Chinas Medienapparat ist mit der Situation in Deutschland kaum vergleichbar. Einerseits ist die chinesische Presse durch eine starke staatliche Kontrolle gekennzeichnet. Auf der anderen Seite prägen eine komplexe Kommerzialisierung und informelle Netzwerke die Medienlandschaft im Reich der Mitte. Befürworter eines unabhängigen Journalismus kritisieren die Zustände in China, ungeahnte Möglichkeiten ergeben sich hingegen für Marketing- und PR-Experten. Wie können ausländische Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen erfolgreich in chinesischen Online-Medien positionieren?
Zunehmende Kommerzialisierung der chinesischen Medienlandschaft
Auch in Deutschland beeinflussen ökonomische Faktoren den Journalismus, doch in China ist die Kommerzialisierung definitiv weiter fortgeschritten. Dies bedeutet nicht, dass eine positive Berichterstattung ohne Weiteres käuflich ist kann, wenngleich es mitunter so aussehen mag. Zum Beispiel ist es üblich, dass bei Pressekonferenzen und ähnlichen Veranstaltungen Medienvertretern eine Pressemappe mit „Fahrtgeld“ übergeben wird. Diese Summe ist eigentlich höher als die Kosten der Anreise, aber aus journalistischer Sicht ist dies eine Art zusätzliches Trinkgeld. Dies heißt wiederum nicht, dass chinesische Journalisten sich verpflichtet fühlen, einen Bericht als Auftragsarbeit zu liefern. Das Fahrtgeld hat für sie nichts mit Bestechung zu tun.
Abgesehen von diesen Grauzonen, die für Westler schwer zu verstehen sind, gibt es nichtsdestotrotz viele Bereiche in den Medien Chinas, wo fast alles für Geld zu haben ist. Für einen Skandal sorgte kürzlich ein Netzwerk von Kurpfuschern, das Keywords in chinesischen Suchmaschinen gekauft hatte. Das Problem war nicht nur, dass die fragwürdigen Ärzte weder gute noch erschwingliche Therapien boten. Schlimmer noch war, dass sie anscheinend in der Lage waren, organische Ergebnisse zu kaufen, das heißt, eigentlich nicht-kommerzielle Suchergebnisse auf Baidu gebucht hatten. Wenn so etwas ans Licht kommt, werden die Akteure bestraft und die unfairen Werbekanäle – zumindest vorübergehend – blockiert. Aber ein Blick auf die chinesischen eBay-Varianten zeigt, dass zahlreiche zweifelhafte „Dienste“, ob die Beschaffung von Klicks, Bewertungen oder Follower, viel leichter gekauft werden können als es in Europa der Fall ist.
Herausforderungen und Chancen für die Medienarbeit westlicher Unternehmen
Ausländische Unternehmen, die sich in den Medien Chinas präsentieren wollen, kämpfen mit einer ganzen Reihe von Nachteilen. In vielen Fällen hat sich die chinesische Konkurrenz schon lange auf dem Markt etabliert. Selbst wenn eine chinesische Firma erst nachrückt, hat sie verschiedene Heimvorteile. Unternehmer aus China sind nicht nur sprachlich und kulturell privilegiert. Sie kennen auch das Medien- und Werbesystem aus der eigenen Sozialisation. Die chinesischen Social Media beherrschen sie wie ihre Muttersprache, während Neulinge, die in den Markt kommen, dieses Wissen mit großer Mühe neu erwerben müssen. In der Regel sind Ausländer in China von lokalen Agenturen abhängig, deren chinesische Arbeitsweise oft unergründlich erscheint und deren Preise für westliche Firmen nicht selten überhöht sind.
Ausländische Unternehmen sollte das jedoch nicht davon abhalten, sich in den chinesischen Medien angemessen zu präsentieren. Speziell für deutsche Unternehmen und ihre Produkte ergeben sich freilich nicht nur Nachteile. In China gibt es auf Konsumentenseite ein großes Interesse an europäischen Qualitätsprodukten, und vor allem Made in Germany ist bei den Chinesen sehr beliebt. Da der Zugang zu europäischen Informationen (in chinesischer Sprache) zugleich für Chinesen beschränkt ist, sind einige Journalisten sogar für relevantes Pressematerial dankbar. Mit den richtigen Kontakten im chinesischen Medienapparat können westliche Unternehmen strategisch in den dortigen Medien platziert werden. Das bedeutet nicht, dass Schleichwerbung hineingemogelt wird. Vielmehr ergeben sich in der langfristigen Zusammenarbeit mit Journalisten, Informationsforen und Newsportalen verschiedene Kooperationsmöglichkeiten. Idealerweise lassen sich dadurch Experteninterviews oder Berichte über ein Unternehmen oder ein Produkt erreichen.
Reputationsprüfung und strategische Medienauswahl in China
Soll ein deutsches Unternehmen in China medial hervorgehoben werden, ist zuerst zu prüfen, wie es derzeit in den chinesischen Nachrichten und Online-Medien positioniert ist. Diese Image-Analysen haben bereits überraschende Missstände ans Licht gebracht. In China werden europäische Unternehmen und Produkte regelmäßig als chinesische Fälschungen diskreditiert. In manchen Fällen will die örtliche Konkurrenz damit den Ruf des deutschen Konkurrenten schwächen, der chinesische Kunden mit dem Label Made in Germany überzeugt. Hier ist es umso wichtiger, mit strategischer Öffentlichkeit zu reagieren, um eine faire und faktenbasierte Berichterstattung zu gewährleisten.
Schließlich liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Auswahl der Medien. Für Konsumgüter stehen Nachrichten- und Informationsportale zur Verfügung, die mit verschiedenen Themenressorts die größere Öffentlichkeit ansprechen. In den entsprechenden Mediennetzwerken finden sich die richtigen Ansprechpartner für eine inhaltliche Zusammenarbeit. Im B2B-Bereich ist hingegen eine sorgfältige Auswahl von Fach- und Nischenportalen notwendig, die in China für jede Branche oder Produkt- oder Dienstleistungsgruppe existieren. Deutsche Maschinenbauer sollten sich folglich in Fachportalen der chinesischen Industrie präsentieren. Wer sich für Geschäftsleute in der Immobilien- oder Tourismusbranche interessiert, findet ebenfalls relevante Medien und Foren.
Vorteile bei der Online-Medienarbeit in China
Bei all den Nachteilen der heimischen Medienlandschaft hat die PR- und Pressearbeit in China auch gute Seiten. Berichte in einflussreichen Medien werden häufig eins zu eins in anderen Kanälen wiederveröffentlicht. Auf diese Weise konnte beispielsweise ein Interview mit einem deutschen Unternehmer innerhalb weniger Tage medienübergreifend unzählige potenzielle Kunden im chinesischen Internet erreichen. Zudem sind viele der für deutsche Unternehmen interessanten Zielgruppen online überdurchschnittlich aktiv. Sie teilen und empfehlen sehr gerne Artikel über eine spannende Story oder ein innovatives Produkt. Mit etwas Glück schafft man es sogar zu einem viralen Hit – und viral heißt bei geschätzten 730 Millionen Internetnutzern in China dann auch wirklich viral.
Ein Expertenbeitrag der China-Kommunikation / Kontakt: info@china-kommunikation.de
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