Das Label „Made in Germany“ ist in Ländern wie China besonders wertvoll. Die deutsche Produktqualität wird dort sehr geschätzt, weshalb Marken aus Deutschland bei der Werbung verstärkt auf diesen Hinweis setzen. Auch die Bewohner Deutschlands haben in China grundsätzlich einen sehr guten Ruf. Schon das „de 德“, in der chinesischen Übersetzung von Deutschland (Deguo 德国) bedeutet Tugend.
Wie aber werden deutsche Geschäftsleute in China gesehen? Pflegt man gerne geschäftliche Beziehungen mit ihnen? Freut man sich darauf, mit den Deutschen in Verhandlungen zu gehen? Ein Blick in chinesische Wirtschaftsratgeber gibt Aufschluss darüber.
Deutsche in chinesischen Business-Ratgebern
Wahlweise werden hier Auszüge aus dem Buch International Business Negotiation 国际商务谈判 (Liu Hong 刘宏 / Bai Hua 白桦, 2011) vorgestellt. Zwar wird damit nur ein Ratgeber zitiert, doch lassen sich in zahlreichen Büchern dieser Art vergleichbare Passagen finden. In ihnen wird versucht, den Charakter der deutschen Geschäftsleute auf wenigen Seiten zusammenzufassen.

Auszüge
1. Allgemeine Merkmale der Deutschen
„Die Deutschen sind in ihrem Charakter selbstbewusst, vorsichtig, konservativ, unflexibel und streng, bei der Arbeit zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie genau planen, Arbeitseffizienz hochhalten und Perfektion anstreben.“
2. Die Deutschen vor der Verhandlung
„Deutsche Geschäftsleute achten auf tatsächliche Resultate und legen großen Wert auf die Planung. Die Arbeitshaltung der Deutschen ist sehr gewissenhaft, für Verhandlungen bereiten sie sich umfassend vor und schrecken nicht davor zurück, viel Zeit und Kraft zu verwenden, um die Faktenlage hinsichtlich Geschäftssituation, Kreditwürdigkeit, Businesshintergrund und Marktposition zu recherchieren. Deshalb sind sie gleich bei Verhandlungsbeginn in einer vorteilhaften Position.“
3. Die Deutschen in der Verhandlung
„In Verhandlungen ist ihr systematisches Denken und ihre logische [Argumentation] sehr stark, ihr Ausdruck ist ernsthaft, sie sind entschlossen und folgen einem strengem Rhythmus. […] Deutsche Geschäftsleute sind selbstbewusst und stur. Die Deutschen achten auf Äußerliches, ihr Ethnozentrismus ist recht ausgeprägt, Deutsche sind eigensinnig, überheblich, sie lassen Flexibilität und Kompromissbereitschaft vermissen, häufig versuchen sie, kurz vor Vertragsabschluss noch mit allen Mitteln dem Gegenüber ein Zugeständnis abzugewinnen.“
(International Business Negotiation, S. 239)
Deutsche mit Imageproblem?
Die deutschen Geschäftsleute werden in diesem und ähnlichen chinesischen Ratgebern in keinem so guten Licht dargestellt. Manche Bücher gehen noch weiter und erklären, dass die Deutschen völlig humorlos und selbst in der Freizeit sehr spießig seien. Dieses Bild vom Deutschen steht im Gegensatz zu dem Eindruck, den man als Deutscher in China normalerweise bekommt.
Nicht zu vergessen ist hier jedoch, dass auch einige deutsche China-Ratgeberbücher ein erschreckendes Bild von chinesischen Verhandlungsführern zeichnen. Darin werden ironischerweise ähnliche Eigenschaften aufgeführt, wie sie im chinesischen Beispiel den Deutschen zugeordnet werden: perfekte Planung im Voraus, üble Taktiken vor Abschluss der Verhandlungen etc.
Wie sich diese negativen Pauschalisierungen und übertriebenen Vorurteile aus der Ratgeberliteratur auf das tatsächliche Verhalten im Geschäftsaustausch auswirken, kann nur spekuliert werden. Dafür müsste man zuerst untersuchen, wer überhaupt derlei Ratgeber liest und wie ernst man sie nimmt.
Sicher ist, dass diese Schwarzmalerei nicht unbedingt dabei hilft, gute Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschen und Chinesen aufzubauen. Vielleicht sollte man einfach hoffen, dass diese Art der Ratgeber in den Regalen verstaubt?
Haben Sie als Geschäftsfrau oder -mann in China Erfahrungen in Bezug auf Vorurteile gemacht? Dann schreiben Sie uns gerne einen Kommentar.
Falls Sie weitere Fragen zu chinesischen Deutschlandbildern und deren Folgen auf deutsch-chinesische Geschäfte haben oder Interesse an einem interkulturellen China-Training haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.