Wie lässt sich chinesisches Personal heutzutage erfolgreich rekrutieren und binden? Mit welchen Personalfragen müssen sich deutsche Unternehmen in China befassen? Auch in diesem Jahr lieferte die Sino HR Conference zentrale Antworten.
Bereits zum dritten Mal wurde die wichtigste Deutsch-Chinesische Personalkonferenz von der Mussenbrock & Wang GmbH durchgeführt, über 100 Teilnehmende fanden am 14. Mai den Weg zur Konferenz in Frankfurt. Sie informiert seit 2012 Geschäftsführer, Personalleiter und Personalverantwortliche über aktuelle Entwicklungen im HR-Bereich mit Chinabezug. Das ICC-Portal unterstützte die Veranstaltung erstmals als Medienpartner.
Recruiting, Mitarbeiterbindung und rechtliche Fragen
Erfahrene Referenten aus Wirtschaft und Wissenschaft sprachen zu Recruiting, Mitarbeiterbindung und Rechtlichem. Trotz leichten Wachstumsrückgängen ist China weiterhin ein äußerst attraktiver Markt für deutsche Investoren und Unternehmen. Insbesondere die Entwicklung hin zu besser ausgebildeten Spezialisten und Fachkräften eröffnet im Reich der Mitte neue Investitions-, Forschungs- und Produktionsmöglichkeiten.
Gleichsam gilt das chinesische Ausbildungssystem als zu verschult, deutsche Arbeitgeber klagen über mangelnde Praxiskenntnisse ihrer jungen Mitarbeiter vor Ort. Das ist ein Grund, warum einige deutschen Unternehmen in China eigene Ausbildungsmöglichkeiten und Zusatzfortbildungen anbieten. Veranstalter Dirk Mussenbrock erklärte in diesem Kontext: „Die geringen Lohnkosten haben dazu geführt, das Thema Effizienz in der gesamten Unternehmensorganisation mit geringerer Priorität zu behandeln – auch weil sich die lokalen Niederlassungen im Aufbau befanden. Sinkende Margen, steigende Kosten und zunehmender Wettbewerb führen nun dazu, dass in den Unternehmen feiner justiert wird – und darunter fällt dann auch das Thema Effizienz.“
Recruiting chinesicher Mitarbeiter – Entwicklungen in 2014
Mehrfach thematisiert wurde das Recruiting chinesischer Mitarbeiter. Viele deutsche Unternehmen sprechen dafür chinesische Studierende in Deutschland an. Diese Gruppe hat den Vorteil, dass sie bereits gutes Englisch oder Deutsch spricht und die deutsche Kultur kennt. Chinesische Deutschland-Alumni können nach ihrer Rückkehr nach China somit als Brücke zwischen deutschen und chinesischen Angestellten und Unternehmensabteilungen dienen.
Auch der Trend zu internen Empfehlungen wird wieder stärker. Zeitweilig als Vetternwirtschaft verrufen, suchen zahlreiche deutsche Firmen aktiv in den eigenen Reihen nach Kontakten zu fähigen Mitarbeitern. Warum diese Suche teils scheitern muss, erklärte ein Redner mit dem Verweis darauf, dass der Personalbereich deutscher Unternehmen in China oftmals zu schwach aufgestellt sei. Gerade hier müsse man aber einen strategischen Schwerpunkt für die Zukunft zu setzen. Denn aus den bekannten demografischen Gründen wird es zunehmend schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden und zu halten. Hier ist ein effizientes HR-Wesen von größter Wichtigkeit.
Mitarbeiterbindung mit chinesischen Merkmalen?
Sind die richtigen Mitarbeiter gefunden, gilt es, diese langfristig an das Unternehmen zu binden. Die hohe Fluktuation ist nach wie vor ein großes Problem im Reich der Mitte – nicht nur für deutsche Unternehmen. Wie schon gesagt, wird stärker im eigenen Unternehmen nach personeller Unterstützung gesucht. Dabei ist es nicht unüblich, Ehepartner von Mitarbeitern ins Unternehmen zu holen, weil damit auch die Bindung zum jeweiligen Standort verbessert wird. Teilweise wird noch ein Schritt früher angesetzt: Chinesische und ausländische Unternehmen veranstalten Partnerbörsen und sogar Gruppenhochzeiten als besonderen Service für ihre Mitarbeiterschaft. Die Familie ist und bleibt ein Schlüsselfaktor für Chinesen, was sich nicht nur in den Gehalts- und Absicherungswünschen äußert.
Die Diplom-Wirtschaftssinologin Constance Wang ging in ihrem interessanten Vortrag auf vier Aspekte ein, die einem Unternehmen aus Sicht der chinesischen Mitarbeiter Stabilität verleihen. So sei es wichtig, klare Werte zu vertreten, den Zusammenhalt zu fördern, die Beziehungsnetze zu beachten und den internen Wissensaustausch zu koordinieren. Letzterer ist in doppelter Hinsicht bedeutsam. Denn enttäuschte Mitarbeiter, die ein Unternehmen verlassen, sind allzu oft für den unerwünschten Ablauf von Wissen bis hin zum systematischen Diebstahl geistigen Eigentums verantwortlich.
In verschiedenen Vorträgen wurde deutlich, dass interkulturelle Fähigkeiten nach wie vor eine Schlüsselkompetenz für die Arbeit in China darstellen. Es wurde wiederholt bemängelt, dass noch immer Deutsche interkulturell und informativ unvorbereitet nach China geschickt werden. Das Gefühl, am falschen Ort zu sein, kann dann etwa dazu führen, dass Expatriates häufiger krank werden. Die Rückkehr der Deutschen aus China müsse ebenfalls besser begleitet werden – sowohl interkulturell als auch organisatorisch.
China-Personal und rechtliche Fragen
Nicht zuletzt standen die rechtlichen Rahmenbedingung für China HR im Fokus verschiedener Vorträge. Das chinesische Recht mit den Neuerungen der letzten Jahre macht es deutschen Unternehmen nicht leicht, rechtlich abgesichert Personal anzustellen, zu leihen oder zu kündigen. Gleichzeitig gibt es für deutsche Angestellte vieles zu beachten, damit das China-Abenteuer nicht unglücklich endet.
Intensiver besprochen wurde beispielsweise das Thema Leiharbeit. Eine rechtliche Ergänzung aus dem Jahr 2013 besagt, dass für gleiche Arbeit eine gleiche Bezahlung zu entrichten ist. Ohnehin dürfen in Zukunft nur noch Leiharbeiter für Hilfs- und Ersatzpositionen herangezogen werden. Die Kernproduktion darf demnach nicht dadurch unterstützt werden, die Reinigung oder Sicherung des Werksgeländes hingegen schon. Seit diesem Jahr ist zudem klar, dass bis 2016 der Anteil an Leiharbeiter auf 10 Prozent reduziert werden muss. In der Zwischenzeit muss den lokalen Behörden ein Plan vorgelegt werden, in dem die anvisierte Reduktion dargelegt wird. Daneben sorgen die geänderten Visa-Regeln für ausländische Mitarbeiter wieder und wieder für Kopfzerbrechen. Ein Express-Visum in Hongkong ist zum Beispiel keine Option mehr. Hierüber wird auf dem ICC-Blog in Kürze ein neuer Artikel erscheinen.
Fazit: Schneller Wandel erfordert umfassende Information
Auch in diesem Jahr wurde in vielen Vorträgen und Gesprächen von Unternehmensvertretern deutlich, dass es keine Pauschalantworten für die Herausforderungen im China HR gibt. So wird es weiterhin unabdingbar sein, sich umfassend über die aktuellsten Entwicklungen im Land zu informieren. Denn die dortigen Ausbildungsvoraussetzungen, Arbeitsmarkttrends und rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben einem ständigen Wandel unterworfen. Die Sino HR Conference 2015 lässt grüßen.
Deutsch-chinesischer Knigge für Business, Personalführung und Tourismus
Management China-Deutschland: Recruiting und Führungskonstellationen
Diskutieren Sie mit!