Chinesische Investoren suchen in Deutschland systematisch nach attraktiven Unternehmen und Produkten. War man hierzulande vor einigen Jahren noch skeptisch gegenüber diesen Avancen aus Fernost, sind nun immer mehr deutsche Unternehmer an Geschäften mit Chinesen interessiert. Die Streuverluste bei der gegenseitigen Suche sind jedoch weiterhin enorm. Wie finde ich für meine Firma, meine Produkte, Innovationen oder Erfindungen aus Deutschland den richtigen Geschäftspartner in China?
„Chinesen auf Einkaufstour in Deutschland“ – so oder ähnlich titeln deutsche Zeitungen und tatsächlich investiert China hier so viel wie sonst nirgends in Europa. Laut einer Studie von Ernst & Young (EY) wurden in 2015 insgesamt 36 deutsche Unternehmen von Chinesen aufgekauft. Während das Interesse im Automobilbereich etwas zurückgegangen ist, sind die sogenannten Hidden Champions aus Deutschland nach wie vor heißbegehrt. Dabei handelt es sich um Nischenhersteller, die seltener in den Medien auftauchen, mit ihren Produkten aber weltweit führend sind.
Nach ersten Anlaufschwierigkeiten haben chinesische Investoren viel dazugelernt. Häufige Strategie ist es mittlerweile, die deutschen Unternehmen nach der Übernahme möglichst eigenständig weiterarbeiten zu lassen und sich auf Synergien mit dem Investor, Fonds oder der Unternehmensgruppe in China zu konzentrieren. Auf der deutschen Seite hat sich das Image chinesischer Investoren entsprechend verändert, während viele Medien Chinas Wirtschaft noch immer in regelmäßigen Abständen hochleben und abstürzen lassen.
Deutsche Wirtschaftsakteure, die chinesische Investoren oder strategische Partner aus China ansprechen möchten, können sich trotz gegenseitigem Interesse nicht leicht einen Überblick verschaffen. Im Folgenden werden einige Empfehlungen für die Kooperationsanbahnung gegeben.
Unternehmerreise oder Tourismus-Delegation aus China?
Eine Möglichkeit, in den Austausch mit chinesischen Unternehmern und Investoren zu treten, sind die heutzutage zahlreichen Matchmaking-Events und Unternehmerreisen zwischen Deutschland und China. Zwar finden sich hier durchaus seriöse Teilnehmer, doch ist die Trefferquote eher gering. Zum einen gibt es nicht wenige Gruppen, die vor allem einmal Europa bereisen möchten und daher an der Delegation teilnehmen. Zum anderen bringt nicht jedes der Events, bei denen die Agenturen und Vermittler schon mit der Organisation selbst gut verdienen, die füreinander relevanten Partner an den Tisch.
Chinesische Investitionstrends in Europa berücksichtigen
Wer sich sinnvoll um eine Kooperation bemühen möchte, sollte die jeweils aktuellen Tendenzen der chinesischen Auslandsinvestitionen beachten. In letzter Zeit ist es vornehmlich das Schlagwort „Industrie 4.0“, das die Investorenherzen in China höher schlagen lässt. Dies hängt wiederum mit den Anstrengungen der Pekinger Regierung zusammen, die Wirtschaft im Reich der Mitte hin zu einer hochentwickelten Industrie umzugestalten. Daneben werden natürlich auch Signale der Privatwirtschaft als Anlass für Investitionen genommen. Beispielsweise führt die hohe Nachfrage nach bestimmten medizinischen Geräten dazu, dass chinesische Investoren deutsche Unternehmen und Erfindungen aus diesem Bereich anvisieren.
Umfassende Recherche über Gesprächspartner betreiben
Grundsätzlich ist insbesondere in der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit die vorherige Recherche über potentielle Geschäftspartner wichtig. Die Transparenz, die man in Deutschland je nach Gesellschaftsform eines Unternehmens vorfindet, darf man im Reich der Mitte nicht erwarten. Hinzu kommen sprachliche Unwägbarkeiten. Zwar präsentieren sich chinesische Unternehmen mittlerweile vermehrt auf Englisch. Doch allzu oft sind diese Informationen veraltet oder unterscheiden sich deutlich von dem chinesischsprachigen Auftritt, der letztlich den größten Informationswert enthält. Darüber hinaus sollte im chinesischen Unternehmensumfeld recherchiert werden, wofür in der Regel eine professionelle Beratungsagentur zu konsultieren ist.
Vermittler für deutsch-chinesische Kooperationen einschalten
Ohnehin ist die Einbeziehung eines Vermittlers, der gezielt dabei hilft, den richtigen Geldgeber oder Ansprechpartner zu finden, ein vielversprechender Ansatz. Gerade im chinesischen Kontext sind Beziehungen enorm wichtig – ohne ein etabliertes Netzwerk ist es nahezu unmöglich, erfolgreich Geschäfte anzubahnen. Ein Beratungsunternehmen kann zudem vorbereitende Marktforschung erledigen und eine realistische Einschätzung hinsichtlich der Erfolgschancen geben. Max Schmittman, Geschäftsführer der deutsch-chinesischen Wirtschaftsberatung Rot Gold, erklärt hierzu: „Zu 100 Prozent lässt sich der Ausgang einer Anbahnung freilich nicht voraussagen. Doch eine gründliche Analyse zu Beginn schützt davor, mehr Geld in den Beziehungsaufbau zu investieren als die Zusammenarbeit tatsächlich jemals wert sein wird.“ Rot Gold unterstützt sowohl Deutsche als auch Chinesen, vom Mittelständler bis zum Staatsunternehmen, bei internationalen Geschäftsanbahnungen.
Interkulturelle Faktoren beim Umgang mit Chinesen beachten
Nicht zuletzt spielen interkulturelle Aspekte eine durchaus entscheidende Rolle in der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit. Wie schätze ich beispielsweise als Deutscher die Begeisterung der Chinesen beim ersten Kennenlernen ein? Manch einer hat sich von der überschwänglichen Begeisterung irreführen lassen, die mitunter eher Höflichkeit als Kooperationswunsch darstellt. Außerdem lassen sich deutsche Geschäftsleute gerne von der chinesischen Planungsweise abschrecken oder entmutigen, was jedoch nicht notwendig ist. Spätestens wenn es in die Verhandlungen geht, hilft eine Portion interkulturelles Hintergrundwissen. Mit einem Verkaufs- oder Verhandlungstraining für China können Deutsche einerseits unnötige Fettnäpfchen vermeiden. Andererseits hilft eine derartige Schulung, sich nicht unnötig aus der Ruhe bringen zu lassen und bestmögliche Ergebnisse zu erreichen. Entscheiden sich zwei Seiten für eine langfristige Kooperation, intensivieren sich in der ersten Phase der Zusammenarbeit die Konfliktpotentiale erfahrungsgemäß. Da es unterschiedliche Unternehmenskulturen zu harmonisieren gilt, ist gerade bei komplexen M&A-Prozessen eine intensive Change-Beratung von großer Wichtigkeit.
Ein Ende der chinesischen Investitionswelle ist übrigens noch nicht in Sicht. Die Profile und Herangehensweisen der Investoren werden sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Nicht nur große Industrie- und Staatskonzerne gehen weiterhin auf die Suche nach deutschen Investitionsobjekten. Auch der erstarkte chinesische Mittelstand wird zunehmend in der Lage dazu sein.
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