Von Johannes Hederer
2012 wurde in Deutschland und China der 40. Jahrestag des Beginns diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern gefeiert. Im vorliegenden Artikel werden einige Meilensteine und Kenndaten dieser Beziehungen aufgezeigt. Was ist bisher im Austausch passiert? Ging und geht es immer nur um wirtschaftliche Vorteile?
Das Kommuniqué zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Volksrepublik China wurde am 11. Oktober 1972 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Anders als andere westliche Staaten, hat die Bundesrepublik im Vorfeld auf eine Anerkennung der Republik China (auf Taiwan) verzichtet, so dass sie nicht, wie andere Länder, die Regierung der Volksrepublik als ausdrücklich einzige legale Regierung Chinas anerkennen musste (vgl. Friedrich 2007, S. 403).
Früher Austausch mit wirtschaftlichem Fokus
1979 unterzeichneten beide Regierungen ein Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und riefen einen gemeinsamen Ausschuss für wirtschaftliche Kooperation auf ministerieller Ebene ins Leben. 1985 wurde von beiden Ländern ein wirtschaftspolitischer Konsultationsmechanismus gegründet, in dem Meinungen über die Lage und Tendenz der Weltwirtschaft, Politik, gegenseitige Investitionen und Kooperationen ausgetauscht werden. Seit 1997 veranstalten beide Staaten das Deutsch-Chinesische Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit. Dieses soll den Austausch zwischen den Unternehmen beider Länder in zukunftsfähigen Bereichen der Wirtschaft fördern. Ein Beispiel von rund 200 bereits realisierten Projekten dieser Kooperation stellt die Transrapidstrecke in Shanghai dar. Ein im Jahr 2000 geschlossenes Abkommen zwischen den Regierungen über eine Zusammenarbeit auf den Gebieten der Industrie, Technik und Wirtschaft trat im Jahr 2002 in Kraft. 2011 traten unter der Leitung von Bundeskanzlerin Merkel und dem damaligen Ministerpräsidenten Wen beide Kabinette zu ersten Regierungskonsultationen zusammen. Hierbei wurden insgesamt 19 Kooperationsvereinbarungen, hauptsächlich im Wirtschaftsbereich, unterzeichnet, darunter gemeinsame Erklärungen zur Erleichterung gegenseitiger Investitionen (vgl. Tichauer 2012, S. 34). 2014 wurde von Bundeskanzlerin Merkel und Premierminister Li zudem mit dem Deutsch-Chinesisch beratenden Wirtschaftsausschuss ein neues Gremium etabliert, welches durch chinesische und deutsche Unternehmensvertreter den Regierungen beratend zu Fragestellungen der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen zur Seite stehen soll (vgl. Huawei Technologies Deutschland GmbH 2014, S. 138).
Gegenseitige Bedeutung im weltwirtschaftlichen Gefüge
Die chinesisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen haben sich in den vergangenen 40 Jahren rasant entwickelt: Mit einem Volumen von 144 Milliarden Euro hat dieser bilaterale Handel 2011 ein neues Allzeithoch erreicht und beide Länder haben sich zum Ziel gesetzt, das Handelsvolumen bis 2015 auf 200 Milliarden Euro zu steigern. Im Jahr 1972 exportierten deutsche Unternehmen Waren für 270 Millionen US-Dollar, 2011 betrugen die deutschen Exporte nach China bereits 64,8 Milliarden Euro. Die Einfuhren aus China beliefen sich im selben Jahr auf 79,2 Milliarden Euro (vgl. Tichauer 2012, S. 35). Für China ist Deutschland seit einigen Jahrzehnten der wichtigste Handelspartner in Europa. Nach einer Umfrage unter chinesischen Unternehmen der European Union Chamber of Commerce in China haben 67 Prozent der befragten Unternehmen Investitionen in Deutschland getätigt, vor Frankreich (41 Prozent) und Italien (36 Prozent), womit Deutschland mit Abstand der interessanteste Markt für China in Europa ist (vgl. European Union Chamber of Commerce in China 2013, S. 38f.). Weltweit ist Deutschland hinter Hongkong, den USA und Taiwan der größte Investor in China und deutsche Unternehmen haben Direktinvestitionen von akkumuliert knapp 10 Milliarden US-Dollar getätigt (vgl. Friedrich 2007, S. 412). Der chinesische Markt war im Exportsektor vor allem in den Bereichen Elektrotechnik, Chemie, Maschinenbau und Automobil für deutsche Unternehmen von zentraler Bedeutung, während Deutschland vor allem elektronische Erzeugnisse, Bekleidung, Spielwaren, Textilien sowie Maschinen und Anlagen aus China importierte (vgl. Tichauer 2012, S. 35). Wie wichtig China für die deutsche Wirtschaft inzwischen geworden ist, wurde im Zuge der globalen Finanzkrise zwischen den Jahren 2009 und 2011 deutlich, wo deutsche Unternehmen ihre Ausfuhren nach China sogar noch steigern konnten und somit überproportional im Vergleich zu anderen EU-Staaten von Chinas Nachfrage profitierten und so das Defizit im Handel in Folge der Finanzkrise mit China deutlich abbauen konnten (vgl. Huawei Technologies Deutschland GmbH 2014, S. 96f.). Ein weiteres Anzeichen für die guten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China stellt die im Januar 2014 eröffnete Chinesische Handelskammer in Deutschland (CHKD) dar, die damit die erste chinesische Handelskammer in Europa ist (vgl. Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland 2014). Sie soll vor allem chinesische Firmen unterstützen, die in Deutschland investieren wollen, und ihnen helfen, sich an die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen anzupassen (vgl. Kinkartz 2014).
Bildungskooperationen und touristische Anziehungskraft
Neben den wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sind auch die Beziehungen im gesellschaftlich-kulturellen Bereich sukzessive ausgebaut worden. So sind 4.000 deutsche Studierende an chinesischen Universitäten eingeschrieben. Chinesische Studierende stellen in Deutschland sogar die größte Gruppe ausländischer Studierende dar, deren Anzahl sich von 1990 (3.351 Studierende) auf rund 26.000 Studierende im Jahr 2012 mehr als versiebenfacht hat (vgl. Huawei Technologies Deutschland GmbH 2014, S. 73, 137 u. 171f.). Ebenso der Tourismus nimmt sowohl für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen als auch kulturell eine immer größere Rolle ein. Während die Attraktivität Chinas als Ziel für deutsche Touristen stetig zunahm, ist die Zahl chinesischer Touristen in Deutschland vor allem nach dem vereinfachten Visumsverfahren im Jahr 2003 deutlich angestiegen (vgl. Friedrich 2007, S. 413). Trotz zeitweise auftretender politischer und kultureller Spannungen steht dem teilweise negativ belasteten Chinabild ein großes Interesse der deutschen Wirtschaft gegenüber (vgl. Sohm et al. 2009, S. 14).
* Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug der Diplomarbeit des Autors über chinesische Unternehmen in Köln, die in mehreren Artikeln auf dem ICC-Portal teilveröffentlicht wird. Das Literaturverzeichnis versenden wir auf Anfrage.
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