kenne, was ich selbst auch mag und was ich selbst ausgewählt habe. Nichts davon konnte ich bei dieser Ausstellung einhalten. Ich bin kein Kenner klassischer und zeitgenössischer chinesischer Kunst und ich formuliere es einmal etwas vorsichtig, der Zugang zu dieser Kunst war für mich etwas sperrig. Der direkte Kontakt lief ausschließlich über PD International und PD war sozusagen mein Auge vor Ort. Wenn es nur nach mir gegangen wäre würde heute ein Teil der Ausstellung fehlen. Meine Empathie für die Werke, meine Wertschätzung wuchs erst in den Wochen der konkreten Vorbereitung und heute möchte ich keines der Werke in der Ausstellung missen.
Wie kam die Ausstellung bei den Besuchern an?
Das war die Frage die mich in den Wochen vor Beginn der Ausstellung am meisten bewegte. Wenn sich alle Besucher und Interessenten so schwer getan hätten wie ich vor Beginn der Ausstellung, dann wäre die Ausstellung wohl ein sehr schwieriges Projekt geworden. Aber es kam alles anders als erwartet. Bei jedem, bei dem ich anklopfte, rannte ich eigentlich offen Türen ein. Die Stadt Lemgo unterstützte mich mit einem wirklich repräsentativen Ausstellungsort – dem Haus Wippermann – eine Perle in der Innenstadt von Lemgo. Die Presse war neugierig, und demzufolge die Berichterstattung umfangreich wie nie und die Besucherzahlen mehr als doppelt so hoch wie bei „anderen“ Ausstellungen. Die Live-Aktionen während Vernissage waren ein echter Publikumserfolg, die ich am liebsten jede Woche wiederholen würde. Ich würde mich freuen wenn sich dieses Projekt fortschreiben lassen könnte.
Vielen Dank für die Interviews!
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