Wenn Sie in China häufiger zu einem Bier eingeladen wurden, sind Sie vermutlich schon mit der Marke Tsingtao in Kontakt gekommen. Es ranken sich viele Legenden um dieses Bier, genaue Entstehungsgeschichte und Namensherkunft sind vielen aber nicht bekannt. Auch die Aussprache ist recht knifflig, weshalb wir die Marke in dieser ICC-Reihe nicht vernachlässigen wollten.
Zumindest Bierkenner in China wissen, dass das Tsingtao-Bier deutsche Ursprünge hat. Schließlich hieß die Brauerei sogar Germania Brewery, als sie im Jahr 1903 gegründet wurde. Wenige wissen hingegen, dass es sich ursprünglich um eine englisch-deutsche Kooperation gehandelt hat. Anfangs wurde Tsingtao nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut, später ergänzten die Hersteller jedoch aus Kostengründen einen – in chinesischen Bieren üblichen – Reisanteil.
Nachdem das Bier erst an japanische Eigentümer gegangen war und dann in chinesischen Staatsbesitz umgewandelt wurde, erfolgte in den 1990ern die erneute Privatisierung. Während zwischenzeitlich die weltgrößte Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev und der japanische Getränke-Gigant Asahi Breweries Anteile an Tsingtao Beer hielten, ist die Marke aktuell größtenteils in chinesischer Hand.
Namensgebung und Ursprungsort: Tsingtao aus Tsingtau oder Qingdao
Obwohl die europäischen Wurzeln bis heute einen Marketing-Vorteil mit sich bringen, sind die Hintergründe der Firmengründung wenig rühmlich. Die Brauerei entstand in der ehemaligen deutschen Kolonialstadt in China – namentlich Qingdao (heutige offizielle Pinyin-Umschrift). Die umliegende Region sollte ab 1898 einmal so etwas wie ein Hongkong für Deutschland werden. Das kolonialistische Vorhaben war indes recht erfolglos und wurde schon im Jahr 1919 beendet. Dennoch sieht und bewundert man in Qingdaos Architektur und Stadtbild nach wie vor deutsche Spuren.
Auch der Biername geht auf den europäischen Einfluss zurück und ist wie die Eigentumsgeschichte etwas undurchsichtig. Die einfallenden Europäer im späten 19. Jahrhundert nutzten verschiedene Umschriften-Systeme, um die chinesische Sprache für sich zu entschlüsseln. So wurde Qingdao – wie die Stadt heutzutage offiziell geschrieben wird – damals in deutscher Auslegung als „Tsingtau“ erfasst.
Von Tsingtau zu Ts’ing-t’ao zu Tsingtao?
Dass das Bier noch einmal etwas anders geschrieben wird, hängt wahrscheinlich mit einer weiteren Umschrift zusammen – erfunden von einem französischen Kultur- und Spracheninstitut (École française d’Extrême-Orient). Hiernach wurde Qingdao besonders in der damaligen französischsprachigen Welt „Ts’ing-t’ao“ geschrieben. Der Einfachheit halber hat man wohl die Akzentzeichen gelöscht und so entstand das bis heute verbreitete Tsingtao. Somit wäre der geschriebene Markenname eine chinesisch-deutsch-französische Koproduktion.
Bade- und Bierort Qingdao – richtige Aussprache des Tsingtao-Bieres
Ungeachtet der verschiedenen Schreibweisen gibt es heutzutage nur eine richtige Aussprache für das beliebte Bier. Sie deckt sich mit der Aussprache für die Ursprungsstadt Qingdao.
Qingdao/Tsingtao heißt übersetzt „grüne / blaugrüne Insel“
Qingdao gehört inzwischen zu den Top-Reisezielen in China. Inländische und internationale Touristen besuchen die Stadt aufgrund der schönen Strände, der geschichtlichen Bedeutung und des jährlich stattfinden Bierfestes. Jetzt aber endlich zur Aussprache:
- Für deutsche Muttersprachler ist Qingdao/Tsingtao nicht leicht auszusprechen, weil sich das „Q“ zu Beginn der ersten Silbe („qing“) so in keinem deutschen Begriff wiederfindet. Es klingt in etwa wie die Kombination „t+ch“ im Deutschen.
- Der Rest des Wortes ist recht simple – „ing“ wird wie im deutschen Wort „[R]ing“ ausgesprochen, „dao“ klingt genauso wie das „Dao“ in „Daoismus“ (nur mit anderem Ton).
- Stichwort: Betonung! „Qing“ wird im ersten, also gleichbleibenden Ton ausgesprochen, „dao“ im dritten Ton, der erst nach unten und dann wieder nach oben geht. (Mehr zu den chinesischen Tönen.)
Genug der Theorie? Wir haben natürlich wieder eine Aussprache-Hilfe zum Nachhören vorbereitet. Wer in China ein Tsingtao-Bier bestellen möchte, sollte sich tatsächlich nur an dieser Variante orientieren. In international besuchten Bars in Shanghai oder Peking sind die Angestellten vermutlich mit vielen Aussprache-Varianten vertraut. Andernorts wird es chinesischen Zuhörern hingegen schwerer fallen, die deutsch, englisch oder denglisch ausgesprochene Biermarke zu identifizieren.
Korrekte Tsingtao-Aussprache:
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