Text und Bilder von ICC-Redakteurin Linda Schwarzl
Die chinesische Küche ist äußerst vielfältig, oft passiert es, dass die Speisekarte in einem Restaurant fast so groß wie ein Lexikon ausfällt. Wir stellen in dieser neuen Reihe die Köstlichkeiten aus dem Reich der Mitte vor. Los geht es mit den berühmten Nudelspezialitäten aus Xi’an.
Xi’an ist neben Yangrou paomo 羊肉泡馍 (Hammelfleisch-Brot-Suppe) und Roujiamo 肉夹馍 (Fleischburger) auch bekannt für seine leckeren Nudelvarianten. Nudel heißt auf Chinesisch mian 面 – was neben dem guten Geschmack nur eine Ähnlichkeit aller hier vorgestellter Nudelvarianten ist. Besonders ist auch – so viel darf hier schon verraten werden – dass alle handgemacht sind! Meine Top 5 der Nudeln in Xi’an, Shaanxi werde ich hier vorstellen.
Top 5 – Handgeschabte Nudeln
Die Nummer fünf auf der Liste meiner Lieblingsnudeln in Xi’an sind die handgemachten Nudeln in einem kleinen Stadtviertel außerhalb der Innenstadt von Xi’an, in Weiqu. Die handgemachten Nudeln – auf Chinesisch Shougong xianggu rou mian 手工香菇肉面 – wurden mit Fleisch und Pilzen serviert. Schon die Herstellung der Nudeln ist etwas Besonderes: Der relativ feste Teig befindet sich auf einem Holzbrett, das auf der Schulter abgestützt wird. Die Nudeln werden dann – von Hand – mit einem Messer abgeschabt und landen nach kurzem Flug in einem heißen Dampfzuber, wo sie mit fein geschnittenem Kohl kurz gar gekocht werden. Als „Getränk“ kriegt man zu den Nudeln eine Tasse Nudelwasser, das gut für den Bauch sein soll.
Top 4 – Kalte Nudeln
Liangpi 凉皮 kommen aus der Provinz Shaanxi und langen auf Platz 4 meiner liebsten Nudelgerichte in Xi’an. Sie bestehen aus Weizen- oder Reismehl und sehen manchmal fast durchsichtig aus. Sie sind sehr breit und wurden mir mit einer Sauce, die scharf und herzhaft ist, serviert. Hier auf dem Foto in einer Plastiktüte – typische to go-Art – von einer Freundin mitgebracht. Liang Pi sind auch bekannt als „kalte Nudeln“.
Top 3 – Gezogene Nudeln
Diese Nudeln habe ich leider erst sehr spät während meines Aufenthalts entdeckt, dafür aber nicht weniger gern und oft gegessen. Mahumian 马虎面 werden aus Weizenmehl hergestellt und habe eine lange, dünnere und unebene Form. Sie werden mit den Fingern „gezogen“. Nach kurzer Garzeit im brodelnden Wasser werden sie mit wenig Fleisch mit etwas Sauce und frischem, gehackten Koriander serviert. Für das Wohlergehen sorgt auch hier wieder Nudelwasser als „Beilage“.
Top 2 – Gürtelband-Nudeln
Nicht weit des neuen Campus der Fremdsprachenuniversität in Xi’an befindet sich ein Lokal, das „Gürtelband“ zubereitet. Bestellt wird in „Gürtelangaben“, ist man sehr hungrig, bekommt man eine Gürtelbandnudel, hat man sehr großen Hunger, bestellt man gleich zwei Nudeln. Ein, zwei Nudeln mag für den westlichen Gaumen nach sehr wenig klingen, ist es aber nicht, betrachtet man die Nudeln einmal genau: Eine Nudel ist bis zu 10 cm breit und mehr als 1 m lang. Gemacht wird diese leckere Spezialität auch wieder mit den Händen, indem der Teig auseinander gezogen und dann in heißem Wasser gegart wird. In diesem Lokal kriegt man das Nudelwasser nicht als Beilage, sondern in die Mitte des Tisches in einer großen Schüssel mit den darin schwimmenden Nudeln serviert. Hier eine für meine Freundin und eine für mich: Jeder hungrige Gast bekommt dann eine kleinere Schüssel mit scharf-würziger Sauce vor sich gestellt, in die er oder sie dann die eine Nudel schafft und sie dann – mit viel Sauce drum herum – verputzt.
Top 1 – Biangbiang-Nudeln
Meine absoluten Lieblingsnudeln in Xi’an waren die so genannten Biangbiang-Nudeln (biangbiangmian), die aus zwei Gründen sehr besonders sind. Zunächst sind sie unheimlich lecker: Sehr dicke, lange und handgemachte Nudeln werden in einer herzhaften, leicht scharfen Sauce aufgetischt. Ein weiteres besonderes Merkmal bezieht sich allerdings nicht auf den Geschmack des Gerichts, sondern auf das Schriftzeichen. Biang ist das komplexeste Schriftzeichen im Chinesischen und besteht aus insgesamt mehr als 56 Einzelstrichen. Die Beherrschung der Schreibung des Zeichens wird sogar als Rätsel, beispielsweise unter Studierenden genommen, da nur wenige in der Lage sind, das Schriftzeichen aus dem Kopf heraus aufzuschreiben. Das Zeichen biang trägt außerdem großen kulturellen Wert für die Bewohner der Provinz Shaanxi. Da es so sehr komplex ist und auf keinem Computer vorhanden ist, wird oft die lateinische Umschrift biang anstelle des eigentlichen Zeichens verwendet.
Lust auf mehr bekommen? Eine Reise ins Land der Köstlichkeiten (China!) lohnt sich immer. Nach Xi’an kommt man beispielsweise von Peking aus einfach per Zug . Neben der Tonarmee ist die Stadtmauer Xi’ans sehr sehenswert – und natürlich ist die Küche der Gegend schon alleine die Anreise wert.
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