Das Stuttgarter Start-up „Peakboard“ hat für seine Wachstumspläne den Blick nach China gerichtet: Firmengründung, Logistik und Kommunikation – die Liste der Herausforderungen für das junge Unternehmen, das Visualisierungslösungen für industrielle Anwendungsbereiche entwickelt, ist dabei lang. CTO Patrick Theobald teilt seine Erfahrungen auf dem Weg dorthin und berichtet in diesem Beitrag, wie man erfolgreich die Produktion elektronischer Geräte in China angeht.
Der überwiegende Teil der elektronischen Geräte weltweit ist „Made in China“. Und damit ist meist nicht irgendwo in China gemeint, sondern vor allem Shenzhen – der Nabel der Welt bei der Fertigung und Entwicklung elektronischer Gadgets. Dieses Business hat das ehemals beschauliche Fischerdorf zu einer schnell wachsenden Megacity gemacht, die nach Shanghai in China die höchste Konzentration an Start-ups beheimatet.
Auf dem Weg, den ein deutsches Unternehmen zu gehen hat, bis auch das eigene Produkt hier in Shenzhen produziert wird, muss man natürlich einige Dinge bedenken und Schwierigkeiten überwinden. Grundsätzlich sollte man die Phase der reinen Entwicklung und die der tatsächlichen Produktion voneinander trennen. Beide Phasen von ein und demselben Dienstleister erledigen zu lassen, halte ich deshalb für keine gute Idee, weil sich rückwirkend diese beiden Rollen nur unter Schmerzen wieder trennen lassen, falls einmal etwas schiefgeht.
Google und der Besuch verschiedener Elektronikmessen in Asien haben für unser Unternehmen ca. zwanzig potentielle Kontakte für eine mögliche Entwicklungspartnerschaft gebracht – in Shenzhen, Taiwan, Deutschland oder der Schweiz. Von diesen zwanzig haben wir sechs mit der Erstellung eines Konzeptes beauftragt. In so einem Konzept ist genau spezifiziert, wie das Endresultat aussehen soll, welche Teile verbaut werden und wieviel das fertige Produkt am Ende in etwa kostet. So ein Konzept hat uns jeweils zwischen 1.000 und 5.000 Euro gekostet.
Aussieben bis zum passenden Dienstleister
Allein drei dieser Konzepte waren für mich als engagierten Laien unbrauchbar, weil ich vieles nicht verstanden habe und die Techniker auf Dienstleisterseite nicht die nötige Motivation mitgebracht haben, auf meine Fragen einzugehen. Das lag vermutlich daran, dass sie den Auftrag für zu wenig lukrativ gehalten haben. Für mich ein Kriterium, die Zusammenarbeit sofort wieder zu beenden.
Ironischerweise haben wir den Entwicklungsauftrag dann an ein Ingenieurbüro aus Stuttgart vergeben – keine drei Kilometer von unserem Büro entfernt. Am Ende hat die Entwicklung wesentlich länger gedauert und um einiges mehr gekostet als ursprünglich gedacht. Das scheint ein Naturgesetz zu sein, das ich bis dahin nur aus der Softwareentwicklung kannte. Am Ende ist dann ein Bauanleitung herausgekommen, mit der wir Angebote von potentiellen Produzenten eingeholt haben – alle in Asien.
Theoretisch wäre es auch möglich gewesen, die ersten Prototypen in Deutschland zu fertigen. Wir haben uns aber bewusst dafür entschieden, die Prototypenfertigung in Asien machen zu lassen und so potentielle Fertiger gleich mit zu testen. Auch hier wieder drei an der Zahl, nicht nur einen. Das ist zwar etwas teurer, hat sich aber als clevere Idee herausgestellt. Zwei der drei Produzenten haben nämlich nichts Brauchbares geliefert. Entweder waren falsche Teile verbaut oder die Qualität war so schlecht, dass die Platinen einfach nicht funktioniert haben. Mit dem einzig verbliebenen Lieferanten sind wir dann die erste Charge der echten Produktion angegangen.
Unsere Learnings auf einen Blick
Drei elementare Tipps möchte ich nochmal abschließend allen auf den Weg geben, die ein ähnliches Projekt vorhaben:
- Wer einen Dienstleister für die Entwicklung und die Produktion beauftragt, sollte auf jeden Fall mehrere nehmen – auch wenn es finanziell wehtut. Nur dann hat man die Freiheit sich schnell wieder zu trennen, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert. Und das wird bei vielen der Fall sein.
- Es ist wichtig, beim Dienstleister nachzufragen, wenn irgendwelche Dinge nicht plausibel erscheinen oder Unklarheiten entstehen. Wenn hier kein Interesse zurückkommt, diese Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, ist das ein klares Zeichen dafür, sich von ihm zu trennen.
- Außerdem ist es ratsam, sich vor Ort mit den Dienstleistern zu treffen, auch wenn das aufwändig ist. Denn das persönliche Kennenlernen ist extrem wichtig für die Arbeitsbeziehungen, die man später die meiste Zeit nur über den halben Erdball hinweg pflegen kann.
Ich habe als reiner Softwareentwickler von Elektronikentwicklung keine Ahnung. Das war vermutlich ein Mitgrund, warum mein Aufenthalt in Shenzhen sehr lange gedauert hat und viele finanzielle Ressourcen verschlungen hat. Ich kann aber alldenjenigen, die davon genauso wenig Ahnung haben wie ich, nur raten, sich selbst einmal an einem Elektronik-Projekt zu versuchen – man lernt jeden Tag etwas Neues, gerade am Elektronik-Nabel der Welt!
Über den Autor
Patrick Theobald ist CTO und Gründer des Stuttgarter Start-ups Peakboard. Das Unternehmen bietet Technologie zur Echtzeitvisualisierung von Prozessdaten, die in Produktion, Logistik, Verwaltung und am Point of Sale zum Einsatz kommt. Er lernt selbst Chinesisch, treibt die China-Expansion seines Unternehmens als führender Kopf voran, und ist dafür regelmäßig im fernen Asien unterwegs.
Auch interessant:
Interkulturelle Kommunikation China-Deutschland: Vertrauen im Kulturvergleich
Fachkräftemangel zwischen China und Deutschland – neues Start-up schafft Abhilfe
Messe in China: Tipps für deutsche Aussteller und Besucher
Start-ups in China: Vom Online-Handel bis zur Landwirtschaft
Diskutieren Sie mit!