Von ICC-Redakteurin Mateja Mogus
Gefälschte Markenprodukte sind in China nach wie vor omnipräsent. Nachtmärkte wie der „Fake market“ an der West Nanjing Road in Shanghai ziehen Einheimische und Touristen in Scharen an. Täuschend echte Markenware zu allgemein erschwinglichen Preisen, vermeintlicher Luxus für Jedermann. Was steckt dahinter?
Der Verkauf von gefälschter Markenware kostet die Hersteller der eigentlichen Luxuswaren jedes Jahr ein Vermögen. Neben den finanziellen Einbußen des Unternehmens leidet vor allem aber eins: Der Markenwert. Einst gefälschte Ware verliert an Status und letztlich auch an Attraktivität. Doch richten wir den Blick mal auf die einflussreiche Konsumentenseite und fragen: Sind alle Käufer gleich? Lars Bergkvist, Professor für Marketing an der University of Nottingham Ningbo China, erklärt, dass es sich bei den Konsumenten eher um ein Kollektiv von untereinander inhomogenen Gruppen handelt, die sich in fünf Kategorien gliedern:
1. Die Betrogenen:
Sie sind der Meinung, echte Markenware zu kaufen doch in Wahrheit erhalten sie nur Imitationen. Diese Käufergruppe kann im Vorfeld durch Empfehlungen von Reiseführern oder geschickte Verkaufsstragie getäuscht worden sein. Auf Online-Portalen wie Taobao, Jumei oder Jingdong finden Konsumenten vermeintliche Markenware zu angemessenen Preisen und kaufen diese im Glauben an deren Echtheit. In den meisten Fällen zeichnet sich diese Gruppe durch Naivität und Leichtgläubigkeit aus. Es gab bereits auch Fälle, in denen Fälschungen durch seriöse Einzelhandelsgeschäfte verkauften worden sind. Einen Teil des Umsatzes floss dann in die Tasche der Verkäufer.
2. Die Unbekümmerten:
Diese Konsumenten geht es beim Kauf nur um die Ware selbst ungeachtet der Marke. Ein Beispiel: Ein gewöhnlicher Arbeiter mit wenig Einkommen kauft seine Klamotten an der Straße. Diesem Arbeiter ist es gleich, welches Label die Ware trägt, Hauptsache, die Klamotten erfüllen ihren eigentlichen Zweck.
3. Die Sorglosen:
Diese Gruppe von Käufern ist sich beim Erwerb eines Produktes der Markenfälschung bewusst. Meistens handelt es hierbei um Jugendliche aus der Mittelschicht, die lediglich die neusten Modetrends verfolgen möchten. Der Erwerb von Markenfälschungen führt innerhalb der Gruppe zu keinem Gesichtsverlust, da „es alle machen“.
4. Die Möchtegerne:
Für diese Personengruppe stellt es im Gegensatz zu obigen sehr wohl einen Gesichtsverlust dar, falls der Kauf von Fälschungen aufgedeckt wird. Die vermeintliche Luxusware dient als Kriterium für die soziale Besserstellung innerhalb der Gesellschaft.
5. Die Geizhälse:
Die Konsumenten innerhalb dieser Gruppe verfügen über ausreichend finanzielle Mittel um sich originale Markenware zu kaufen. Nichtsdestotrotz greifen sie aus Sparsamkeit auch mal zur Fälschung. Dieses Kaufverhalten bleibt durch das Umfeld in der Regel jedoch unbemerkt.
Die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz für den Kauf von Markenimitaten in China ist hoch. Um aus Unternehmensseite wirksam gegen diesen Handel vorzugehen, ist es wichtig, Lösungen zu formulieren, die das Kaufverhalten jeder einzelnen Konsumentengruppe berücksichtigen und diese zu Gunsten der eigentlichen Hersteller beeinflusst. Wie könnte eine mögliche Strategie aussehen? Im Fall der Betrogenen wäre eine Art Umerziehung denkbar: Unternehmen könnten die Medien oder Werbung auf öffentlicher Straße nutzen, um durch Slogans wie „Zu gut um wahr zu sein? Dann ist es wahrscheinlich auch so!“ die Sensibilität für Fälschungen zu stärken.
Letztlich ist es noch ein langer Weg bis zur Bekämpfung des Handels mit gefälschter Markenware. Eine wichtige Erkenntnis sollte jedoch berücksichtigt werden: Die Motive der Konsumenten müssen bei der Suche nach geeigneten Lösungen herangezogen werden um langfristig Erfolge verzeichnen zu können. Gesetze gegen derartigen Handel sind gut, zu Verstehen warum Konsumenten Imitationen kaufen und welche Maßnahmen am Zielführendsten sind, bilden einen Lösungsansatz, der dem Markt seinen wichtigsten Nährboden nimmt: Den Konsumenten.
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