Werbung mit ausländischen Akteuren ist nicht erst seit dem Charmeur Angelo, der gar kein Auto hat, überwiegend klischeegeladen. Sie spricht damit etablierte Denkmuster an, möchte unterhalten, aber auch durch Überspitzungen auffallen. Wie sieht es aber mit China und Chinesen in deutscher Werbung aus?
Im deutschen Fernsehen gehören die einfach dargestellten Ausländer im Paulaner-Garten keineswegs zu den Härtefällen. Sie werden großherzig von der deutschen Bedienung umsorgt, die über alle Sprachschwierigkeiten hinweglächelt. Dass gerade die deutschen Touristen im Ausland nicht unbedingt für ihre Fremdsprachenkenntnisse berühmt sind, wird dabei nicht thematisiert.
Zu schwereren Geschützen als die Brauerei aus München sah sich Media Markt gezwungen, um die Kundschaft während der Weltmeisterschaft 2006 anzulocken. Als eher diskriminierend denn anziehend empfanden jedoch viele Zuschauer einen Werbespot des Elektronik-Fachmarkts, der polnischstämmige Einkäufer als notorische Diebe darstellte. Nach vermehrten Protesten wurde der Spot gestoppt und eine offizielle Entschuldigung veröffentlicht. Wie viel Bedauern wirklich dahintersteckt, ist schwer einzuschätzen.
Experten, die für die Entstehung solcher Werbung verantwortlich sind, können derartige Folgen durchaus abschätzen. Vermutlich sind sie Teil der Werbestrategie. Kontroversen über Werbung erzeugen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit für die Produkte im Mittelpunkt; in Suchmaschinen ist die Beliebtheit frühzeitig eingestellter und verbotener Werbespots groß. Werbung wird in Teilbereichen angesichts der Übersättigung und Gleichgültigkeit ihrer Konsumenten extremer. Ebenso werden neue Motive gesucht, um alte Sehgewohnheiten zu durchbrechen. Japanische Touristen, die sich vor allem durch ihren Hang zur fotografischen Wahrnehmung ihrer Reiseziele auszeichnen, gelten heutzutage in der Werbung nicht mehr als Blickfang. Zu oft hat man sich ihrer schon in Werbung und Comedy bedient. Jedoch häuften sich in der jüngeren Vergangenheit auch Werbespots mit chinesischen Elementen.
Im Folgenden werden einige von ihnen näher unter die Lupe genommen. Baumarkt OBI schaffte in einem seiner Werbeclips ein halbwegs gelungenes Wortspiel mit chinesischer Färbung. Der Spot beginnt mit einem Baumarktkunden, der auf Deutsch nach einer Duschkabine fragt. Überraschend wird er sodann vom Baumarktpersonal auf Chinesisch fachlich beraten, was natürlich zu völliger Ratlosigkeit auf der Kundenseite führt. Anschließend erklärt eine Stimme aus dem Off, dass so etwas bei OBI nicht passieren könne.
Weniger einfallsreich erscheint der Chinesische Mauer-Spot, der ebenfalls von OBI zu Werbezwecken ausgestrahlt wurde. Nicht nur spricht darin die Hauptdarstellerin als chinesische Reiseführerin ein aufgesetzt wirkendes gerolltes „R“ unter ihrem klischeetriefenden Bambushütchen. Auch die Pointe will nicht richtig zünden, als sie die Mauer als „unvorstellbar dumm“ beschreibt, weil die „Mauerbauer“ nicht irgendeine „Biber Bonus Card“ von OBI genutzt hätten.
Klischeegeplänkel mit minimalem Bezug zu China wird auch in der Knorr-Werbung für eine Wok-Pfanne namens „China Town“ praktiziert. Wieder sind es die altbekannte Kopfbedeckung und Sprachverwirrungen, die Chinaflair versprühen sollen. Aus dem Off wird eingangs erklärt, dass drei Chinesen zu Besuch kämen. In Wahrheit erscheinen indes drei deutsche Kinder mit Ansätzen von chinesischer Verkleidung, die leicht überdreht den Kinderlied-Klassiker Drei Chinesen mit dem Kontrabass trällern. Der Höhepunkt des Clips soll dann das gemeinsame Verspeisen des Fertigsoßengerichts sein. Hier wirft nicht nur das recht unchinesische Gericht auf dem Tisch Fragen auf. Warum, so könnte man zudem überlegen, werden nicht einmal wirklich Chinesen zum Essen eingeladen? Und warum heißt das Gericht ausgerechnet „China-Town“, wo das Land China doch wahrlich genug Orte mit köstlichen Spezialitäten als Namensgeber anzubieten hätte?
Rollendes „R“ und Bambushut prägen auch die Hauptperson in einem Ricola-Werbespot. Zwar ist das ziemlich klischeelastig. Doch ließe sich verteidigen, dass die Reihe des Kräuterbon onherstellers nicht zu den schlechtesten im Werbefernsehen gehört und der Running Gag seit Jahren abwechslungsreich neu aufgelegt wird. Und sollte man nicht schon alleine deshalb Gnade walten lassen, weil die Schweizer Marke noch nicht viel früher mit einer chinesischen Raubkopie des Kräuterzuckers gearbeitet hat?
Erfrischend unkonventionell kommt eine Hornbach-Werbung mit Impressionen aus Fernost daher. Tatsächlich chinesisch singend baut darin die westliche Hauptdarstellerin eigenhändig einen prächtigen Pavillon im chinesischen Stil. Im Clip stimmt fast alles. Musik, Bild und Werbeobjekt harmonieren, während ein ausgetüftelter Spannungsbogen das Ganze abrundet: Erst werden einige Details des Kunstwerkes gezeigt, bevor dann das imposante Gesamtbild präsentiert wird. Lediglich der Papagei auf der Schulter der Pavillonbauerin wirkt mit seinem Geschrei ein wenig deplatziert.
Dieser kleine Rückblick auf diverse Werbespots zeigt, dass in der deutschen Werbewelt chinesische Anspielungsversuche nur sehr wenig der komplexen Kultur Chinas erfassen. Zumeist beschränken sich die Konzepte auf sehr westliche (Miss-)Deutungen der chinesischen Kultur und Sprache.
Zugutehalten ließe sich dabei höchstens, dass kaum mit Negativklischees gearbeitet wird, wie etwa in einem Whiskas-Clip für Schweden, in dem eine Chinesin ihre Katze mit chinesischem Katzenfutter verwöhnen möchte, um dann von ihrem schwedischen Freund davon abgehalten zu werden. Dieser entsorgt heimlich das chinesische Futter und steckt die Whiskas-Tüte in die entleerte chinesische Verpackung. Die besonders einfältig portraitierte Chinesin bemerkt die stümperhafte Umtikettierung natürlich nicht und freut sich über den vermeintlich chinesischen Geschmack der Katze.
In den deutschen Werbeclips mit chinesischen Bezügen wird nicht auf solch plumpe Diskriminierung, sondern eher auf die Anziehungskraft eines verklärenden Exotismus gesetzt. In diesen Kontext ist auch einzuordnen, dass sich die wenigen wahrhaft chinesischen Merkmale vornehmlich auf das China der Vergangenheit beziehen, wie sich auch häufig in westlicher Kinderliteratur zu China beobachten lässt. Dazu aber ein andermal mehr…
firko meint
richtig schlecht ist auch die hier: http://www.youtube.com/watch?v=WRQAg3dgBzs 😉