Vermutlich kann ein Europäer nirgendwo in so viele Fettnäpfchen treten wie in Asien. Speziell in China unterscheiden sich viele Verhaltensweisen stark von Deutschland. Gäste haben es natürlich leichter, wenn sie sich integrieren und an die entsprechenden Höflichkeitsformen halten. Das gilt auch besonders bei Geschäftsterminen. Aus diesen Gründen ist es umso wichtiger, sich im Vorfeld zu informieren und so zu verhindern, unangenehm aufzufallen.
In diesem Beitrag soll es entsprechend um die jeweiligen Sitten und Regeln gehen, die in China zu beachten sind. Das beginnt bei der Geschäftsbeziehung und hört bei privaten Verabredungen nicht auf. Auch auf der Straße, im touristischen Alltag, können den Besuchern Fehler unterlaufen, die als unangenehm empfunden werden könnten.
Arbeitsbeziehungen und Hierarchien in China
Das Verhältnis von Arbeits- und Privatleben ist in China allgemein ein ganz anderes als in Deutschland. Das beginnt schon bei der Work-Life-Balance, die es faktisch nicht gibt. Das rührt zum einen von der Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt her als auch von den gesellschaftlichen Konventionen und Erwartungen. In China ist der Arbeitnehmer häufig deutlich stärker an den Arbeitgeber gebunden als in Deutschland. Das macht sich auch beim Verhalten bemerkbar. So ist der Arbeitgeber in deutlich mehr Bereichen weisungsbefugt als in Deutschland und auch die Beziehungen mit den Arbeitskollegen gehen weiter in das Privatleben hinein, als es hierzulande im Allgemeinen der Fall ist. Die Hierarchie steht dabei über allem – sie hat einen entscheidenden Einfluss auf alle Bereiche des Lebens in China.
Im Allgemeinen sind die korrekte Begrüßung und der Austausch von Höflichkeiten sehr wichtig. Auch die Bedeutung von Geschenken ist in China deutlich größer als in anderen Ländern, um die Wertschätzung am Gegenüber auszudrücken. Der Ranghöchste wird dabei immer zuerst begrüßt, dies initiiert der Rangniedere. Dann wird der Hierarchie nach der restliche Kreis abgegangen. Der internationale Gruß per Handschlag ist im chinesischen Geschäftsleben längst etabliert, wird aber oft mit weniger Druck praktiziert. Visitenkarten spielen ebenfalls eine weit wichtigere Rolle als in der westlichen Welt – sie werden mit beiden Händen überreicht und sorgfältig studiert, bevor sie schließlich beispielsweise der Brusttasche verstaut werden. Das hastige Wegpacken in die Hosentasche, wie es in westlichen Ländern durchaus vorkommt, gilt in China als sehr unhöflich. Zumal aus der Visitenkarte in der Regel ersichtlich ist, welchen hierarchischen Stand das Gegenüber innehat.
Smalltalk und Geschäftsessen in China
Smalltalk dreht sich in China in erster Linie um private Belange. Legitime Themen sind das Wetter, Familienstand, Kinder, die Familie im Allgemeinen, Reisen und Hobbies. Grundsätzlich zu vermeiden sind beim ersten Kennenlernen politische Themen oder Kritik an der Gesellschaft. Auch bei Geschäftsessen, die ausgesprochen verbreitet sind, soll es um die Teilnehmer als Menschen gehen, dabei ist auch wieder die Familie ein zentrales Gesprächsthema. Am Tisch gibt es zahlreiche Regeln, die hier nur an Beispielen besprochen seien: Der Gastgeber, häufig der Ranghöchste, bestellt für alle. Erst auf seine mehrmalige Aufforderung bedienen sich die Tischgäste. Es gilt als besonders freundlich, alles wenigstens zu probieren. Was nicht schmeckt, muss nicht aufgegessen werden, probieren und liegen lassen, ist kein Problem. Das Gegenüber wird das zu deuten wissen.
Wird Alkohol getrunken, dann in der Regel richtig. In China trinken sich Geschäftspartner beim Abendessen noch immer regelmäßig unter den Tisch – wer einsteigt, sollte also auch mitziehen können, ablehnen will jedoch auch gekonnt sein, häufig werden hier gesundheitlich vorgeschoben.
Die private Verabredung in China
In China verschwimmen die Grenzen von Arbeit und Privatem sehr schnell. Es ist durchaus üblich, mit den Kollegen nach der Arbeit noch zum Karaokesingen zu gehen oder aber gemeinsam essen zu gehen. Wird eine private Essenseinladung ausgesprochen und es ist wirklich mal nicht möglich mitzukommen, ist es üblich, zumindest auf einen alternativen Termin zu verweisen. So wird zwar die konkrete Einladung ausgeschlagen, die Einladung auf der Beziehungsebene jedoch ist angenommen und das Gegenüber zweifelt nicht an dem Interesse des Eingeladenen.
Bei privaten Einladungen gehört es sich dann, ein Geschenk an die Gastgeber mitzubringen. In der Regel handelt es sich um europäische Kleinigkeiten, möglichst in rotes Papier eingeschlagen – diese Farbe gilt als glücksbringend. Auch wenn der Gastgeber ablehnt, gehört es zum guten Ton, das Geschenk weiterhin anzubieten, so lange bis es angenommen wird. Diese Gesten sind Europäern fremd, das beharrliche Ablehnen gehört jedoch zum guten Ton dazu, erst nach einiger Zeit wird nachgegeben und doch angenommen.
Wenn beim Privatbesuch die Frau des Geschäftspartners anwesend ist, wird dennoch häufig der männliche Geschäftspartner zuerst begrüßt – Ladies first gilt nicht immer, wenn die Herren im beruflichen Kontext aufeinandertreffen. Ansonsten wird immer dem Alter nachgegangen – ältere Herrschaften haben mehr Respekt verdient als jüngere.
Auch während des privaten Essens werden in der Regel zahlreiche Gänge serviert. Beim Essen gelten die gleichen Regeln wie auch im Restaurant, viele Höflichkeitsformen gehören schlichtweg dazu. Nach dem Essen, da selbst sehr lange dauern kann, wird nicht erwartet, dass die Gäste noch lange Zeit bleiben. Das Geschenk wird im Übrigen häufig erst dann ausgepackt, wenn der Gast schon gegangen ist. Hat es Anklang gefunden, wird der Gastgeber es am nächsten Tag mit überschwänglichem Dank zum Ausdruck bringen. Tut er das nicht, ist klar: Nächstes Mal darf es doch etwas anderes sein.
Verhalten in Chinas Öffentlichkeit
Als Tourist kommt der Besucher kaum in den Genuss von Geschäftsterminen oder privaten Einladungen. Allerdings heißt das nicht, dass keine Höflichkeiten fällig sind. Öffentliche Zärtlichkeiten sind nach wie vor selten, Chinesen sind an dieser Stelle schnell peinlich berührt – Touristen fallen unangenehm auf. Ebenso ist offensiver Augenkontakt weniger verbreitet. Bei der Begrüßung gilt es keinesfalls als unhöflich, den Blick leicht nach unten zu richten. Demut gehört hier zum guten Ton, „Macht“ hat nur, wer sich an die Regeln und Gepflogenheiten hält.
Für Europäer gibt es also einiges zu beachten – hierzulande als höfliche geltende Gesten werden in China mitunter als Fauxpas gewertet. Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld entsprechend zu informieren – so können Unsicherheiten am leichtesten reduziert werden. Sich an Chinesen zu orientieren kann dabei nie verkehrt sein.
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